Samstag, 25. November 2006

+ Haste Bock?

Jetzt? Sofort? Weiß nicht!

Oja, da leuchten die Augen. Diese Schäfchen sind ja auch zu knuddelig. Und erst die realistischen Farben ... auf deren Rücken. Rot, blau, grün und gelbe Punkte, so wie im Vereinigten Königreich. Da kommen Schafe sowieso schon gepunktet auf die Welt. Farbkleckse für alles mögliche: Eigentümer, Spritze A, Impfung C, Schlachter D. So verläuft das Leben eines Schafes auf der Insel, wenn es nicht vorher an Scrapie stirbt. Da ist das Leben als Schaf auf der Zochschen grünen Wiese doch viel schöner und vor allem gemütlicher.
Letztes Jahr hieß HASTE BOCK? noch SHEAR PANIC und war ein Tipp der Messe. Schon vor der Messe per Vorbestellung ausverkauft, man glaubt es kaum. Trotzdem hat es SHEAR PANIC nicht auf den Spieltisch geschafft. Lag es an der Regel, die nur auf Englisch ist? An der viel zu winzigen Schrift? An den vielen Seiten? Oder nur daran, dass es wenig Sinn macht, über ein vergriffenes Spiel zu schreiben. Ich warte doch gerne auf die Neuauflage, denn gute Spiele kommen wieder.
Jetzt liegt es mit leserlicher Regel auf Deutsch vor. Also wird HASTE BOCK? das erste Spiel nach der Messe. Jeder hat zwei Schafe – mit der obligatorischen Farbe auf dem Rücken, nur das schwarze Schaf ist durch und durch schwarz. Die Farbe macht die Schafe der Herde unterscheidbar, denn in vier Durchgängen müssen sie bestimmte Aufgaben erfüllen. In Phase 1 sollten sie tunlichst orthogonal nebeneinander stehen, in Phase 2 möglichst in der ersten Reihe vor dem wundervollen Widder stehen, in Phase 3 neben dem schwarzen (neutralen) Schaf weiden und sich in der letzten Phase möglichst weit weg vom Schafscherer aufhalten. Die Aufgaben sind klar umrissen.
Alle Schafe, eigene und fremde, werden durch kleine Kärtchen bewegt. Ein Schaf ein Feld ziehen, eine ganze Reihe bewegen oder alle bis zu einer Linie aufrücken lassen, immer mit dem Ziel, die Aufgabe in der jeweiligen Phase zu erfüllen. Es gibt Kärtchen, die bringen Leben auf die Weide: Wenn man zum Bocksprung ansetzt oder die Herde auf Kommando die Blickrichtung ändert. Und auch das Ziehen an eine Linie macht wesentlich mehr her, als der Gänsemarsch einer Reihe um ein Feld. Ganz zu schweigen von „Ziehe auf ein angrenzendes freies Feld.“ Das ist schon alles. Nach und nach erschließen sich auch die Bedeutungen der Aktionskarten.
Ganz am Anfang und im Spielverlauf immer mal wieder wird ein Schaf ganz wild. Es rennt einfach volle Kanne auf ein oder mehrere Schafe zu. Die ganze Reihe macht einen Satz um ein Feld. Das funktioniert wunderbar in alle Richtungen. Weiß doch jeder, dass Schafe einen guten Rückwärtsgang haben. Welches Schaf rammt, entscheidet ein Farbwürfel. Und wann gerammt wird, die Kärtchen. Zusätzlich zu jeder Aktion bewegt sich der Zeitstein. Kommt er auf ein Schafpanik-Feld zu stehen, kommt Unruhe in die Herde. Außerdem wird über den Zeitstein auch die Phasenabfolge geregelt.
Oja, man kann schon viel über den eigenen Zug nachdenken. Und dann wartet man wieder, bis man an die Reihe kommt. Was zwischendurch passiert ist bestenfalls interessant, aber meistens ohne Bedeutung. So tröpfelt das Spiel dahin. Zweifel kommen auf, warum das SHEAR PANIC so bejubelt wird. Und das erlebe ich nicht nur in der Runde der Profispieler. Da kommt das Spiel sogar noch viel besser an, als in meinen Otto-Normal-Runden. Nach anfänglicher Begeisterung über das wirklich schöne Material macht sich erst Ernüchterung und dann Enttäuschung breit. Und einer stellt bestimmt die entscheidende Frage: Würde man HASTE BOCK? auch spielen, wenn nicht so tolle Schafe dabei wären? Zum Glück kann ich mich um eine Antwort auf diese Frage drücken, denn es gibt kein HASTE BOCK? ohne knuddelige Schafe.

