Freitag, 31. Dezember 2010

Das Ende … aller Geschenke


Ich meine damit natürlich nur die verschenkten Spiele, die jetzt unter dem Weihnachtsbaum liegen. Die meisten davon dürften sicher einen roten oder blauen Pöppel tragen. Preisgekrönte Spiele werden ja gerne verschenkt. Mittlerweile finde ich es schwierig, Spiele zu verschenken. Kurz vor Weihnachten habe ich das wieder erfahren müssen. Die Reaktionen beim Beschenkten waren – sagen wir mal – deutlich verhalten. Man sollte es sich wirklich abgewöhnen, denn Spiele verschenkt man ebenso wenig wie Tiere. Tut man nicht! Zum Tierhalter muss man ebenso berufen sein wie zum Spielehalter. Mit geschenkten Spielen kommt so mancher gar nicht klar.
Als Schenker sollte man das Spiel sowieso nicht nach eigenem Geschmack auswählen, sich besser am Anspruch und Können der Beschenkten orientieren. Also ja nicht zu hoch greifen, außer es wurde ein expliziter Wunsch geäußert. Sonst macht man keine Freude. Das Spiel landet dann irgendwann auf dem Flohmarkt, bei ebay oder schlimmstenfalls in der Ecke. Wer will das schon einem Spiel zumuten?
Ein besonderer Fall von Spieleaussetzen wurde durch einen dummen Zufall aufgedeckt. Ein mir gut bekannter Großsammler hatte bei ebay DAS GROSSE TURNIER günstig geschossen. Und weil unser Mitspieler in derselben Kleinstadt wie der Verkäufer wohnt, wurde er gebeten, das Spiel doch bitte beim Verkäufer abzuholen und zum nächsten Spieleabend mitzubringen. Spart Porto! Kein Problem soweit, in einer kleinen Stadt kennt schließlich jeder jeden, so der Mitspieler auch den Verkäufer. Nur hatte unser Mitspieler dem Verkäufer einige Wochen zuvor in gutem Glauben und mit besten Absichten DAS GROSSE TURNIER geschenkt, weil er doch um dessen Leidenschaft für Fußball wusste. Da haben wohl zwei ganz blöd aus der Wäsche geschaut. So etwas wird mir hoffentlich zukünftig nicht passieren. Ich verschenke Spiele nur noch auf ausdrücklichen Wunsch oder an bekannte und vor allem bekennende Spielehalter, die sich um ihre Spiele sorgen.

Das komplette Ende:

... allen Glücksgefühls (November 2010)
... der Messe (Oktober 2010)
... allen Pilgerns (September 2010)
... des Urlaubs (August 2010)
... allen Wählens (Juli 2010)
... allen Pflichtspielens (Juni 2010)
... aller Weiblichkeit (Mai 2010)
... aller German Games (April 2010)
... aller Spontankäufe (März 2010)
... aller Unterschiede (Februar 2010)
... aller Verrisse (Januar 2010)
... allen Suchens (Dezember 2009)
... aller Neutralität (November 2009)
... aller Schnäppchen (Oktober 2009)
... aller Vorbestellungen (September 2009)
... aller Originalität (August 2009)
... allen Siedelns (Juli 2009)
... des Jahrgangs (Juni 2009)

Montag, 27. Dezember 2010

Rezension: EinSATZ-bitte!

Reinhard Staupe: EINSATZ - BITTE! für 4 bis 24 Personen, Heidelberger Spieleverlag 2009

Thema
Dieser Titel führt mich nicht mehr aus Glatteis. Seit VERTIPPT - NOCHMAL! bin ich vorgewarnt, meine Assoziationen führen mich nicht mehr in die völlig falsche Richtung. EinSatz bedeutet genau das, was er sagt. Einen Satz – einen Halbsatz - so zu komplettieren, dass die Leute vom eigenen Team den geforderten Begriff erraten.

Optik
Definitiv grün, mit eine Spur Grafik: roter Mund und fettes Mikro.

Mechanik
Sanduhr starten, Begriffskarte nehmen und geheim lesen, Halbsatzkarte vorlesen und so ergänzen, dass … natürlich genau der gesuchte Begriff erraten wird. Und bitte keine Kettensätze, keine Namen – weder von Personen noch von Städten oder Ländern. Und? Kommt wer drauf? Wenn ja, gleich die nächste Begriffskarte mit einer neuen Halbsatzkarte. Wenn nicht, dann Karten weg und mit einem neuen Paar weiter. Kleine Trockenübung: „Wenn es einen Sturm gibt, dann...“ soll es um „Pudding“ gehen. Und kommen Sie mir nicht mit falschen Bezügen, … „koche ich diese süße Nachspeise mit Vanille“ bestimmt nicht, wenn es Sturm gibt. Ein kausaler Zusammenhang ist bei 99 von 100 Fällen bestimmt nicht vorhanden.

