Dienstag, 31. Mai 2011

Das Ende … allen Spielelebens

Manchmal bekommt man Regale voller Spiele zu sehen. Schön aufgeräumt und vor allem sinnvoll nach Größen gestapelt werden in ihnen Spiele gelagert … stolz präsentiert. Die hat aller Wahrscheinlichkeit auch jemand mal gespielt. Damals. Jetzt aber sind sie abgeschoben, schöne Grabsteine ihrer selbst. Solche Regale haben die Anmutung von Kriegsgräbern. In Reih' und Glied platziert, im Tode vereint, dem Vergessen anheim.
Auch ich habe solche Regale, die ich vor zehn oder mehr Jahren bestückt, aus denen ich aber nie wieder ein Spiel entnommen habe. Manchmal stehe ich noch voller Andacht davor, wie man es auch auf dem Friedhof macht.
Mein Dauerspielregal
Aber ich habe auch ein unaufgeräumtes, chaotisches Regal, in dem die Spiele kreuz und quer stehen, immer wieder ein anderes Plätzchen finden. Zumindest so lange, wie ich sie spiele. In meinem „Dauerspielregal“ finden sich auch einige Spiele, die einen ehrenvollen Tod erleiden werden. Völlig abgespielt, durchgenudelt und zerfleddert können sie auf ein bewegtes Leben zurück blicken. DIE SIEDLER VON CATAN ist der Anführer dieser kleinen, feinen Gemeinschaft von Dauerbrennern. Sein erstgeborener Zwillingsbruder, noch ohne den roten Pöppel auf der Schachtel, ruht allerdings wie viele andere Spiele in einem sauber eingeräumten Kolumbarium, in dem die Toten sichtbar bleiben. Wegen der Ehrfurcht ...

Montag, 30. Mai 2011

Rezension: Die Siedler von Catan - Das schnelle Kartenspiel

Klaus Catan: DIE SIEDLER VON CATAN – DAS SCHNELLE KARTENSPIEL für 2 - 4 Personen, Kosmos 2011

Thema
DIE SIEDLER halt, nur mit Karten.

Optik
Ziemlich barock, zumindest die Kartenrückseiten. Wer die alten Holzsiedler noch kennt, wird die klare Grafik vermissen. Diese Grafik ist ziemlich verspielt, was mir nicht besonders gefällt. Das ist nur verschlimmbessert worden.

Mechanik
Zwar mit Karten, aber doch nicht wie DAS KARTENSPIEL. Natürlich längst nicht so komplex wie mit den quadratischen Karten. Man sammelt, man tauscht … mit dem Nachziehstapel, mit den fünf Karten auf dem Markt oder mit den Mitspielern. Tauschen ist im letzten Fall nur die freundliche Umschreibung fürs Ziehen aus der Hand. Natürlich gibt’s eine Karte retour, was diese Art Tausch zu einer ambivalenten Sache macht.
Um alle Optionen zu nutzen, braucht man mindestens eine Straße auf der A-Seite. Ohne Straße darf man nur mit dem Stapel tauschen. Die nächste Straße kommt auf die B-Seite, was einen Siegpunkt ergibt. Straßen und Ritter werden von A zu B gebaut, jede zweite Karte ihrer Art zählt einen Siegpunkt. Siegpunkte gibt es auch für Siedlungen, Städte und Stadtausbauten, die übrigens nicht mehr verloren gehen können. Alles sehr Siedler-typisch.

Fazit
Eigentlich könnte alles ganz schnell gehen, wären Straßen und Ritter nicht ständig umkämpft. Sie sind längst nicht ausreichend vorhanden. Man darf sich beim rechten oder linken Nachbarn bedienen und dort rauben. Muss man aber nicht. Wer sich auf derlei Raubzüge nicht einlässt, kann das Spiel mit Glück forcieren. Man muss nur beständig aus Siedlungen Städte machen und die dann mit Ausbauten punkteträchtig aufwerten. Einen ersten Ritter (mit der A-Seite!) sollte man behalten, denn nur dann darf man statt zwei drei Rohstoffkarten vom Stapel nachziehen. Mit unerfahrenen Siedlern wird sich das Spiel häufiger und mit erfahrenen Siedlern manchmal in die Länge ziehen. Ein ewiges Hin und Her macht selbst das schnellste Kartenspiel zäh.