Wolfgang Friebe

HASTE BOCK? von Gordon und Fraser Lamont für 2 bis 4 Personen, Zoch 2006


Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Donnerstag, 23. November 2006

+ On the Underground

Ohne Umsteigen zum Ziel

Für die Londoner Tube hätte ich mir einen interaktiven Spielplan gewünscht. Einen, der dem Passagier automatisch den Weg zum Ziel zeigt. Die richtige Verbindung leuchtet einfach auf, wenn man den Passagier am Kopf und das Zielfeld berührt. TOUCH AND PLAY à la Ravensburger, das wäre hier mal was. Es muss gar nicht der kürzeste Weg sein, es müsste nur der Weg sein, den ein echter Londoner bevorzugen würde. Aber wer kennt sich in London so gut aus, kennt alle Umstiegsmöglichkeiten, alle Linien? Es bleibt Ihnen nichts übrig, Sie müssen den Plan studieren ... zumindest für den zweiten Teil Ihres Zugs, wenn sich der Passagier bewegt.
Wohin er fährt, bestimmen vier Zielkarten. Die erste Wahl fällt immer auf eine Karte mit Expressbahnhof, sofern vorhanden. Expressbahnhöfe liegen näher zum oder im Zentrum Londons. Faulheit siegt, deshalb bevorzugt der nette Londoner immer eine Verbindung zum naheliegensten Ziel, das muss nicht das nächstgelegene sein. Wohin er fährt, ergibt sich aus seinen Vorlieben. Ein echter Londoner geht grundsätzlich möglichst wenig zu Fuß und bevorzugt Linien, die direkt zur Zielhaltestelle fahren. Umsteigen hasst er wie die Pest. Leider gibt es in Münster keine U-Bahn, aber ich würde es bestimmt genauso machen.
Wo muss er hin? Er startet immer von der Station, die er zuletzt besucht hat. Haben Sie die neuen Stationen auf dem Schirm? Gibt es mehrere Linien, die seinen Vorlieben entsprechen, haben Sie die Wahl. Natürlich fährt er dann über Ihre Linien, das bringt für jede benutzte Linie einen Punkt. Manchmal fährt er auch über die Linien der Mitspieler, manchmal sogar ausschließlich. Dann gehen Sie beim Fahren leer aus, und die anderen erhalten die Punkte. Ist der Expressbahnhof abgehandelt, fährt er nochmal, aber dann zu einer normalen Station. Das Spiel steuert den Passagier nach immer gleichen Regeln. Jeder kann mit dem Passagier im Schnitt null bis zwei Punkte machen, die Differenz zum Führenden ist dabei entscheidend. Über zentrale Linien fährt der Passagier viel häufiger, da sind bei jeder Fahrt Punkte drin. Das läppert sich. Aber letztlich entscheidend ist die Kombination der ausliegenden vier Zielkarten. Ist der Kartenstapel abgearbeitet, sind alle Fahrten gemacht, steht der Gewinner fest.
Überschätzen Sie aber den Passagier nicht. Dessen Fahrten bilden eher die taktische Komponente, denn es gibt ja noch den ersten Teil Ihres Zugs. Da bauen Sie an den Linien der Londoner Underground. Je nach Anzahl der Mitspieler baut jeder mindestens an zwei, zu zweit sogar an vier verschiedenen Linien. Streckenbau erfordert eher strategische Entscheidungen. Natürlich kann man mit einem geschickt platzierten Streckenabschnitt den Passagier auf eine eigene Linie locken, doch man kann auch anders punkten, indem man Verbindungen schafft.
Verbindungen zu zwei gleichen Verbundmarkern, die anfangs zufällig rund um die Innenstadt platziert werden. Verbindungen in die Außenbereiche – zu den Endstationen. So eine Verbindung wird sogar noch mit einem Weichen-Marker belohnt. Nur mit Weiche sind Abzweigungen möglich, weil ansonsten die Linie nur an deren beiden Enden verlängert werden darf. Und Anschlüsse an Bahnhofe mit Übergang zur Eisenbahn sind auch nicht schlecht. Richtig viele Punkte sind mit einer komplett geschlossenen Ringlinie drin. Jeder U-Bahnhof, der innerhalb der Ringlinie und nicht Teil der Strecke ist, bringt einen Punkt. Da sind bis zu 10 Punkte auf einen Schlag drin, aber nur wenn die anderen nicht aufpassen und man noch genügend Schienen zur Verfügung hat.
