Montag, 31. Januar 2011

Das Ende … aller Erstauflagen

Dieses …, jenes …, eine Forum ist doch immer wieder amüsant. In regelmäßigem Turnus kochen die immer gleichen Themen hoch. Gerade eben aktuell auf dem Herd: Erstauflagekäufer - Arschkarte? Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es zwar schön ist, ein Spiel sofort nach Erscheinen spielen zu können, aber dafür muss man auch die Unzulänglichkeiten einer 1. Auflage hinnehmen. In der zweiten Auflage von CANAL MANIA wurden die Punkte bereinigt, die ich in meiner Rezension bemängelt habe. Als Käufer der 1. Auflage durfte ich dann großzügigerweise gegen Bezahlung auf die 2. Auflage aufrüsten. Das hat mich echt erfreut … hat aber nur meine bis jetzt immer noch gültige Meinung über Erstauflagen begründet. Ich warte gerne etwas ab, bevor ich mein Geld hergebe.
Natürlich haben all die Anwälte der Erstauflagenkäufer recht, dass – wenn niemand die 1. Auflage kauft – es auch keine 2. Auflage geben wird. Wohl wahr, aber hat es das Spiel dann auch wirklich verdient? Bei aller Sympathie für die Kleinverleger dieser Welt, ich lasse mich aber ungern als verlängerte Redaktion missbrauchen. Wie viele wichtige Anregungen der Szene sind wohl in diverse 2. Auflagen geflossen? Oder wie viel unbezahlte Arbeit, z.B. für Übersetzungen, hat die Szene geleistet? Gut, bei einigen Verlagen darf man sich schon auf eine gewisse Qualität verlassen, da stimmt auch schon die 1. Auflage, da wird nix limitiert oder mit heißer Nadel gestrickt. Solche Spiele kaufen ich auch gerne in der 1. Auflage, wenn sie denn gut sind.
So sollte der Markt funktionieren. Qualität ist keine Frage der Sympathie. Dafür ist das Angebot an guten, sogar herausragenden Spielen derzeit einfach zu groß. Das sollten bei aller Unterstützung auch noch so ambitionierte Verleger zu spüren bekommen. Gerade weil es oft so scheint, dass es manchen Verlegern gar nicht um wirtschaftlichen Erfolg geht. Oder warum investiert jemand in einen Markt mit Überangebot. Ist das ein Boom? Gibt der Markt das her? Erfolg am Markt ist eben mehr als nur ein großes Spiel.


Das komplette Ende:

... aller Geschenke (Dezember 2010)
... allen Glücksgefühls (November 2010)
... der Messe (Oktober 2010)
... allen Pilgerns (September 2010)
... des Urlaubs (August 2010)
... allen Wählens (Juli 2010)
... allen Pflichtspielens (Juni 2010)
... aller Weiblichkeit (Mai 2010)
... aller German Games (April 2010)
... aller Spontankäufe (März 2010)
... aller Unterschiede (Februar 2010)
... aller Verrisse (Januar 2010)
... allen Suchens (Dezember 2009)
... aller Neutralität (November 2009)
... aller Schnäppchen (Oktober 2009)
... aller Vorbestellungen (September 2009)
... aller Originalität (August 2009)
... allen Siedelns (Juli 2009)
... des Jahrgangs (Juni 2009)

Das 162. Montagsspielen (02/2011) am 24.01.2011


Heute müssen wir uns erst noch absprechen, an welchem Wochentag wir demnächst spielen werden. Montags oder freitags? Das müssen wir noch ausdoodeln, denn so einfach finden wir nicht mehr zu einem gemeinsamen Termin.
So schwierig die Terminplanung, so schwierig ist auch die Auswahl des heutigen Spiels. Schlappe 22 Seiten klein geschriebener Regeln sind uns deutlich zu viel. Zumal für ein Kartenspiel. Nur deshalb landen wir dann doch bei MAGNUM SAL; dessen Regeln wenigstens ich schon vorab gelesen habe und jetzt erklären kann. Das Spiel hat uns dann den ganzen Abend beschäftigt. Zu mehr, außer dem obligatorischen Montagsschnaps, sind wird dann nicht mehr gekommen. Besuchen Sie unser


Es wartet das Moor-Feuer auf Sie. In unserem Lokal geht es übrigens um lokale Spezialitäten, die längst nicht in jedem Supermarktregal stehen. Lokal steht (besonders auch) für den örtlichen Bezug.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Rezension: Jäger der Nacht

Yasutaka Ikeda: JÄGER DER NACHT für (4) 5 bis 6 (8) Personen, Kosmos 2010

Thema

Biss zur … das Thema ist längst belegt, aber lizenzfreie Vampire, Werwölfe und ein paar mickrige Menschlein dürfen es trotzdem noch sein. Dieses Spiel handelt von der immer gleichen Geschichte: Halbböse gegen Viertelböse, und wir Menschen sind nicht unbedingt die Guten.

Optik
Natürlich düster, aber längst nicht schön. Die Grafik wirkt so gar nicht wie aus einem Guss, alles sieht so hingekritzelt aus. Der Spielplan ist besonders gruselig. Das Spiel wird unter Wert verkauft.

Mechanik
Nichts als würfeln – auf welches der sechs Felder geht es, und wie viel Schaden wird wem zugefügt? Zu Beginn ist man noch inkognito unterwegs, niemand kennt genau die Identität der Mitspieler. Man sammelt Ausrüstungen und löst Ereignisse aus … und ganz wichtig: Informationen über die Mitspieler. Wer ist was? Vampir, Werwolf, Menschlein? Und wer ist was nicht? Diese Infos sind manchmal leicht kryptisch, man muss und kann sie sich trotzdem merken. Erst wenn man ausreichend weiß, sollte man gezielt austeilen. Werwölfe gegen Vampire – Menschen gegen alle. Oder hält man sich als Mensch klugerweise aus allem raus?
Irgendwann wird jeder sich offenbaren, die Charakter-Karte aufdecken und die Sonderfähigkeit der Figur nutzen. Dann wird offensichtlich, wer mit wem gegen wen eine Koalition bildet, wer wessen Freund und wer wessen Feind ist. Bis dahin muss man mit Teilinformationen auskommen. Wer aufdeckt, offenbart zwar sich selbst, aber weiß immer noch nicht so genau, wer sein Partner ist. Da muss man seine Fühler aufstellen und genau beobachten.