Ranking
Unter allen SIEDLER-Varianten nimmt DAS SCHNELLE KARTENSPIEL den … welchen Platz eigentlich … ein? Man kann es immerhin gut zu Zweit spielen, auch zu Dritt oder Viert. Mit einem zweiten Spiel soll es sogar zu Fünft und zu Sechst funktionieren. Das „Ding“ ist flexibler als DAS KARTENSPIEL, und wenn man eingespielt ist, dauert es doch nicht mehr so lange. Sollen sich doch die anderen untereinander bestehlen. Deshalb geht es doch besser als zuerst gedacht.

Freitag, 27. Mai 2011

Das 169. Montagsspielen (09/2011) am 28.03.2011


Gregor fasst das heutige Montagsspielen treffend zusammen: Drei Spiele gespielt und kein schlechtes dabei. Die erste Partie ULURU gewinne ich mit nur 7 zu 10 und 10 Punkten, der Sieg in der zweiten Partie geht an Michael mit 10 zu 12 zu 13. DIE SIEDLER VON CATAN – DAS SCHNELLE KARTENSPIEL (was für ein langer Titel) gewinnt Gregor, fast ganz ohne Ritter und Straßen (10 zu 8 zu 8 Punkten). Zum Abschluss noch 7 WONDERS, zu Dritt geht das ganz flott. Gregor gewinnt haarscharf und ohne Militär mit 50 zu 49 zu 43 Punkten. Naja, bei Gregor blieben schließlich auch die ganzen grünen Karten hängen.

Montag, 23. Mai 2011

Sachfremde Erwägungen zum Spiel des Jahres 2011

Eigentlich wäre es gar nicht notwendig, das „Spiel des Jahres“ zu wählen. Ob nun ASARA, DIE VERBOTENE INSEL oder QWIRKLE „Spiel des Jahres“ wird oder nicht, liegt allein in der Weisheit der Jury. Deren spielerischer Sachverstand ist so grandios, dass nichts als der Spielreiz über den Ausgang der Wahl entscheidet. Alles andere bleibt außen vor. Alles wird ohne Ansehen von Verlag, Autor oder Grafiker entschieden. Nur das Spiel zählt.
Nur wissen wir alle, dass nicht ausschließlich sachliche Erwägungen entscheidend sind. 7/8 aller Gründe bleiben ungenannt, laufen nur auf der Beziehungsebene und unter dem Tisch ab. Deshalb folgt hier auch keine Bewertung der Spiele, sondern nur die Auflistung meiner total objektiven, aber bestimmt nicht völlig sachfremden Erwägungen:

Warum werden nur drei Spiele nominiert? Ist die Auswahl unter den guten Spielen des Jahres wirklich so klein? Aber was soll man machen, wenn bei der allerwichtigsten jährlichen Pressekonferenz – sprich bei der Verkündung des Preisträgers – alle wichtigen Plätze im Auditorium mit Verlagsvertretern belegt sind. In Berlin bleibt kein Platz für die Presse, Funk und Fernsehen. Statt die Medien auf die hinteren Plätze abzuschieben, macht die Jury endlich Platz für mehr Öffentlichkeit. Jetzt rücken statt 106 nur noch 67 Verlagsvertreter samt Tross zur Preisverleihung an. Der Raum war doch sowieso schon zu klein, so kann man endlich ganz elegant Abhilfe schaffen. Und noch mehr, weil die Jury gleich zwei Spiele eines Verlage auf die Nominierungsliste setzt. Macht nur noch 43 Verlagsvertreter, 2/3 davon haben sogar nur eine ganz kurze Anreise, was ökologisch nachhaltig ist und darüber hinaus auch noch die Kosten senkt. Eine Sonnenblume für die Jury!