Gerade als Vierter oder Fünfter einer Partie sollte man auf Endstationen und Bahnhöfe spielen. Bevor man selbst an die Reihe kommt, sind bis zu sechs oder acht Fahrten gelaufen. In jeder voran gegangenen Runde hat sich der Passagier schon ein, meistens zwei Mal bewegt. Da ist man sowieso leer ausgegangen, weil man selbst noch keine einzige eigene Schiene auf dem Plan hat. Allerdings starten die hinten sitzenden Spieler auch mit einem kleinen Punktevorsprung.
Die Ringlinie lohnt sich für hinten sitzende Spieler nicht wirklich. Endhaltestellen sind viel interessanter, da weniger aufwendig und mit dem Weichen-Bonus versehen. Außerdem sind Linien in die Londoner Vorstädte nicht so umkämpft, wenn nicht noch jemand diese Taktik fährt. Da kann man gut die einzige Verbindung aufbauen, irgendwann fährt der Passagier ja auch dorthin. Wenn im Zentrum bis zu fünf verschiedene Linien zwischen zwei Stationen möglich sind, fährt meistens nur eine einzige Linie in die Vorstädte.
Jeder kann bis zu vier Schienen legen, da hat man als Startspieler schon deutliche Vorteile und kann je nach Zielbahnhöfen mehrfach Punkte für die ersten Passagierfahrten kassieren. Also muss, wer hinten sitzt, sich eine andere Strategie überlegen, sonst ist man oft chancenlos. Man sollte aber immer im Hinterkopf haben, dass es je nach Farbe nur 20 bzw. 15 Schienen gibt und einem die Schienen für eine Ringlinie schneller als gedacht ausgehen können. Auch Weichen schaffen schnell gewisse Zwänge, weil man mit Nebenstrecken schon (zu) viele Schienen verbaut hat. Weichen bekommt man gratis beim Anschluss einer Endhaltestelle und auch, wer nicht alle vier Schienen platziert. Für jede ausgelassene Schiene gibt es eine Weiche.
ON THE UNDERGROUND ist in den ersten Partien eher harmlos, weil man sich nicht so stark in die Suppe spuckt und viel zu sehr auf den Passagier achtet. Außerdem ist man anfangs sehr mit eigenen Plänen beschäftigt. Das kennen Sie sicher schon aus ZUG UM ZUG. Bei ON THE UNDERGROUND ändert sich das aber mit der Zeit, wenn man die strategische Komponente des Streckenbaus entdeckt hat und weiß wie viele Punkte damit zu machen sind. Zu zweit und zu dritt spielt es sich deutlich anders als zu viert und fünft. Es gibt ein paar Finessen und Strategien, die je nach Spielerzahl unterschiedlich stark sind.
ON THE UNDERGROUND ist ein Spiel, das mir gefäll. Besonders zu zweit und dritt entwickelt es die richtige Tiefe. Trotzdem empfanden es viele meiner Mitspieler als zu harmlos und zu langwierig. Sie störte das ewige Gesuche der naheliegendsten Station. Außerdem zog sich das Spiel in ihren Augen hin, weil man so gar nichts machen kann, wenn man nicht an der Reihe ist, außer man diskutiert fleißig darüber, was denn nun wirklich die richtige Strecke ist. Jede Diskussion kostet Zeit, die das Spiel verlängert. Mitunter ist nicht wirklich auf den ersten Blick ersichtlich, welche Linien der Passagier nehmen muss. Dafür haben meine Mitspieler ja mich, ich sag' denen immer wo es lang geht. Wahrscheinlich mögen sie deshalb mein neues Lieblingsspiel nicht. Ich kann aus dem Eff-Eff Passenger's most suitable route nennen. Ich bin deren interaktiver Spielplan.
Apropos Spielplan, der ist wirklich riesig für so eine kleine Schachtel. Er besteht aus acht knapp DIN A4 großen Teilen, die sich durch siebenmaliges Falten zusammenklappen lassen. Nicht nur der riesige Plan macht Eindruck - auch Karten, Weichen, Marker - alles ist perfekt gestaltet.