Fazit
… der Regel: „Letztlich gilt immer: Das Spiel soll Spaß machen! Nur echte Fehler werden geahndet, ansonsten wird im Zweifel zugunsten des Hinweisgebers entschieden!“ Dieser Appell ist natürlich vollkommen richtig, aber dass er explizit in der Regel genannt wird, deutet schon darauf hin, dass das Spiel etwas schief liegt. Denn wenn man irgendwie alles zulässt, führt es das Spiel und die Halbsätze ad absurdum. Wenn man alles ergänzen darf, dann kann man gleich alles vergessen. Auch den Spaß. Aber verbiegen muss man sich auch nicht, nur damit die Beziehung der zwei Halbsätze stimmt. EINSATZ - BITTE! verspricht mehr als es halten kann.

Ranking
Unter den kommunikativen Spielen gibt es dieses Jahr starke Konkurrenz. Selbst im eigenen Haus. VERTIPPT - NOCHMAL! sehe ich in etwa gleichauf mit DER HEIDELBÄR und meilenweit vor EINSATZ - BITTE! Das Maß der Dinge sind dieses Jahr allerdings sowieso DIXIT und IDENTIK.

Montag, 20. Dezember 2010

Rezension: Stich-Meister

Friedemann Friese: Stich-Meister für 3 bis 5 Personen, Amigo 2010

Thema
Vielleicht hätte es ZEN-MEISTER heißen sollen, denn die Karten sind auf „japanisch“ getrimmt. Es geht aber nur um Stiche, auch wenn man mal über die Regeln meditieren muss.

Optik
Welche Optik erwarten Sie von einem Skat-Blatt? Oder von einem Doppelkopf-Blatt? Da ist mir dieses aufgehübschte Blatt von Maura Kalusky doch lieber.

Mechanik
Es soll ja tatsächlich Menschen geben, die keinen Schimmer haben. Jetzt nicht grundsätzlich, aber die keinen „Stich“ kennen, die nicht „bedienen“ können. Da hilft dann tatsächlich die Regel von STICH-MEISTER weiter, selbst „Trumpf“ wird dort erklärt. Und wenn STICH-MEISTER nur ein ganz normales Stichspiel wäre, dürften wir Spieler Friedemann Friese getrost abwerfen. Dem sind aber seine 60 Regelkarten vor, drei hat man auf der Hand, jeder legt eine verdeckt aus. Vor dem ersten Stich werden sie aufgedeckt. Jede Regelkarte, ob Trumpf-, Grund- oder Wertungsregel krempelt das Spiel um, macht jede Partie anders. Wie gut dann das eigene Blatt dazu passt, muss man abschätzen.

Fazit
Nie gab es so viele verschiedene Stichspiele in einer Schachtel, nie war das Stichspiel so variantenreich, so undurchschaubar, so chaotisch oder so lustig. Jede Regelkarte kann das Spiel komplett verändern, manchmal verstärken sie sich gegenseitig, manchmal heben sie sich auf.

Ranking
Bestes Stichspiel wo gibt, allerdings nicht für orthodoxe Kartenspieler. Die spielen sowieso nur „ihr“ Kartenspiel. Zu viel Abwechslung tut denen gar nicht Not. Und eine Prise Chaos schon mal gar nicht. Aber es gilt auch: Stichspiele sind nicht aller Leute Sache, auch wenn STICH-MEISTER eine ganz lockere Sache ist. Dieses Kartenspiel dürfte in diesem Jahrgang oben beim A la carte-Preis mitmischen. Aber Platz 1? Ich weiß ja nicht ...

Montag, 13. Dezember 2010

Rezension: Diego Drachenzahn

Manfred Ludwig: DIEGO DRACHENZAHN für 2 bis 4 Kinder ab 5 Jahren, Haba 2009

Über manche Entscheidung der Kinderspieljury habe ich heftig gelächelt, manche hat mich einfach nur gewundert. DER SCHWARZE PIRAT taugt bestenfalls zum freien Spielen, und BEPPO DER BOCK ist eine derartige Nullnummer, dass es einfach nur zum Verzweifeln ist. Wer wählt sowas nur als Kinderspiel des Jahres? Und jetzt DIEGO DRACHENZAHN! Wer ist nur auf diesen hübschen Titel gekommen, und wer hat ihn für ein derart eindimensionales Spiel verschwendet? Ist DIEGO DRACHENZAHN überhaupt ein Spiel oder nur ein Spielzeug mit kurzer Gebrauchsanweisung?