ASARA
Wer hat den Längsten? Äh … ich meine natürlich den höchsten Turm? Natürlich ist das Spiel absolut jugendfrei, dafür bürgt Ravensburger. Wenn nicht die, wer dann. Trotzdem, der Turm auf dem Cover ist schon eine sehr fruchtbare Abbildung oder getreu dem GEMISCHTEN DOPPEL: Eine sehr furchtbare Abbildung. Auch wenn wir so etwas nicht anstößig finden, dann doch unsere Freunde hinter dem Ozean. Aber macht ja nix, hier wird ein deutsches Spiel des Jahres prämiert. Da muss auch ein deutscher Autor her. Kann doch gar nicht sein, dass Jahr um Jahr ausländische Autoren den Preis gewinnen. Und Wolfgang Kramer könnte man so auf seine alten Tage mit einem Preis prämieren, ohne ihn gleich für sein Lebenswerk auszuzeichnen. Und außerdem käme dann auch Kramers Kompagnon Michael Kiesling zum Zuge. Zwei Deutsche sind besser als …

DIE VERBOTENE INSEL
Mann, da hat die Jury im vorletzten Jahr Schwein gehabt, dass Matt Leacocks PANDEMIE doch noch eine Grippe bekommen hat. Dieses Jahr führt an einem – diesem! - kooperativen Spiel kein Weg vorbei, wenigstens 2011 darf der kleinere Bruder von PANDEMIE, sauber geduscht in ein passendes Outfit gesteckt, uns alle beglücken. Das Thema ist aber auch wirklich herzallerliebst . Aber was ist mit dem „Landeplatz der Versager?“ Den müssen die Spieler ansteuern, wenn Sie gewinnen wollen. Nur so kann man gemeinsam der untergehenden Insel entkommen. So stempelt das Spiel bald Millionen von Spielern zu Versagern. Hier darf die Jury nicht versagen.

QWIRKLE
Man muss sich nur das Cover anschauen. Preisauszeichnungen über Preisauszeichnungen: Major fun! Award, Mensa Select – National Competition Winner, Parent's choice Gold Award – alle Buttons in Gold oder Gelb. Was soll da noch ein roter Pöppel auf der Schachtel. Der kommt da doch gar nicht mehr zur Geltung. Als vierter Preis noch auf die Schachtel?! Also, mit mir gäbe es das nicht. Und überhaupt die äußerst klein geschriebene Regel. Die ist nicht barrierefrei, außer Schmidt legt endlich eine Lupe bei. Geht aber gar nicht, denn das Material passt einmal benutzt gar nicht wirklich mehr in die Schachtel, außer man opfert zwei Stunden, die dicken, fetten, schwarzen Spielsteine passgenau in das Inlett zu puzzeln. Das Inlett könnte man ja wegschmeißen, aber dann wäre das Spiel auch nicht mehr komplett.
Demnächst noch ein Titel mehr?

Sonntag, 22. Mai 2011

Rezension: Vampire der Nacht

Kirsten Becker und Jens-Peter Schliemann: VAMPIRE DER NACHT für 2 bis 4 Spieler, Drei Magier Spiele 2009

Selbstverständlich muss es dunkel sein, damit man mit Vampiren spielen kann. Sonnenlicht ist ja für diese äußerst bissfesten Zeitgenossen schädlich. Und natürlich ist es viel aufregender, im Dunkeln zu spielen. Hatten wir ja bereits, auch von denselben Autoren, nur mit Magiern. Nur hatten die weder mich noch meine kleinen Mitspieler sonderlich begeistern können. Jetzt ist das anders: nette Vampire, leuchtender Knoblauch und magnetische Köpfe.
Die stoßen sich ab. Der Kopf der Fledermaus steckt auf einer kurzen Stange, damit treibt man den Vampir über den schweizer Boden. Ist so löchrig wie der Käse, in die Löcher sollten keine Knoblauchchips fallen. Die sollen über den Rand stürzen, nur dann zählen sie. Diese ganze Mimik ist erst zum Verzweifeln, andauernd fallen Chips in die Löcher. Die „Lenkung“ ist nicht besonders direkt, eher so schwammig, als hätte man Spiel in der Lenkung. Gut, dass die größten Chips auch nur in die größeren Löcher fallen und wenigstens über die kleineren hinüber geschoben werden können. Allerdings gibt es viel zu viele große Löcher. Und immer, wenn man den Vampir bewegt, fällt ein Chip ins Loch, die kleinen immer zuerst.
Und es geht doch! Mit ein bisschen Übung treibt man einen Chip über den Rand. Das gerade während der Anfangsphase öfter Chips durch die Löcher in den Schachtelkeller purzeln, muss man hinnehmen. Kindern gelingt das zunächst nur schwer. Aber wenn ihre Bemühungen gegen Ende Früchte tragen, wenn der Knoblauch nicht mehr so knubbelig zusammen liegt, finden alle VAMPIRE DER NACHT doch toll. Die hübsche Gestaltung ist ihnen – wie so oft – völlig einerlei. Entscheidend ist, dass das Spiel der Magnete sehr fasziniert, trotz indirekter „Steuerung“ und ruckelnden Vampiren. Mit Fledermaus und Vampir kann man übrigens gut im Hellen üben. Und im Dunkeln wird dann richtig gespielt.

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Freitag, 20. Mai 2011

Rezension: Schatz der Kobolde

Dirk Baumann: SCHATZ DER KOBOLDE für 2 bis 4 Spieler ab 5 Jahren, Drei Magier Spiele 2010

„Zieht jeder ein Aufgabenplättchen und legt es offen vor euch ab. Es zeigt euch den Glückskristall, den es nun zu suchen gilt.“ Ganz schön schwurbelig, gerade der erste Satz! Jedenfalls für mich. Mag ja sein, dass es woanders durchaus so gesagt wird, aber mir wollte er erst gar nicht in mein Münstersches Hirn. Deutsch ist so schön regional geprägt, da müssen die im Süden auch an uns im Westen denken. Mit dem imperativen „Zieht“ kann ich irgendwie nix anfangen. Es ginge ja auch deutlicher: Jeder zieht ein Auftragskärtchen und legt es offen vor sich ab. Oder wenn es unbedingt der Imperativ sein soll: „Zieht alle ...“ Dann ist klar, wie es läuft.

Auf dem wunderschönen Brett liegen kleine lila Holzscheiben, eine zeigt genau dasselbe Muster wie das Aufgabenplättchen. Dorthin muss der durchsichtige Zauberkristall aus der Mitte. Der wird über das Wegenetz von Feld zu Feld gezogen, von Plättchen zu Plättchen. Da macht es dann unterwegs tatsächlich „Hui“, denn die Scheibe, die an einem Faden im Kristall hängt, schlägt aus, zeigt eine Farbe. Ist die Scheibe oder eine Ecke des Plättchens magnetisch? Egal, es funktioniert ja prima. Die Farbe muss man vorher richtig ansagen, um weiter ziehen zu dürfen. Die Kinder hätten die Farbe auch mit den Namen der Kobolde bezeichnen können. Aber wer merkt sich schon Wutzel, Wimmel, Wanda oder Wommel und dazu noch deren farbliche Zuordnung? Die Farbe anzusagen tut's doch.

Schnell wird offenbar: Das Spiel ist die Schwester von DAS MAGISCHE LABYRINTH. Es ist ebenso magnetisch, und es entstehen genauso Wege durch ein unsichtbares Labyrinth. Diese nahe Verwandtschaft macht Kindern nix, denn SCHATZ DER KOBOLDE funktioniert prima, sieht absolut ansprechend aus, und eines der Kinder gewinnt garantiert als erstes vier Glückskristalle. Als Papa gefällt mir DAS MAGISCHE LABYRINTH allerdings einen Tuck besser. Das Magnetische ist einfach beeindruckender, weil griffiger und vor allem überraschender. Ist vielleicht nicht ganz so klug, zwei so sehr ähnliche Spiele kurz hintereinander auf den Markt zu bringen.

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Dienstag, 17. Mai 2011

Das 29. Großspielen am 05.04.2011

So ein großer Tisch und so eine kleine Blechdose. Dass dann doch so viel Spielspaß entfesselt wird, hätte ich nicht erwartet. Keiner von uns! In dem Rhythmus von Queens „We will rock you“ schlagen wir auf unsere Schenkel und klatschen einmal in die Hände. Statt in die Hände zu klatschen, macht der Startspieler erst seine, dann die Geste eines Mitspielers. Immer schön im Rhythmus bleiben, sonst gibt’s zur Strafe eine Bombenkarte. Auch wer die Geste vermurkst, bekommt eine Bombenkarte. So geht es weiter, bis alle Bomben verteilt sind. Wir haben schon immer gerne Döfchen mit Präses und Vize gespielt, WE WILL ROCK YOU ist eine schöne Variante. Sogar das amüsantere Spiel. Besonders Martins Verrenkungen und gleichzeitiges Minenspiel beim Ägypter sind sehenswert.

Nach der ganzen Action und vielem Gelächter musste noch etwas Ruhiges her. FLASH und TAKE IT EASY kamen jedenfalls (wieder) gut an.


Heute spielt auch Schalke, weshalb mehr Damen als Herren beim Großspielen mitmachen: Elke, Eva, Susanne, Inga, Diane, Andrea und Betty von der einen, und nur Martin, Ralf und ich von der anderen Hälfte unserer Westfälischen Reihe.

Donnerstag, 12. Mai 2011

Rezension: Fifty Fifty

Reiner Knizia: FIFTY FIFTY für 2 bis 5 Personen, Zoch 2010

Thema
Schön physikalisch: Positives und Negatives heben sich auf. Schweres und Leichtes heben sich auf. Suchen Sie sich eines davon aus. Passen täten alle, zumal es dieses Spiel bereits früher als DRAHTSEILAKT von Ass gegeben hat. Und oben auf dem Drahtseil ist das Gleichgewicht extrem wichtig. Auch FIFTY FIFTY hätte wegen der Optik ein Thema haben können, allerdings ein FDP-lastiges, Blau und Gelb heben sich auf. Aus einem blauen und einem gelben Zackenhalb- wird ein perfekter Vollmond. Vollmonde darf man abwerfen, wie die ...

Optik
Blau und Gelb dominieren, nicht nur bei den Monden, auch bei den „Fiftykarten.“ Die kleinen Kartenwerte sind gelber, die hohen blauer – dazwischen wird schön abgestuft.

Mechanik
Karte ausspielen und gut. Oder auch nicht, gegen Ende ganz gewiss nicht. Die höchste Karte macht den Stich, dafür gibt es blaue Halbmonde. Wie viele, durchaus unterschiedlich viele, bestimmt eine „Launekarte.“ Und gelbe Hälften werden auch verteilt, an die niedrigste Karte im Stich. Die höchste Karte spielt zum nächsten Stich aus … und auszuspielen ist nicht wirklich prickelnd. Was ist, wenn trotz kleiner Karte alle drunter bleiben, einen hängen lassen? Was ist, wenn man wieder blaue Halbmonde nehmen muss, die man aller Voraussicht nach nicht egalisieren kann?

Fazit
Im neunten und letzten Durchgang entscheidet sich das Spiel. Ein Mitspieler fasste treffend zusammen: „Man hat alles in der Hand, bis auf den letzten Stich.“ Macht aber fast nix, denn die Runden sind schnell gespielt. Außerdem sind die berühmten schlechten Karten eher selten. Nur mit hohen oder nur mit niedrigeren Karten sieht man in der Regel alt aus. Ziel jedes Durchgangs sind natürlich null Punkte. Jede übrig gebliebene Mondhälfte zählt einen Minuspunkt. Manchmal bleiben einfach zu viele übrig, weil ein Mitspieler ganz anders als erwartet spielt. Statt selbst seine Monbilanz auszugleichen, schanzt mir so ein Querkopf garantiert genau die unpassenden Hälften zu.

Ranking
FIFTY FITFY gleicht nicht aus, nicht das Spielevolk, nicht meine Mitspieler. Es gibt nur Freunde oder Feinde. Dazwischen ist ein tiefer Graben. Die einen mögen Glück gar nicht, die anderen kommen gut damit aus, besonders wenn man FIFTY FIFTY nicht so ernst nimmt und es locker aus dem Bauch spielt. Das kann ich gut.

p.s.: Reiner Knizia - oder ist es Zoch - schnappt Friedemann Friese einen schönen 2F-Titel vor der Nase weg. Absicht?

Mittwoch, 4. Mai 2011

Rezension: Keltis - Das Orakel

Reiner Knizia: KELTIS – DAS ORAKEL für 2 bis 4 Personen, Kosmos 2010

Zuckerguss für die Kekse

Bei Süßem werde ich schwach. Ich mag Kekse, gerne auch mit Ingwer und Zuckerguss. Zurzeit meine Favoriten: KELTIS-Kekse. Diese klumpigen, leicht unförmigen Dinger hätte ich beinahe übersehen, aber Kollege Niehoff war so freundlich, mich auf diese schmackhaften „Steine“ hinzuweisen. Und weil die Kekse ja wirklich gut ankommen, selbst der Jury geschmeckt haben, werden alle Freunde dieser Köstlichkeit mit immer neuen Variationen versorgt. Und jetzt sogar mit Zuckerguss und Extra-Spielfigur. Die machen das jetzt so wie Kellogg's, die ihren riesigen Cornflakespaketen gerne irgendwelche Gimmicks beipacken. Ist schließlich genügend Luft in der Kiste.

K&K schenken uns jetzt mit dem neuen KELTIS eine „Emma“. Eigentlich hat sie keinen Namen, offiziell heißt sie nur ganz trocken Orakel-Priesterin. Dann schon lieber Emma, mit der ich Mitleid habe. Nicht nur, dass sie sich einen baumdicken Zauberstab vor den Schädel stößt, sie wird auch noch gerne vergessen, übersehen … stehen gelassen. Eigentlich gibt sie ja dem Spiel seinen Namen, aber warum spielt sie dann nur so eine untergeordnete Rolle? Ist sie schon matschig in der Birne, weil sie sich mit dem Schlag gegen ihren Kopf selbst außer Gefecht gesetzt hat? Ach Emma, hättest du nur eine Kopfzelle und irgendwas Blinkendes, damit ich deinen Zauberstab leuchten lassen könnte. Dann wärst du nicht nur auf der Lauf-Spirale ein echter Hingucker, sondern wirklich von Kellogg's. So ist doch nur jeder damit beschäftigt, den besten, den weitesten Sprung mit seiner Figur nach vorne zu machen.

Trotzdem, es gibt natürlich ein paar wesentliche Unterschiede zum Spiel des Jahres: nur noch eine Laufstrecke für alle Farben. Eine ausgespielte Karte lässt eine Figur nicht mehr nur einen Schritt nach vorne machen, sondern auf das nächste Feld der ausgespielten Farbe. Und da sind größere, manchmal leider nur einschrittige Sprünge möglich. Alle anderen Plättchen - Steine, Sonderpunkte, Kleeblätter - sind natürlich dabei, der KELTIS-Grundgeschmack darf nicht verloren gehen, muss spürbar bleiben. Allerdings macht es viel mehr Mühe, Steine einzusammeln. Dann muss man gezwungenermaßen zweimal hintereinander dieselbe Farbe spielen, denn sonst kommt man nicht auf die Felder mit den Steinen. Man kann immer locker darüber hinweg springen, aber ohne Steine gibt’s immer noch Minuspunkte. Manchmal sogar mehr als üblich, wenn man unterwegs einen Spiegel und weniger als zwei Steine eingesammelt hat. Jeder Spiegel wertet am Ende die Steine noch einmal, auch (k)einen Stein. Kein Stein bringt vier, mit Spiegel sogar acht Minuspunkte.

Neu sind auch Kobold- und Spiralen-Plättchen. Landet man auf einer Spirale, darf man die Figur rückwärts ziehen. So kann man auch ganz elegant auf Steine-Felder gelangen, dadurch manchmal den Schlangestehern einen Stein vor der Nase weg schnappen. Auf einem Feld mit Kobold wird man eine unliebsame Hand- oder abgelegte Karte los. Und wenn man mit einer, zwei oder drei Figuren gleichzeitig bei eins, zwei, drei Kobolden steht, gibt’s 5, 10, 15 Siegpunkte. Kobolde werden gerne angesteuert, aber es macht echt Mühe, dafür dann 15 Siegpunkte abzugreifen.

Und die „Emma?“ Die sollte man eigentlich nicht stehen lassen, denn wer die Emma zu einem eigenen Stein zieht, wird mit fünf Siegpunkten belohnt. Nicht schlecht!? Bin mir immer noch unschlüssig, ob sich das wirklich lohnt. Statt der eigenen Figur zieht die Emma eins bis fünf Felder weiter. Natürlich muss mit dieser Karte die Farbreihe ergänzt werden. Wegen der Emma bewegt man schließlich keine eigenen Figuren nach vorne, bestimmt so nicht über das Spielende und bekommt nicht die fetten Siegpunkte. Ein Trugschluss?! Am Ende der Spirale warten nur sechs, sieben und 10 Siegpunkte. Wie oft muss ich dann die Emma auf einen meiner Steine bewegen, um das auszugleichen? Ist die Emma allerdings an allen meinen Steinen vorbeigerauscht, muss ich sie erstmal wieder überholen. Das kostet Karten und Züge. Ist dann das Spiel schon zu Ende?

Bei DAS ORAKEL ist immer noch die Leichtigkeit des Spiels des Jahres zu spüren. Die ist aber nur eine Illusion, geschaffen durch die bekannten Elemente und natürlich die Kekse auf grünem Grund. Man erinnert sich, an Mechanismen und Regeln, und an Taktiken. Aber man bekommt nur die Eindimensionalität eigenen Denkens vor Augen geführt. Man verlässt die bekannten Gleise zunächst nicht. Die neuen Elemente und auch die Preisgabe der fünf Laufstrecken machen DAS ORAKEL deutlich anspruchsvoller … und besser. Man muss sich nur mit den neuen Möglichkeiten auseinandersetzen, auch mit Emma. Natürlich kann man DAS ORAKEL so spielen wie immer, aber dann könnte man auch gleich beim normalen KELTIS bleiben.

Was erwartet man eigentlich, wenn man wegen des guten ersten Teils der Serie weiter folgt? Nur gute Unterhaltung? Bekannte Elemente, liebgewonnene Charaktere, Atmosphäre? Reicht das schon? Muss nicht der zweite, dritte, vierte oder wie bei DAS ORAKEL das fünfte KELTIS doch irgendwie anders, idealerweise sogar besser als die Vorgänger sein? Harry Potter durchlebte Höhen und Tiefen, es gab gute und weniger gute Bücher. KELTIS ist dagegen fein raus. Jedes Familienmitglied ist irgendwie anders, jedes für sich gut, und DAS ORAKEL bislang am besten. Nur muss man es sich dann jetzt kaufen? Ist es nicht besser zu warten, bis Dr. Knizia die Familienplanung abgeschlossen hat? Der letzte Abkömmling ist dann bestimmt das allerbeste Spiel … Wer fühlt sich dann auf den Arm genommen? Die Käufer des ersten Spiels, weil sie Geld für das weniger gute Spiel ausgegeben haben? Die Juroren, weil sie das weniger gute Spiel preisgekrönt haben? Der Verlag sicher nicht, denn – solange es wie bei KELTIS – immer bergauf geht, wird auch immer besser verdient. Die Familie wird noch wachsen … garantiert! Jetzt spiele ich DAS ORAKEL genauso wie ich vorher das Ur-KELTIS gespielt habe, solange es nicht NEUE WEGE – NEUE ZIELE gab. Und zwischendurch schiebe ich sogar noch die kleineren grünen Schachteln – Nichte oder Neffe – ein. Nur das Ur-KELTIS kann ich getrost abschreiben.

Wolfgang Friebe


KELTIS-Faktor:

150 % DAS ORAKEL
110 % DER WEG DER STEINE
100 % KELTIS
45 % LOST CITIES


Zuerst veröffentlicht in der Fairplay