Wolfgang Friebe

ON THE UNDERGROUND von Sebastian Bleasdale für 2 bis 5 Personen, JKLM und Rio Grande Games 2006

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Mittwoch, 22. November 2006

+ Gift Trap

Daran kann man vorbei laufen, das kann man übersehen. Bunt und poppig ist die kubische Schachtel, sieht gar nicht mittelalterlich aus. Außerdem sind in der Schachtel auch noch acht pastellfarbige Strumpfsäckchen. Schnelles Fazit: Auf gar keinen Fall ein Spiel für echte Spieler. Außerdem: Stein Thompson, was haben die schon vollbracht außer Werbung? Ein Freund musste mich drauf hinweisen, dass es a) GIFT TRAP auch auf deutsch gibt und b) GIFT TRAP ein KoKa-Spiel ist. Sie kennen doch TABU und ACTIVITIY? KoKa steht bei uns für kommunikative Kacke, ist immer noch hoch im Kurs in den Runden mit unechten Spielern.
Der Name verrät: Es geht um Geschenke, um tolle und dämliche. Wer hat sich in Ihrem Alter nicht schon immer eine Eintrittskarte für ein Rave-Konzert gewünscht? Oder eine eigene Kletterwand? Gute Geschenke werden belohnt, Schenker und Beschenkter kommen voran. Ist es „great“, geht es satte 3 Punkte auf der Punktleiste vor. Wenn's aber „no way“ ist, für mich wären das Lederslipper, geht es 4 Felder zurück. Mitgefangen – mitgehangen, obwohl ich nichts für den schlechten Geschmack meiner Mitspieler kann.
Der Witz sind die beiden Punktleisten. „Get“ für die erhaltenen und „Give“ für gemachte Geschenke. Nur wenn beide Geschenkschachteln auf dem Feld „Gifted“ angekommen sind, hat man gewonnen. Da zeigt es sich dann, wer der beste Schenker ist UND wer sich am besten beschenken lässt. Ein guter Schenker weiß genau, was die anderen wünschen. Wer lieber viel von sich erzählt, bekommt wahrscheinlich die besten Geschenke, bleibt aber mit „Give“ zurück.
Aber was schenken wir? Aus vier Kartenstapeln – auf jeder Karte vorne und hinten ein Foto – werden die Geschenke ausgewählt. Aus dem gelben Stapel kommen Allerweltsgeschenke, aus dem schwarzen schon richtig teure Geschichten. Blau und rot bilden die obere und untere Mitte. Es wird immer ein Geschenk mehr auf den Plan gelegt, als Mitspieler teilnehmen. Bei der Verteilung sollte man schon gute Miene zu bösem Spiel machen, um nicht vorab zu viel zu verraten. Danach werden die Geschenke gemacht, jeder bekommt von jedem ein Plättchen mit der Nummer des vermeintlich besten Geschenks. Anschließend verteilen alle vier runde Marker verdeckt auf die Geschenke: Great (+3), very good (+2), good (+1) und das unschöne no way (-4). Dann folgt die Stunde der Wahrheit.
... und GIFT TRAP zeigt sich von seiner allerbesten KoKa-Seite. Wer findet was toll? Und was ist völlig beknackt? Liegt man richtig oder voll daneben? Selbst wenn man sich gut kennt, sind immer noch Überraschungen drin. Entsprechend groß ist das Hallo, wenn sich jemand etwas völlig Abseitiges wünscht und sich dann damit rausreden will, dass er mit der Ablage der Punktechips durcheinander gekommen ist. Wer's glaubt!? Es wird auf jeden Fall viel gelacht. Nur mit unsympathischen Leuten braucht man GIFT TRAP gar nicht erst zu spielen. Positive wie negative Sympathien werden durch das Spiel nur verstärkt. Ein kleines Manko: Die Punktwertung ist kompliziert. Wer geht mit welcher Figur wie viele Felder voran oder zurück? Volle Konzentration ist dann alles. Und dass mir niemand vergisst, wer welche Farbe hat! (wf)
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GIFT TRAP von Nick Kellet für 3 bis 8 Personen, Neuauflage in Deutsch von Heidelberger, ursprüngliche Ausgabe Stein Thompson 2006 (deutsche Ausgabe) und GiftTRAP Enterprises 2006 (englische Ausgabe, www.gifttrap.com),