Fazit
Die Lebenspunkte schmelzen dahin, oft ist schneller Schluss als gedacht. JÄGER DER NACHT ist schließlich ein Würfelspiel, und Glück ist auch wegen der Ereigniskarten im Spiel. Aber vor allem erfordert JÄGER DER NACHT subtiles Spielen, genaues Beobachten wer sich wem gegenüber wie verhält. Subtiles Spielen liegt längst nicht jedem, weshalb JÄGER DER NACHT zu einem platten Austeilen verkommen kann. Solch schlichtes Spielen wird dem Spiel nicht gerecht. Als Vampir oder Werwolf zu agieren wird sowieso nicht jedem zusagen. Trotz dieser Risiken und Nebenwirkungen ist JÄGER DER NACHT ein tolles Rollenspiel, fast schon ein kurzes Theaterstück. Wenn man mit den richtigen Mitspielern spielt.

Ranking
Wenn es schlecht für JÄGER DER NACHT läuft, verschwört sich die Spieleszene gegen das Spiel. Zu düsteres Thema für die Einen, zu banal für die Anderen. Noch ein Problem: Nur eine größere Runde kann zu JÄGERn DER NACHT werden. Umso mutiger der Verlag, dieses Spiel überhaupt auf die Spielewelt loszulassen. Wenigstens biss die Jury entscheidet, die JÄGER DER NACHT aus dem Schatten befreien könnte. Einige Juroren sind sicher zu katholisch, als dass sie über ihren Schatten springen könnten. Werwölfe? Vampire? Ja, gerne, stören mich gar nicht.

Montag, 24. Januar 2011

Rezension: Die Minen von Zavandor

Alexander Pfister: DIE MINEN VON ZAVANDOR für 2-4 Spieler, Lookout 2010

Pickelhauben für Zwerge

Gut, dass ich daran erinnert werde. Ich hab's ja nicht so mit Jubiläen. Man muss mich darauf stoßen, nur nicht zu sachte bitte. Unten auf dem Cover steht es, erdig auf Erde: 10 Jahre Lookout. Wohl gänzlich unerwartet – denn es folgt ein Ausrufezeichen! Als wäre es gestern, dass Lookout gelbe Skatschachteln mit BOHNANZA-Erweiterungen verkaufte. Als wäre es gestern, dass sie sich bei ebay in Nullkommanix zu Spekulationsobjekten mauserten. Als wäre es gestern, dass sich lange Schlangen vor Lookouts Messestand bildeten. Die Verleger sind sicher mehr als zufrieden, haben sie sich doch so etwas wie ein Abonnement auf Erfolg erarbeitet. Dass mal Mikromanagementspiele wie AGRICOLA und LE HAVRE, bei denen so allerlei von rechts nach links sortiert wird, so gut ankommen, hätte ich nie erwartet … bis ich sie selbst gespielt habe. 10 Jahre Erfolg! Da muss man ja gratulieren! ... mit Ausrufezeichen!

Aber es geht hier nicht um das Verlagsprogramm, es geht um Qualitäten. Besonders wenn man Jubiläum feiert. Dann gibt es … nach den ganzen Erfolgen … was ganz Besonderes, was übermenschlich Gutes … eben dieses Spiel, so erdig, so tiefgründig, so unterirdisch. Muss ja, denn es spielt in mehreren Minen. Spiele mit Drachen und den Zwergenclans der Saumagens, Ranzengardens, Humpenhebers, Schmerbauchens, Guglhupfens … sorgen sofort für ungeahnte Sympathie. Ich mag ja besonders die Saumagens, Essen ist doch irgendwie jedem sympathisch. Die Atmosphäre ist so dicht, dass man sich beinahe selbst als einer der Guglhupfens fühlt … die tragen Pickelhaube, sind trotz des Namens ganz bestimmt Preußen. DIE MINEN VON ZAVANDOR sind gar nicht gefährlich, keine Schlagwetter, kein Methan und erst recht kein Vergleich mit der Mine von Moria, keine Orks, nur ein halbgefährlicher Drache, dafür vier Packdrachen. Kennen Sie nicht?! Darf ich Ihnen vorstellen: Güllefassum, gehört zum Clan der Bärenwürzer, Gisemück von den Lavatrinkern, Sandmeer von den Bergdudlern und auch Dragobet von den Bocksbeutlern. Und bitte, sagen Sie niemals Dagobert, das mag der liebe Dragobet gar nicht. Dann wird der wild! Mit Ausrufezeichen!

Doch nicht ganz ungefährlich da unten. Aber eigentlich bekümmern uns nur die Edelsteine: Saphire, Smaragde, Diamanten und Rubine. Die müssen wir abbauen, als Karten von vier Minenstapeln sammeln. Einkommen verschaffen uns Zwerge, mit einem Clan startet jeder. Das Einkommen ist aber auf 6 Edelsteine pro Runde limitiert. Erst wenn unser Packdrachen voll ausgebaut ist, ist diese schmerzliche Einkommensgrenze aufgehoben. Mit den Edelsteinen ersteigern wir „Erweiterungskarten,“ die Einkommen und fast immer Siegpunkte generieren. In den MINEN VON ZAVANDOR läuft alles nach alter Väter Sitte: Einkommen in Edelstein(kart)en aus den vier Minen kassieren, untereinander 1:1 oder mit der Bank 2:1 tauschen, auf die wichtigen Erweiterungskarten in den vier Farben bieten und vielleicht sogar erwerben. Nur der 1:1-Tausch lohnt mit den Mitspielern, alles andere wird mit den Minenstapeln abgewickelt, deshalb ist die Phase ruckzuck abgeschlossen. „Will jemand Blau gegen Grün tauschen? Nein, dann tausche ich 2:1 und hole mir einen Smaragd.“ Fertig! Mit Ausrufezeichen!


Es kommt doch noch etwas: Die Aufwertungsphase. Die Erweiterungskarten muss man, ebenso wie seinen Start-Clan und Packdrachen erst aufwerten, mit Klötzchen bestücken. Je mehr drauf liegen, umso besser wirkt die Karte, umso mehr Einkommen bekommt der Clan und so weiter und so fort. Und erst wenn alle erforderlichen Klötzchen darauf liegen, gibt’s die versprochenen Siegpunkte – wichtig! Dickes Ausrufezeichen, denn darum geht’s ja!

Man muss schon mit den Edelsteinen geschickt haushalten, denn man muss sich entscheiden: Entweder fürs Ersteigern oder fürs Aufwerten. In der Phase vor dem Aufwerten kommt das Ersteigern, und dafür eingesetzte Edelsteine sind tabu, selbst wenn man leer ausgeht. Und fürs Aufwerten wird es noch verzwickter, denn oft muss man dafür ganz bestimmte Edelsteinkarten abgeben. Welche … darüber entscheidet der Gewinner der Erweiterungskarte der Saphirmine, darüber, auf welches von beiden Feldern der König zieht. Dadurch bestimmen sich Farbe und Anzahl der erforderlichen Edelsteine, nur manchmal hat der König keine Wahl, das Feld und damit Farbe und Anzahl sind vorgegeben. Der König ist zugleich auch Rundenzähler, denn wenn er am Ende seines Weges seinen Thronsaal betritt, ist Schluss. Da darf man keine Zeit verlieren! Mit Ausrufezeichen!

Den Weg des Königs gibt es einmal in schön und einmal in übersichtlich. So schön wie sein Weg durch den Berg ist, so übersichtlich ist die Rückseite. Ob die Redaktion wohl deshalb eine abstrakte Seite vorgesehen hat? Ist jedenfalls eine prima Idee, wenn auch etwas Atmosphäre entweicht. Trotzdem: Lieber übersichtlich als schön. Wenn man sowieso voll und ganz mit Kartenmanagement ausgelastet ist, dann doch bitte mehr Übersicht an wichtiger Stelle! Das Ausrufezeichen ist Ihnen nicht entgangen?!

Etliche Erweiterungskarten sind zum Glück nicht der Willkür des Königs und damit eines Mitspielers ausgesetzt. Diese Karten geben die Ausbaufarbe vor, das erleichtert das Spielerleben. Man kann sich darauf einstellen, sich die erforderlichen Edelsteinkarten gezielt besorgen. Das spart, denn sonst muss man vorbauen, sich beide Möglichkeiten des Königs offen halten oder den richtigen Riecher beweisen. Das Spiel ist nämlich zu kurz, als dass man Tempo verschenken sollte! Mit Ausrufezeichen!

DIE MINEN VON ZAVANDOR ist eines dieser ungezählten Management- bzw. Optimierungsspiele. Hat Lookout einen Faible für diese Art Spiel? Ist ja nicht das erste Lookout-Spiel dieser Art, diesmal aber fast nur mit Karten. So übersichtlich der abstrakte Königsweg sein kann, so schlecht lassen sich die vier Minen- und Edelsteinstapel unterscheiden. Es entsteht einiges an Gewusel auf dem Tisch, der auch nicht zu klein sein darf. Und kontrollieren Sie bloß vor jeder Partie die Zusammensetzung jeden Kartenstapels. Nie und niemals darf sich eine falsche Karte einschleichen, denn sonst ist die Spielbalance gerade mit weniger als vier Spielern deutlich gestört. Sorgfältiges Sortieren ist gut, nochmalige Kontrolle besser! Dickes Ausrufezeichen!

DIE MINEN VON ZAVANDOR ist sicher ein sehr ordentliches Spiel, man kann unterschiedlich heran gehen. Die konservative Spielweise: Den eigenen Clan bis zum letzten Klöztchen ausbauen, das bringt viele Siegpunkte und später auch kostenlose Klötzchen für Erweiterungskarten. Das ist solide, das ist die Nummer sicher. Meine Alternative: Die Einkommensleiste meines Zwergenclans nur so weit auszubauen, um drei Karten von der blauen Saphir-Mine ziehen zu können. Das ist schnell erreicht und unter diesem Einkommen sollte man nicht bleiben. Ich ersteigere dann Erweiterungskarten vorzugsweise einer Mine, denn da ist die Farbe für den Ausbau der Erweiterungskarten vorgegeben – Adieu Abhängigkeit! Der Gewinner der Saphir-Auktion kann dann entscheiden, was er will und den König setzen, wohin er will. Mir egal – mit Ausrufezeichen!

Sechs Plätze hat jeder für Erweiterungskarten auf seinem Tableau, deshalb sollten sich die Ausbauten gut ergänzen. Ich ersteigere gerne Clans, um zusätzliches Einkommen aus höherwertigeren Minen zu erzielen, und erwerbe Karten, die andere Karten aufwerten, zumindest aber viele Siegpunkte bringen – natürlich vorwiegend Karten einer Farbe. Haste was, dann biste was, deshalb lohnt die Spezialisierung auf eine Mine (=Farbe). Ich setze gern auf Grün. Gerade im Dunkeln ist Grün gut für die Augen. Ohne Ausrufezeichen, denn diese Weisheit hat vor Jahren ein dösiger Mitspieler mehr als einmal verkündet. Bei diesem Spiel klingelt es mir wieder in den Ohren …

Mit dieser Strategie muss man nur schnell genug sein, darf keinen Zug verschenken. Zu wichtig ist der komplette Ausbau aller eigenen Erweiterungskarten, sonst kann man die vielen Siegpunkte für einen komplett ausgebauten Zwergenclan nicht ausgleichen oder übertreffen. Eine Partie ist mit einem äußerst knappen Ergebnis zu Ende gegangen. Leider zu meinen Ungunsten, denn bei gleicher Punktezahl wird die Anzahl übrig gebliebener Edelsteinkarten verglichen. Mein Gegner hatte eine Karte mehr und damit den Sieg in der Tasche! Sch...!!! Mit drei Ausrufezeichen.

Ist das eine Herausforderung? Klar, DIE MINEN VON ZAVANDOR ist trotz des unterirdischen Themas und der leckeren Regel kein schlechtes Spiel. Leckere Regel? Ja, so schön karamellig, als wären die Seiten wie die bekannte Creme mit dem Bunsenbrenner karamellisiert worden. Aber haben Sie die Nachtigall trappsen hören? Kein schlechtes Spiel?! Was heißt das eigentlich? Im Vergleich zu den letzten Lookout-Spielen ist das hier nur Hausmannskost. Ordentlich ja, Zeitverschwendung nein, immerhin. Guter Durchschnitt, kann man spielen, muss man aber nicht. Sucht sich Lookout eine neue Zielgruppe? Nach 10 Jahren nicht mehr nur Spiele für Freaks??? Mit fetten Fragezeichen!

Wolfgang Friebe

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Samstag, 22. Januar 2011

Rezension: Rakete

Christoph Cantzler: RAKETE für 2 bis 4 Kinder ab fünf Jahren, Schmidt Easy Play 2010

In den Giftschrank

Ich bin ja nicht nur Mitspieler meiner Kinder, ich kaufe ja auch unsere Möbel. Ich trage Verantwortung … bei der Auswahl der Spiele und – wegen der RAKETE – auch für unsere Tische. Leider haben wir keinen Tisch aus Stein, auch keinen aus steinharter deutscher Eiche, sonst wäre es mir ziemlich egal, wie heftig es auch bei RAKETE zugeht. Aber bei unseren Weichholztischen kenne ich kein Pardon: RAKETE wird verbannt. Einmal abgefeuert fliegt sie direkt in den Giftschrank mit den „verbotenen“ Spielen.
Und nicht nur wegen der Würfelbecher aus Hartplastik, mit denen die Kinder unter lautem Krachen kringelige Riefen in unseren Tisch schlugen. RAKETE ist ein ziemlich banales Um-die-Wette-Würfeln. Nur um einzeln mit den - zugegeben schönen - Würfeln vier gleiche Aliens zu würfeln und mit dem letzten Würfel keine RAKETE, ist selbst anspruchslosen und wenig spieleverwöhnten Kindern zu dumm ... hätte ich da in meiner spieleerfahrenen Ignoranz so vermutet. Dass es dann auf einem Resopal-Tisch ganz anders gekommen ist, ist die Schuld eines Wusels. Sie kennen keine Wusel? Doch, bestimmt … sonst hilft www.stupidedia.org weiter oder ein Besuch im Kindergarten oder in der Grundschule. Da trifft man diese kurzen Kerle, die sich in alles so richtig reinsteigern, die mit Genuss den Becher samt Würfel auf den Tisch knallen und richtig viel Spaß verbreiten. Mit solchen Wuseln wird RAKETE zum Bringer. Wenn man nicht gerade Rücksicht auf den Tisch nehmen will oder muss.

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Donnerstag, 20. Januar 2011

Das 26. Großspielen am 04.01.2011

Der Start ins neue Jahr ist schwach besucht. Wir sind zu siebt, das reicht nicht für DIE GEMEINDE, aber für JÄGER DER NACHT. Das hat uns schon bei letzten Großspielen gut gefallen. Selbst Neuling Peter – ohne Werwolf- oder Vampir-Erfahrung – gefällt das Spiel so gut, dass der ersten gleich eine zweite Partie folgt.
Wir kommen so richtig ins Spiel, achten mehr darauf, wer was über wen weiß oder wissen könnte, und wie die oder der so spielt. Im Gegensatz zur allerersten Partie gelingt uns subtileres Spielen viel besser, obwohl es mich in der ersten Partie wieder direkt trifft. Ganz schnell fliege ich raus, muss sogar noch Schläge von meiner unwissenden Vampir-Kollegin einstecken. Subtil ist also doch irgendwie anders. Ich musste zuschauen, aber Leichen können wenigstens noch mitreden. Die Partie ging dann aber doch schneller zu Ende als erwartet.
So langsam glaube ich, dass JÄGER DER NACHT das beste Kosmos-Spiel dieses Jahrgangs ist, wenn zur Spielwarenmesse in Nürnberg nicht noch nachgeliefert wird. Allerdings wird JÄGER DER NACHT wegen des „unheimlichen Themas“ und wegen der hohen Mindestmitspielerzahl ein Schattendasein führen. Und dass die Jury in die Dunkelheit abtauchen wird, das Spiel ans Licht zerren wird, ist leider auch nicht anzunehmen.
Zum Abschluss des Abends dann wieder was ganz Profanes: OUTBURST – Damen gegen Herren. Und wer hat gewonnen? Die üblichen (weiblichen) Verdächtigen - es ändert sich doch nie.

Beim Großspielen waren dabei: Andrea, Peter, Inga, Jürgen, Martin, Diane und ich. Das nächste Großspielen findet am 01.02.2011 statt.

Montag, 17. Januar 2011

Rezension: Albion

Klaus-Jürgen Wrede: ALBION für 2 bis 5 Personen, Amigo 2009

Intrigante Römer - träge Pikten

Ich war dabei. Ich kenne Britannien. Mit der II. Legion Augusta bin ich in Albion eingefallen. Es ist der zweite Anlauf. Nur weil Julius Caesar seine Kriegskasse vor den nachrückenden Pikten in einem Sumpf versenkt hat, müssen jetzt Marco, Cato und ganz viele Legionäre erneut über den Kanal. Der nicht ganz so helle, dafür umso mutigere Zenturio Marco und sein junger schwächlicher, dafür natürlich umso kluger Optio Cato – ein klassisches Duo. Sie und ich fallen in Albion ein, damit Zivilisation zu den Pikten kommt. Für die nächsten 400 Jahre. An Marcos und Catos Seite habe ich Seite um Seite alles durchlebt: Schlachten geschlagen, bin Intrigen entgangen und habe Mordkomplotts überlebt. Ich habe Simon Scarrows Eagle-Serie gelesen. Endlich nicht nur über Haudrauf und Schluss lesen, endlich auch spielen!

Nuja, ALBION ist nicht BRITANNIA sondern ein Amigo-Spiel. Mit anderen Worten: ALBION bietet nichts von alledem, was ich mir erhofft habe. Hätte ich mir ja vorher denken können, dass Amigos Pikten eher harmlos sind. Die Eroberung Britanniens bleibt so ein logistisches Problem. Zunächst ist man knapp an allem: an Siedlern, an Bewegungsmöglichkeiten, an Rohstoffen, an Schutz und an Siedlungen. Und Rom ist auf den Süden beschränkt.

Und was tut ein guter Römer? Er schickt seinen Siedler zum Bauen nach Norden. Order von Imperator Claudius Maximus: Jeder darf in jeder Provinz entweder ein Kastell, eine Festung oder eine Siedlung bauen. So ziehen die Römer zwangsläufig immer weiter nordwärts, sogar bis kurz vor die schottische Grenze. In einer der drei nördlichsten Provinzen muss man zwingend eine Siedlung bauen, sonst kann man nicht gewinnen. Und alle eigenen drei Siedlungen muss man bis zur vierten Stufe ausbauen, sonst nimmt ALBION kein Ende.

Hat man Siedler vor Ort und genügend Rohstoffe auf Lager, darf man eine oder mehrere Provinzen bebauen. Und was macht ein römischer Siedler nach getaner Arbeit? Zieht sich zurück in den Süden. Von dort muss man ihn wieder losjagen. Was hilft gegen Trägheit? Man baut Kastelle, um die Reichweite der Siedler zu erhöhen, damit Siedler in einem Rutsch möglichst weit nach Norden kommen. Aber immer schön daran denken: In jeder Provinz nur ein eigenes Gebäude, die Wege zu freien Baugrundstücken werden automatisch länger.

Und was machen die Pikten, wenn ein Siedler baut? Zuschauen? Vielleicht ... aber nur, wenn der dann aufzudeckende Pikten-Chip kein Hackebeilchen zeigt. Hackebeilchen bedeutet Krieg. Alle römischen Bauherren in der Provinz müssen sich verteidigen, nicht nur der aktuelle Bauherr. Die Festungen kommen ins Spiel – nicht ein einziges Kastell, die dienen nur der Bewegung. Hat man Legionäre im selben Feld, zählen diese ebenfalls zur Verteidigung dazu. Jede Festung, egal wo errichtet, zählt immer mit. Man muss mindestens die Stärke aller offen liegenden Hackebeilchen erreichen, um ungeschoren davon zu kommen. Ansonsten muss man eine Gebäudestufe zurück bauen. Das ist ärgerlich. So könnte man die anderen Römer zwischendurch kurzfristig ein wenig ärgern, zumal in einigen Provinzen einige Hackebeilchen aufgedruckt sind und das Aggressionspotenzial der Pikten kalkulierbar ist. Aber eine wirkliche Bedrohung stellen die Pikten nicht dar. Es sind doch eher faule, feige und fügsame Säcke. Wer will, darf mit eigenen Legionären verdeckt liegende Pikten-Chips transportieren. Das läuft dann so ab: Mit der ersten Bewegung einen Pikten in die Provinz bringen, in der ein eigener Siedler bauen wird. Natürlich verfügt man über die nötige Verteidungskraft und die anderen eben nicht, wenn der Pikte infolge eigener Bautätigkeit aufgedeckt wird. Die Chancen stehen 50:50 für oder gegen Stunk. Aber weshalb sollte man so komplizierte Winkelzüge machen? Man optimiert besser die eigene Position und schafft sich eine effiziente Logistik inklusive sicherer Verteidigung.

Dazu muss man allerdings auch Siedler in die vier Rohstoffprovinzen schicken. Erstaunlicherweise leistet dort kein Pikte Widerstand. Statt die Römer an der Wurzel ihres Nachschubs zu packen, schauen sie zu, wie die Römer Fische, Steine, Holz und Gold erwirtschaften. Die Rohstoffe sind hübsch: Formschöne Fische, Baumstämme, Steine und Goldbarren. Statt die Siedler zu bewegen und zu bauen, nimmt man sich Rohstoffe. Und die braucht man reichlich, denn nur die erste Ausbaustufe eines Bauwerks kostet einen beliebigen Rohstoff. Jede weitere Stufe einen anderen Rohstoff zusätzlich. Für die vierte Ausbaustufe einer Siedlung sind zwingend vier verschiedene Rohstoffe erforderlich. Also muss man spätestens fürs Endspiel auch in der nördlichen Goldprovinz eine Rohtstoffausbaustufe errichten.

Aber es gibt noch eine typisch römische Art Rohstoffe zu erhalten. Wer als Erster in einer Provinz baut und den Nachkömmlingen eine Ausbaustufe voraus bleibt, kassiert mit. Ein Rohstoff wandert in die Hand des Erstankömmlings an aller anderen Bauherren mit besser Ausbaustufe. Kein Wunder also, dass sich die Römer rasch ausbreiten. Nur ist mir nicht ganz klar, warum sich Römer gegenseitig ausnehmen. Liegen in der Eroberung Britanniens die Wurzeln des Schmiergelds? Besonders die Provinzen in der Mitte Britanniens sind bevorzugte Bauplätze, denn dort locken Tributzahlungen.

Theoretisch könnte ALBION tatsächlich ein gutes Spiel sein. Ich hätte es mögen wollen. Allein dieser Satz lässt Ihre Alarmglocken schrillen. ALBION entpuppt sich als trockenes Logistikproblem, bei dem es irgendwann niemanden mehr interessiert, was die anderen tun. Auf dem Brett wird es zunehmend unübersichtlicher, so dass ich nur noch stur meinem Plan folge. Ich weiß dann, wie viele Züge ich noch zum Sieg benötige. Und die anderen? Egal, denn beeinflussen könnte ich es sowieso nicht mehr. Deshalb gibt es eine sehr spezielle Gleichstandregel. Wenn in derselben Runde mehrere die Siegbedingung erfüllen, werden die Hackebeilchen in den Feldern mit den Siedlungen verglichen. Wären Legionäre wirklich wichtig gewesen? Hätte man mit ihrer Hilfe Pikten herbei schaffen müssen? Bei einer 50:50 Chance auf Hackebeilchen ein eher glückliches Unterfangen. Diese Gleichstandsregel ist nur ein Hilfskonstrukt für eine eher schwaches, manchmal ziemlich unbefriedigendes Ende. Oder bin ich nur noch nicht auf wirklich aggressive Mitspieler gestoßen? Sollte sich jemand der Pikten bedienen, freuen sich alle unbeteiligten Römer. Der Aggressor und sein Opfer verlieren gegenüber den friedlichen Optimierern an Tempo. Und Tempoverlust halte ich in ALBION für tödlich.

Wolfgang Friebe

Zum Nachlesen
Simon Scarrow: Under the eagle, first published in 2000 by Headline Book Publishing (das erste Buch der Serie, die auch auf deutsch erschienen ist)

Vier Fragen an Klaus-Jürgen Wrede:
(wf) Warum müssen die Siedler immer zurück in den Süden?
(kjw) Das simuliert den ständigen Siedlerstrom von unten. Die Siedler siedeln sich ja in den Gebieten an, in denen gebaut wird, dann kommen halt neue Siedler von unten nach. Es sind also nie dieselben, sondern neue Siedler unten im Süden.
(wf) Wie viele Siedler sind sinnvoll?
(kjw) Da gibt es kein Patentrezept. Einer ist aber definitiv zu wenig, 2 kann man schaffen, ist aber auch was knapp. Daher würde ich persönlich zu mindestens 3 neigen, auch wenn nicht immer alle bewegt werden, so kann ein guter Standort oder ein überflüssiger Bewegungspunkt, der noch verwendet werden kann, zur richtigen Zeit auch wichtig sein.
(wf) Wie können Legionäre sinnvoller agieren, statt nur herum zu stehen?
(kjw) Das hängt natürlich vom Spielertemperament ab. Die können schon ganz schön Unruhe stiften durch den Piktentransport in scheinbar „sichere“ Gegenden. Zudem schützen sie ja Felder zusätzlich - quasi als mobile Festung. Wenn man eine Strategie z.B. mit hoher Fortverteidigung spielt, muss man die Möglichkeiten nicht ausschöpfend nutzen. Aber da man die Möglichkeiten ja hat und zudem viele andere Sachen machen müsste, sollte man immer möglichst knapp kalkulieren, und da würde ich sie dringend verwenden.
(wf) Warum zahlen sich Römer untereinander Tribut?
(kjw) Wie ein berühmter Denker schon mal sagte: „Die spinnen, die Römer...“ Aber im ernst, das ist wie überall. Einer kommt zuerst und meint dann mehr Rechte zu haben als andere und bekommt halt was dafür. Einfach eine Konkurrenzsituation wie überall auf der Welt - nicht nur bei den Römern ...

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Donnerstag, 13. Januar 2011

Rezension: Klaus die Maus entdeckt das Jahr

Gunter Baars und Klaus Zoch: KLAUS DIE MAUS ENTDECKT DAS JAHR für 2 bis 4 Kinder eher älter als vier Jahre, HUCH & friends 2009

Unbemerkt lehrreich

Nun ja, das ist ja eigentlich ein pädagogisches Spiel. Und nach der Welt entdeckt KLAUS DIE MAUS jetzt das Jahr, ist schon sein zweites Spiel. Was während eines Jahres so alles los ist wird abgefragt: zu welcher Jahreszeit, in welchen Monaten. Rosenblüte – wann? Kirschen – wann? Schulanfang – wann? 11 Plättchen liegen im Jahresring. Wer am Zug ist, muss ein passendes Kärtchen für Klaus die Maus finden, der wartet nämlich auf einem Monatsfeld. Wartet der Mäuserich im Juni, dann passt – ganz klar! - die Rosenblüte, denn von Juni bis August blühen Rosen. Normalerweise, denn meine blühen mit Glück von Mai bis September. Richtig ist aber nur, was auf der Rückseite steht. Die Farbkodierung verrät die Lösung. Passt das Plättchen, darf man's behalten. Ansonsten kommt es – von den anderen unbesehen - unter die Geburtstagstorte eines Mitspielers, der dann zu Beginn seines Zuges sagen muss, wann die Rosen blühen. So kann man auch an Punkte kommen. Falls es dann immer noch nicht stimmt, schaut man gemeinsam nach und packt das Plättchen unter die Geburtstagstorte eines anderen Mitspielers. So lernt man ...
Die Ereignisse sind breit genug gestreut, durchaus kindgerecht mit einigen Hilfestellungen versehen, aber manchmal passt halt keines zu dem Monat. Und wenn die Kinder das auch noch erkennen, dann finden sie das gar nicht lustig. Aber zum Glück tritt das ja nicht so häufig auf. Dass KLAUS DIE MAUS ein durch und durch lehrreiches Spiel ist, nimmt man gar nicht so wahr. Dafür macht es dann doch zu viel Spaß, allerdings würde ich es Vierjährigen noch nicht zumuten oder aber die Auswahl unter den 48 Plättchen einschränken.

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Montag, 10. Januar 2011

+ Der Pate

Michael Rieneck: DER PATE für 2 bis 4 Personen, Kosmos 2011

Bei dem Titel, dem Film, ist das Spiel so gut wie gänzlich unerwartet. Das Übliche halt … und doch irgendwie nicht. Denn der Motor des Business ist nicht Geldwäsche, Schutzgelderpressung, Mord und Totschlag, es sind vier Würfel, Ansehen oder Einfluss. Geld ist nur der Tiebreaker, wenn feststeht, ob Ansehen oder Einfluss entscheidend ist. Wer zum Schluss nicht das Ende der entsprechenden Zählleiste erreicht hat, verliert auch mit den meisten Dollars die Partie.
Doch zurück zu den Würfeln in vier Farben. Die müssen auf einem Tableau aus vier Zeilen und sechs Spalten platziert werden – auf ein Feld jeder Zeile, wobei jedes Mal neu gewürfelt werden muss, nur nicht für die vierte Zeile. Zeile drei und vier werden durch den dritten Wurf bestimmt.
Ersteinschätzung: Das mit dem Würfeln ist mühsam. Wofür kann man welchen Würfel gebrauchen? Welches Feld auf dem Tableau bewirkt was? Wie muss man setzen, um das oder das zu erreichen? Welchen Würfel muss man sich dafür aufsparen? Wie wirkt das überhaupt alles zusammen? Alles Fragen, die auch wir irgendwann beantworten können, nur war es da leider schon um den Paten geschehen. Solide Autorenkunst ja, aber Seele? Haben wir keine entdeckt, nichts zog uns ins Spiel, alles kalt und konstruiert.
Höhepunkt des Desinteresses: Statt unsere einsitzenden „Familienmitglieder“ aus dem Knast für nur 2.000 $ frei zu kaufen, haben wir alle die billigere Lösung gewählt. Ab mit ihnen in den Hudson. Ob die mit Beton gefüllte Spieleschachtel auch dort landen wird? Stopp – nein – bestimmt nicht, dafür ist Franz Vohwinkels Grafik einfach zu umwerfend. Man sollte das Spielfeld an die Wand nageln. Gibt ein gutes Bild. Ein versenktes Spiel ist längst nicht so abschreckend.
Gewinner: In den sieben Runden ist es für keinen von uns ein Problem, das letzte Feld der grauen Ansehensleiste zu erreichen. Und wer hat das meiste Geld? Ab sofort bin ich DER PATE.

Das 161. Montagsspielen (01/2011)


Das letzte Montagsspielen liegt schon so lange zurück. Irgendwie wird es immer schwieriger, einen Montag mit mindestens drei Mitspielern zu finden. Das Wetter, Weihnachten, Geburtstage und andere Termine … Neuerdings bemühen wir sogar Doodle, um eine längerfristige Terminabsprache zu ermöglichen. Ob's dann besser klappt? Wer weiß, vielleicht werden aus den Montagsspielern bald Freitagsspieler.
Heute gab es neben 7 WONDERS und DER PATE auch wieder einen neuen Montagsschn... Sie wissen schon: unsere Vorliebe für einen besonderen Trunk. Dieses Mal ist es erneut ein Fundstück aus einer Bar, die scheint's schon länger außer Betrieb ist. Aber hier werden Sie darüber nix mehr erfahren. Im Zuge des knapp gescheiterten Jugendmedienschutz-Staatvertrages habe ich alle ins ...

ausgelagert.
Haben Sie unsere Montagsschnäpse etwa vermisst? Gut, es gab ständig Google-Suchen nach Glen Storn, die dürften gemerkt haben, dass es hier keine Informationen mehr – außer im Google-Cache – zu finden gibt. Außerdem hat mir ein Mitspieler verraten, dass sein heranwachsender Sohn ganz besonders viel Gefallen an den Verkostungen gefunden hat. Statt sich die Meinungen über Spiele durchzulesen, hat sich der Junge tatsächlich von einem Hochprozenter zum anderen geklickt. Drum ist hier „Das Ende … aller Montagsschnäpse“ besiegelt.

Freitag, 7. Januar 2011

Egizia: 3 Fragen an Bernd Brunnhofer


Fairplay: Warum steht nicht in der Regel, dass man mit einer Sphinx-Karte startet?
Bernd Brunnhofer: Weil ich es schlicht vergessen habe. Meine Schuld. Ich möchte aber betonen, dass diese Regel nicht im Originalprototyp stand, da es dort die Sphinx-Karten in dieser Form gar nicht gab.

(FP)Über welche Regeldetails wurde diskutiert?
(BB) Um praktisch alle Details des Prototyps. Für eine genaue Beantwortung müsste man zum Vergleich den kompletten Prototyp samt Regel abdrucken oder hier 3-4 Seiten füllen.

(FP) Warum ist EGIZIA trotz der vielen Schnörkel doch ein perfektes Spiel?
(BB) Ob es ein perfektes Spiel ist, kann ich nicht sagen. Ich kann nur Folgendes sagen: Nach Beendigung unserer langen Tests, Abänderungen, Verwerfungen, Neugestaltungen usw. war ich in Venedig. Drei der Acchittoccas und ich trafen uns bei Leo Colovini und spielten das Spiel so, wie es dann veröffentlicht wurde (mit der Start-Sphinx-Karte, die ich vergessen hatte). Alle drei samt Leo waren sehr angetan vom Ergebnis. Sie regten noch an, für jede zurückgegebene Sphinx-Karte dem Spieler einen Siegpunkt zu geben. Mir und unseren Testern schien das zu stark, aber wir bauten es auf Wunsch der Autoren dann ein. Zum Abschluss: EGIZIA hatte im Original noch viel mehr Schnörkel als in der jetzigen Form. Wir hatten aber von Beginn an das Gefühl, dass viele gute Ideen eingebaut waren. Unser Ziel war es, einige der Schnörkel wegzunehmen, einen eleganteren Ablauf zu schaffen und die wesentlichen Elemente auf den Punkt zu bringen. Ob uns das gelungen ist, können nur die Spieler beurteilen.

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Donnerstag, 6. Januar 2011

Rezension: Egizia

Acchittocca (Virginio Gili, Flaminia Brasni, Stefano Luperto und Antonio Tinto): EGIZIA für 2 bis 4 Personen, Hans im Glück 2009

Kein Spiel, das nicht ...

Kommse ma ran! Ich will Sie in eine Schublade stecken. Ich liebe nämlich Schubladen, habe für dies und das jeweils eine parat. Natürlich auch für Sie, denn ich weiß ganz genau, was Sie von mir wollen. Was wäre das Leben ohne Vorurteile? Ich soll Ihnen doch bestimmt verraten, ob Sie EGIZIA brauchen oder nicht, ob Sie es kaufen müssen oder nicht. Ich könnte mich ja fein raushalten, gar nicht auf Ihre Frage eingehen, keine Verantwortung übernehmen: Spielen Sie's doch selber, dann könnten Sie wenigstens selbst entscheiden. Ich trete hier doch nicht ein … für das Ende der eigenen Meinung. Vielleicht sind Sie ja sogar schon einen Schritt weiter, haben EGIZIA schon gespielt und gekauft. Dann wollen Sie sich sicher nur von mir bestätigt werden. Wer gibt schon Geld für ein schlechtes Spiel aus?

Und? In welcher Schublade stecken Sie jetzt? … ich öffne erstmal die für die italienischen Spiele. Da springt mich gleich was an: Man muss in Italien aufpassen, dass man nicht auf Spieleerfinder trifft. Italien, so ein italienisches Vorurteil, besteht aus einem Volk aus Spielerfindern. Überall gibt’s Acchitoccas, Leute, die Spiele erfinden. Acchitocca ist ein Team aus mehreren Autoren, im Verhältnis 3:1 für uns Männer. Auf deren Agenda stehen Spiele wie GHOST FOR SALE, COMMUNI und MAESTRO LEONARDO, gerade die beiden letzteren haben einen gewissen Niederschlag in unserer Szene gefunden. Besonders natürlich MAESTRO LEONARDO, ein ziemlich interessantes Spiel von dV-Games und Abacus. Ein gutes, aber kein perfektes Spiel, so hieß es bereits während der Messe in Essen, sozusagen zeitgleich mit dem Erscheinen. In den richtigen Händen hätte MAESTRO LEONARDO ein perfektes Spiel werden können. Glaubt man's?

EGIZIA ist wie MAESTRO LEONARDO ein echt italienisches Spiel: Viele Regeln, viel Brimborium, viele Drehungen und Schnörkel. Vielleicht liegt es gerade an den vier Autoren, dass es immer noch nicht perfekt ist. Vier Autoren, die ihre vier Vorlieben in mehr als vier Regeldetails unterbringen wollen, die über dies und das diskutieren, bis einer sich durchsetzt oder man bestenfalls einen Kompromiss findet. Und diese vier Köche schaffen ein gutes, aber längst kein perfektes Menü. Genau für so einen Fall gibt’s ein schönes deutsches Sprichwort. Deshalb ist EGIZIA immer noch nicht „das“ perfekte Spiel, dafür aber komplex und anspruchsvoll und mit vielen Regeldetails gesegnet. Ein Vielspielerspiel – definitiv. Ob es auch gut ist? Ja, mindestens so gut wie MAESTRO LEONARDO, vielleicht sogar noch einen Tuck besser und sehr viel besser als COMMUNI.

Sind Sie meiner Meinung? Fühlen Sie sich bestätigt? Sagen Sie, mögen Sie eigentlich Schnörkel? Ich meine diese kleinen Details, besondere Regeln, tausend und eine Option auf Siegpunkte? Nicht nur so ein paar wenige Schnörkel wie bei TOBAGO. EGIZIA holt richtig aus: Nil, Pyramide, Sphinx, Grabkammern und Obelisk, also mit allem, was Ägypten zu bieten hat, dazu Nahrung, Steine, Arbeitskräfte. Sie werden mit Schnörkeln tot geschmissen. Das ist in etwa so, als würde man das Design so lange verschnörkeln, bis man vom Grunddesign nix mehr erkennt. In meinen Augen hätte man an der einen oder anderen Stelle durchaus den Hobel ansetzen können um Schnörkel abzutragen. Tragender Mechanismus ist doch eigentlich das Platzieren der Boote auf dem Nil. Neudeutsch: Ship- statt Worker-Placement. Der Nil trägt das Spiel, so wie der Kartenmechanismus HAVANNA trägt. Bei EGIZIA ist aber viel mehr drumherum, alles in einer derartigen Komplexität verwoben, dass es gleichzeitig Lust und Last ist.

So viele Details, so viele Regeln und so viele Möglichkeiten, das Spiel falsch zu spielen. Mein allererster Fehler: Ich habe vor der ersten Partie zwar die Regel von vorne bis hinten gelesen, aber beim Erklären dann an entscheidender Stelle nicht weit genug gelesen: „Ein Spieler muss sein neues Schiff immer weiter flussabwärts einsetzen als seine bereits eingesetzten Schiffe.“ Leider steht im Absatz davor überhaupt nix darüber, ob man den Nil flussauf- oder abwärts fährt. Deshalb haben wir in der ersten Partie beschlossen: Man schippert den Nil aufwärts. EGIZIA lässt sich so auch ganz gut spielen, es wird tatsächlich nur ein etwas anderes Spiel, weil dann zuerst gebaut wird, bevor man an Ressourcen wie Steine und Arbeiter kommt.

Im alten Ägypten warten diverse Prestigeprojekte. Wir brauchen Bautrupps und Steine – unbedingt! Und wo viele Leute zusammen kommen, müssen wir auch für Nahrung sorgen. Es entsteht ein komplexes System, und für alle und alles muss der Nil sorgen. Von Oberägypten bis zum Delta gibt es für alles Felder, auf denen unsere Schiffe platziert werden. Setzt man auf dem Nil aber weit nach vorne, gibt es kein zurück. Alle Felder oberhalb des letzten eingesetzten Schiffes sind tabu – in Fließrichtung des Nils gesehen. Da muss man sich entscheiden, was wichtig oder was übersprungen und damit ausgelassen werden kann. Die Mitspieler werden es danken, denn wer unten angekommen ist, kann kein Schiff mehr einsetzen. Nachzügler dürfen in aller Ruhe auf leer gebliebene Felder ihre Schiffe platzieren. Aber kommen sie so auch an die richtigen Dinge? An drei verschiedene Bautrupps … an Steine? An Bonusaktionen? Sind alle Schiffe platziert, müssen die Bautrupps ernährt werden, sonst droht Strafe. Erst danach kommt man an Steine, kommt selbst ans Bauen, so man denn einen Ankerplatz bei den Bauten gefunden hat.

Für die Regeln wird man wohl einige Zeit brauchen. Es gibt sehr viele Details, die nicht sofort und vollständig in unsere Köpfe wollen. EGIZIA ist halt ein komplexes Spiel, wo alles mit allem verzahnt ist. Aber die Bauwerke sollte man bei aller Optimiererei nicht außer acht lassen. Bauwerke liefern Siegpunkte! Für sie braucht man anfangs nicht unbedingt die ganz starken Bautrupps. Allerdings kann man auch ganz gut nebenbei Siegpunkte generieren, ohne dass man sich beim Bauen verausgaben muss. Mit der richtigen Sphinx-Karte kann man abgreifen, wenn die anderen einem zuarbeiten. In den meisten Partien wird relativ zivilisiert gespielt, was Versorgung mit Nahrung angeht, denn alle sitzen im selben Boot. Nur in einer einzigen Partie ist jemand mit Strafzahlungen belegt worden.

Man sollte viele Optionen und auch die Aktionen der Mitspieler im Blick haben, aber meistens achtet man doch nur auf die eigenen Chancen. Was die anderen machen könnten, kann man nur indirekt über die Auswahl der Nilfelder beeinflussen. Da kann man schon so manche Drohung aufbauen oder tüchtig ärgern. EGIZIA ist kein Spiel, das man so runterspielen kann. Kein Spiel, das sich sofort erschließt. Kein Spiel, das perfekt ist. Kein Spiel, an dem man in diesem Jahrgang vorbeigehen kann. Kein Spiel, das nicht beim Deutschen Spielepreis oben mitmischen wird. Leider aber auch kein Spiel für die Jury, da sei DIE TORE DER WELT vor.


Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Montag, 3. Januar 2011

+ Jäger der Nacht

Yasutaka Ikeda: JÄGER DER NACHT für (4) 5 bis 6 (8) Personen, Kosmos 2010

Jeder schlüpft in eine Rolle, die zunächst geheim bleibt. Würde man sich zu schnell offenbaren, wären die Fronten klar. Vampire kämpfen gegen Werwölfe und umgekehrt. Die Menschen sitzen zwischen allen Stühlen, müssen sich irgendwie durchwursteln.
An den verschiedenen Orten erhält man Informationen, wer wer ist oder eben nicht, sammelt Ausrüstungen und teilt dann aus. Bloß gegen wen? Schließlich will man möglichst nur die Gegner treffen, als Vampir am liebsten die bösen Werwölfe, und nicht aus Versehen einen Verbündeten. Deckt man die eigene Charakterkarte dann doch irgendwann (meist gegen Ende) auf, darf man eine Sonderfähigkeit nutzen, allerdings nur um den Preis, vom Gegner gezielt beharkt zu werden. Die Gegner entlarven sich so selbst.
Ersteinschätzung: Die Regeln sind sehr eindeutig, sehr kurz. JÄGER DER NACHT ist wirklich ein sehr einfaches Spiel … in der ersten Partie. Es wird draufgehauen. Aber ist es das? Draufhauen, sonst nix? Muss man nicht subtil vorgehen, auf Nuancen achten, erkennen wer sich wie verhält, Rückschlüsse auf die Identität der anderen ziehen. Wem kann man trauen, wer gehört zur eigenen Seite? Und überlebt man oder haucht man sein Spielerleben doch noch aus? Und das eigene Ziel nicht aus dem Augen verlieren! Jeder hat etwas anderes vor, ein Menschlein will sogar als erster sterben. Tod um jeden Preis, nur um zu gewinnen.
Mit diesem Spiel gibt es ein großes Problem, das unserer Mentalität geschuldet ist. Wir neigen ja dazu, alles geradeheraus zu sagen, sehr direkt zu sein. Wer so spielen will, liegt mit diesem Spiel total falsch. DER NAME DER ROSE hat bereits gezeigt, dass subtiles Spielen längst nicht jedem liegt. Schade wäre es, wenn JÄGER DER NACHT deswegen ein Schattendasein fristen müsste. Allerdings hege ich die nicht unbegründete Hoffnung, dass ich es bestimmt nochmal und dann ganz subtil spielen werde.

Das 25. Großspielen am 11.12.2010


Aus gegebenem Anlass findet unser Großspielen nicht wie sonst immer am 1. Dienstag im Monat statt. Es ist schließlich unser Weihnachtsgroßspielen, eher eine kommunikative als eine spielerische Angelegenheit. An einem ordinären Wochentag lässt sich so etwas schlecht machen. Aber was zu dieser Atmosphäre gut passt, sind natürlich DIE WERWÖLFE VOM DÜSTERWALD. Zu Feuer und dem vorweihnachtlichen Duft geradezu perfekt. Natürlich bin ich als schnöder Dörfler wieder schnell ausgeschieden. Dieses Mal ließen mich die Werwölfe die erste Nacht überleben, nur um mich am nächsten Morgen an die Dörfler auszuliefern. Der Mob hat mich gelyncht. Ob ich nicht zukünftig doch besser Spielleiter bleibe?
Sehr viel später am Abend sind wir zu sechst noch in die Rollen von Vampiren, Werwölfen und Menschen geschlüpft. Wir wurden zu JÄGERn DER NACHT.

Am 11.12.10 waren dabei: Betty, Susanne, Martin, Andrea, Diane, Steve, Jürgen, Inga, Moni und ich. Das nächste Großspielen findet am 04.01.2011 statt.