Klar, es ist ein Spiel für den Weihnachtsbaum, das wirklich jedes Elternteil kapiert. Ein schönes Zugeständnis der Jury an jeden Nichtspieler, denn das Spiel ist ja nun wirklich so flach, dass niemand untergehen kann, niemand damit baden geht. Kein Stress unter'm Weihnachtsbaum, ist das der Grund für diese Entscheidung?

Man muss ja auch nur drei Kugeln die Rampe herunter kullern lassen, das vorbestimmte Fach treffen, was allerdings gar nicht so einfach ist. Liegen alle Kugeln in den Fächern, tippen die Mitspieler, welches Fach es hätte sein sollen, in welches Fach man tatsächlich hätte treffen müssen. Für jeden richtigen Tipp geht der Drache auf dem Schachtelrand ebenso ein Feld vor, wie für jede Kugel im richtigen Fach. Schwer, oder?! Wirklich schwer ist es nur, für DIEGO DRACHENZAHN seine drei Kugel ins richtige Fach zu befördern.

Ich denke, Sie sind jetzt ebenso begeistert von diesem Spiel wie ich. Ein richtig begeisterter Anhänger von DIEGO DRACHENZAHN wurde ich aber erst, als ich während einer öffentlichen Spieleveranstaltung an drei Sonntagen im November Otto-Normal-Spielern unterschiedlichen Alters Spiele erklären durfte. An der Basis gelten tatsächlich ganz andere Regeln, andere Ansprüche, andere Meinungen. Bei Familien mit jüngeren Kindern wurde DIEGO DRACHENZAHN zum echten Hit.

 Jeder von uns Erklärern konnte DIEGO DRACHENZAHN nach drei Sätzen starten lassen, alle konnten es sofort – und mit Begeisterung – spielen. Meine Missionierungserfolge: Ein stoffeliger Vater, der eigentlich gar nicht mitspielen wollte. Ein Großvater, ein echter Cheftyp, der lieber selbst redet und erklärt. Eine Mutter von Kindern, die kognitiv viel stärker als die Mutter waren. Und auch noch eine liebe Großmutter, die ihrem Enkel vorsätzlich zum Sieg verhalf. Kinder waren sowieso nie das Problem, die waren gleich mit Feuereifer dabei. Aber DIEGO DRACHENZAHN haben wirklich auch ihre Eltern und Großeltern sofort begriffen, ganz eigenständig. Darauf waren sie mächtig stolz, hat doch sonst das eine oder andere Kind den Eltern das Spiel nochmal erklären müssen. Die blaue Jury leistet mit der Wahl von DIEGO DRACHENZAHN echte Entwicklungshilfe. Ich weiß jetzt, dass keiner am Heiligen Abend mit diesem Spiel scheitern wird.


Knapp daneben:
Ob wohl jemand außer mir die beiden Laschen auf der Unterseite der Rampe ausklappen wird, damit sie sich nicht so schnell durchbiegt? Ganz ausgereift ist die Rampenkonstruktion auch mit ausgeklappten Laschen nicht. Die Rampe wird sich immer am oberen Ende der Bande durchbiegen, die Bande ist überhaupt viel zu kurz geraten. Reichte sie bis fast ans obere Ende der Rampe, gäbe es keine Probleme mit dem Durchbiegen. Jeder Statiker hätte das gewusst. Oder ist diese Innenwölbung der Rampe gewollt?

Dienstag, 7. Dezember 2010

Rezension: Mausgeflippt


Chislaine van den Bulk: MAUSGEFLIPPT für 2 bis 6 Kinder ab sechs Jahren, Zoch 2009

Was sieht älter aus? Grafik oder Erwachsene?

Unscheinbar ist noch ein Lob für diese Grafik. Karg könnte man sie nennen, Mäuse und Klamotten wirken irgendwie reduziert. Und das Komische daran: die Kinder stört es nicht, überhaupt nicht, nehmen sie doch die karge Grafik gar nicht als hässlich wahr. Durch die reduzierten Bilder spielt sich doch wenigstens das Wesentliche in den Vordergrund. Es geht um Mäuse und deren Kleidung bzw. Accessoires. Hat man eines der Kleidungsstücke auf der Hand, die die gerade aufgedeckte Maus trägt, dann haut man es mit Karacho auf die Maus. Schon ist die Maus gewonnen. Oder auch nicht, denn Käse spielt auch noch eine Rolle. Ist auf der Mauskarte derselbe Käse abgebildet wie auf dem aktuell ausliegenden Plättchen, ist das Pech. Dann hagelt es statt des einen Plus- gleich zwei Minuspunkte.
Und dann gibt es noch das namensgebende MAUSGEFLIPPT. Wenn von den eigenen sieben Kleidungsstücken gar keines passt, haut man sie alle mit einem fröhlichen „Mausgefllippt“ auf die Maus. Aber wehe, darunter ist doch eines der Kleidungsstücke, die die Maus trägt. Dann hat man gleich sieben Minuspunkte und Lacher aus Schadenfreude auf seiner Seite. Gerade die kleinen Ringe, die so manche Maus trägt, werden genauso gerne übersehen wie toppmodische Gürtel.
Mein anfängliches Urteil über MAUSGEFLIPPT musste ich ganz schnell revidieren. Kinder lieben Reaktionsspiele. Da können sie uns Erwachsene tatsächlich alt aussehen lassen. Gegen dieses Aussehen ist die Grafik nix und fast schon schön. Ohne Schnörkel, Schnickschnack und vor allem Falten. Erstaunlich oft gespielt …

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Rezension: Qwirkle - Scrabble für Analphabeten

Susan McKinkley Ross Qwirkle für 2 bis 4 Personen, Schmidt Spiele 2010

Thema
Was soll man schreiben, wenn ein Spiel abstrakt ist? Ausnahmsweise fällt es mir leicht: QWIRKLE ist SCRABBLE für Analphabeten.

Optik
Passt nicht mehr rein!
Dicke, schwarze, hölzerne Quadrate mit 6 verschiedenen Mustern in sechs verschiedenen Farben sehen gut aus. Rot und Orange lassen sich bei Kunstlicht schlecht unterscheiden, wenn die Steine aufrecht vor einem stehen. Die Schachtel ist riesig, trotzdem muss man die Einlage entfernen, wenn man den Beutel mit den wild durcheinander gemischten Steinen darin unterbringen will. Ansonsten müsste man die Steine passgenau einpuzzeln, das zu tun wäre ganz schön blödsinnig.

Mechanik
Sechs Steine stehen vor einem, die muss man günstig anlegen. Reihen werden nach zwei Vorgaben gebildet: Entweder haben alle Steine dieselbe Farbe, aber unterschiedliche Muster oder dasselbe Muster, aber unterschiedliche Farbe. Und natürlich müssen diese Vorgaben auch erfüllt sein, wenn sich verschiedene Reihen berühren. Also passen maximal auch nur sechs Steine in eine Reihe, das ist dann ein QWIRKLE – der doppelt bepunktet wird. So eine Sechserreihe bringt satt sechs eben 12 Punkte ein. Wunderbar, wenn man Vorlagen abstauben kann und einen QWIRKLE komplettieren kann. Kann man aber natürlich nie! Außerdem darf man sowieso nur an einer Reihe anlegen, aber dafür auch an beiden Enden. Da ist man schon mit weniger Punkten glücklich.

Fazit
QWIRKLE ist ein „Man-sieht-es-oder-man-sieht-es-nicht-Spiel“ par excellence, so wie ich sie mag, vielleicht allerdings ein bisschen zu einfach und deshalb nicht ganz so genial. Ich bin ja schließlich auch kein Analphabet. Lesen kann ich gut, aber ich hätte mir natürlich eine größer geschriebene Regel gewünscht. Das Regelheft ist im Vergleich zur Schachtel geradezu winzig, die Schrift noch winziger.

Ranking
Demnächst noch ein Titel mehr?
Platz 1 bleibt belegt, aber danach greife ich sofort zu QWIRKLE … oder zu WU HSING … oder zu DOMINGO, eher weniger zu QUARTO alias NACH DEM REGEN. Es gibt sicher noch ein paar mehr Spiele, denen QWIRKLE eine lange Nase drehen kann. Außerdem hat es QWIRKLE bei uns schon zum Verb gebracht: „Lass uns eine Runde qwirkeln.“ Gerne doch! Da muss QWIRKLE wohl besser als gut sein. Ich qwirkel demnächst auch im Urlaub, dann man muss ja nur den Beutel mit den Steinen mitnehmen. Die Schachtel ist sowieso überflüssig und die Regeln knapp genug als dass man sie vergessen könnte. Obwohl man die Regel wirklich ganz genau lesen muss.