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

+ Desert Bazaar

Falsche Farben in der Wüste

Rot ist eigentlich braun oder ist es umgekehrt? Jedenfalls darf man für jedes rote Farbsymbol eine braune Kamelkarte nehmen ... was ein Rohstoff für ein neues Zelt ist. Drei Würfel bestimmen, welche Rohstoffkarten man bekommt. Es sind aber nicht zwangsläufig drei Rohstoffe, außer man würfelt drei gleiche Farben und keine Nieten. Einmal darf man nachlegen, aber wer zum herausgelegten Blau nicht mindestens noch einmal Blau würfelt, verliert alles. Damit man nicht ganz leer ausgeht, bekommt man vorab immer eine Karte nach Wahl. Üblicherweise wird man immer erst Rohstoffkarten horten, bevor man in der Wüste ein Zelt errichtet. Also entweder Rohstoffe bunkern oder Zelte aufstellen.
Wer immer zelten gehen will, braucht zunächst ein Fernglas, besser eine Lupe. Auf den kleinen sechseckigen Zeltplättchen befindet sich nämlich auch eine sehr winzige Tricolore, deren drei Farben vorgeben, welche Rohstoffkarten für dieses Zelt erforderlich sind. Blau und grün lässt sich nicht nur wegen der winzigen Farbflecken der Tricolore bei Kunstlicht bestens auseinanderhalten.
Jedenfalls braucht man immer drei Rohstoffkarten, wenn man das erste einsame Zelt eines kommenden Zeltlagers errichtet. Immerhin winken satte zwei Pluspunkte für diese Glanztat. Steht erstmal ein Zelt in der Wüste, darf jeder anbauen, maximal sieben Zelte umfasst ein Lager. Die Rohstoffkarten in den Farben der benachbarten Zelte kann man sich beim Anbauen sparen. Ist das erste Zelt rot und ein zweites daneben blau, braucht man für ein angrenzendes Zelt keine blaue und rote Karte, sondern nur noch die fehlende Farbe. Das spart Ressourcen, außerdem wird das siebte Zelt des Lagers mit einem Bonuspunkt belohnt. Da kann man sich selbst eine Vorlage legen und gleich mehrere Zelte ganz billig und in einem Rutsch errichten. Für alle Zelte in einer Siebenergruppe erhalten deren Besitzer ebenfalls einen Punkt, auch der erste und der letzte Zeltbauer. Und ganz am Ende, wenn kein Zelt mehr auf den Campingplatz passt, regnet es für die Besitzer der meisten Rohstoffkarten einer Sorte zwei Siegpunkte. Wer dann auf der Siegleiste am weitesten um die sechseckige Wüste herum gekommen ist, gewinnt den DESERT BAZAAR.
So weit, so gut und auch so gut gedacht. Wenn doch nur nicht ... die Mängel in der Farbgebung wären und auch sonst mehr Interaktion wäre. Bei einem BAZAAR stelle ich mir mehr vor, als nur würfeln oder bauen. So tröpfelt das Spiel dahin, wer was macht ist von einer gewissen Belanglosigkeit. Diese Wüste ist öde.

DESERT BAZAAR von Brian Yu für 3 bis 5 Personen, Mattel 2006


Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

+ Voltage

Spannung Made in US

Die Anleihen sind unverkennbar – bei der Kosmos 2er-Serie und auch an LOST CITIES. Nun ja, warum sollte man auch nicht auf Bewährtes setzen, wenn man neu startet. Ich hätte Mattel alles zugetraut, nur nicht dass sie sich auf den Markt der German Games begeben und richtige Spiele produzieren. Jedenfalls Spiele, die für richtige Spieler sein sollen. Auch wenn das Pflänzchen ganz verborgen blühte, in Essen war der Autor und gleichzeitiger Senior Designer Games & Youth Electronics von Mattel höchst persönlich anwesend, um seine beiden Spiele VOLTAGE und DESERT BAZAAR vorzustellen. Habe ich am Stand von Richard Breese etwa den Stefan Brück der Mattels getroffen?
Gut sieht es aus, sein VOLTAGE, düster und auch etwas anders, auf jeden Fall meilenweit entfernt vom deutschen Geschmack. Kein Mittelalterthema und glatt gebügelte Eierpopeier-Grafik, vielmehr steht Strom im thematischen Mittelpunkt. Auf beiden Seiten der vier Felder des Spielplans darf man Karten anlegen. Einige Spezialkarten nur auf Seiten des Gegenspielers, weshalb man sich deren Einsatz gut überlegen sollte. Liegen auf beiden Seiten eines Feldes insgesamt fünf Karten, gibt’s eine Zwischenwertung. Liegt der Spielstein auf dem Feld mit der Plus-Seite oben, gewinnt die Seite mit den höheren Karten. Ist die Spannung negativ, geht es nur um die niedrigeren Werte. Wer vier Reihen erobert, gewinnt auch die Partie. 10 Minuten, das war's.
Was im Verlauf an Dynamik und Taktieren um die Werte ins Spiel kommt, verschwindet ganz schnell wieder. Denn immer, wenn man eine Karte mit Oszilloskop vom Nachziehstapel nimmt, darf und wird man die Spannung auf einem Feld ändern: Von positiv zu negativ und umgekehrt. Da verpufft die Spannung sofort, was gerade noch gut war, ist jetzt schlecht und alles andere sowieso dann egal. Der Zufall regiert die Welt von Volt, Ampere und Ohm. Strom fließt, aber Spannung fehlt. (wf)

VOLTAGE von Brian Yu für 2 Personen, Mattel 2006

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay