Mittwoch, 31. März 2010

Das Ende ... aller Spontankäufe

Früher war ja … genau das wissen Sie auch. Da tingelte man durch die Läden, kaufte dieses oder jenes Spiel. Ich erinnere mich noch meines ersten Besuchs beim Spielbrett in Köln. Das war im Sommer '89. Mit großen Augen stand ich vor den Regalen mit Spielen, die ich vorher nie gesehen hatte, die mich aber sofort in ihren Bann zogen. Eines habe ich gekauft, das musste sein. Preis egal, Spiel egal. Ich weiß nicht mal mehr, ob's gut oder schlecht war.
Manchmal ergeht es mir während der Spieletage in Essen so. Für einen kurzen Moment bin ich gefangen von diesem oder jenem Spiel, schwelge in der unverbrauchten Neugier vergangener Zeiten. Eigentlich bin ich ja gut informiert, dank Internet weiß man ja alles vorher. Ich – in einem kurzen Augenblick großen Vergnügens – verschließe aber all mein Wissen tief in mir und kaufe PONY EXPRESS. War ein Fehler, ich geb's zu.
Und eigentlich weiß ich ja auch, wie man heutzutage einkauft: Nur noch Online, aber vorher fragt man noch über die Brettspielsuche den günstigsten Kurs ab. Oder schlägt auf Spardrache nach, welche Sonderangebote es gibt. Aber es geht noch einfacher mit Amazon und Amapsys. Und weil für uns Deutsche nichts zählt als der Preis, werde ich zum Broker und beobachte mit Amapsys die Preise bei Amazon. Über die Toolbar kann ich genau sehen, wann der Kurs im Keller ist, wann Baisse oder Hausse ist. Oder ich gebe einfach meinen Preis bei Amapsys ein und bekomme eine Mail, sobald der Amazonpreis unter mein Limit gefallen ist. Dann schlage ich zu. Überraschenderweise ertappe ich mich jetzt doch wieder dabei: Ich kaufe spontan. Viel zu spontan, wenn der Preis nur günstig genug ist. Dass ich mein Geld hauptsächlich bei Amazon lasse, stört mich wenig. Dass es, wenn es nur viele andere auch so machen, das Ende … aller anderen Spieleversandhändler bedeuten könnte, ist ein anderes Thema.

Montag, 29. März 2010

Das 145. Treffen der Montagsspieler (7/2010) am 08.03.2010

Drei, drei, drei, wer bietet mehr als drei. Herbert und ich gehören zur Stammmannschaft, wird sind fast immer dabei. Heute kommt Rainer von der Auswechselbank dazu. Und ich habe gleich zwei Spiele vorbereitet, an denen heute kein Weg vorbei führt. Als erstes kommt GONZAGA von dV games bzw. Abacusspiele auf den Tisch. Ich bin der beste Seher und gewinne mit Abstand (106 P.unkte) vor Herbert (84 P.) und Rainer (78 P.). So mancher „glückliche“ Umstand und auch blutige Anfängerfehler meiner Mitspieler – offensichtlich machen sie mehr Fehler als ich – lassen mich als strahlenden Sieger aus der Partie hervorgehen. Wie GONZAGA ist, erfahren Sie hier demnächst in einer Rezension. Den Abend beschließt eine abgebrochene Partie SANTA TIMEA.

Mittwoch, 24. März 2010

Rezension: Level X

Stefan Risthaus: LEVEL X für 2 bis 4 Personen, Schmidt Spiele 2010

Thema
Was braucht ein Würfelspiel ein Thema?

Optik
Die Wiedererkennung der EASYPLAY-Reihe ist gegeben. LEVEL-X ist bunt, poppig und auch ein bisschen schrill.

Mechanik
Mit vier Würfeln treibt man seine Figuren auf sechs Bahnen nach vorne. Die 10er und 9er Bahn sind kurz, nach nur zwei Feldern steht man schon auf dem X. Um bei der 5 oder 6 ins Ziel zu kommen, braucht man vier Schritte. Die Würfel darf man beliebig aufteilen. So man vier Fünfer würfelt, dürfte man auch gleich bei den Fünfern ins Ziel ziehen. Wird man aber kaum machen, denn mit vier Fünfern kommt man auch auf das Zehner-X-Feld. Das bringt immerhin 10 statt 5 Punkte. Wie aufteilen, diese Frage stellt sich immer wieder aufs Neue. Schließlich will man – wenn man schon auf dem X steht – jedes Mal abräumen. Und wer zuerst alle Punktechips von der 10 bis zur 5 eingesammelt hat, wird mit dem höchsten Bonuschip – immerhin 15 Punkte – belohnt. Also hechelt man entweder den hohen Punktechips oder den Bonuschips hinterher.
Aber ehe man sich versieht, fliegt man wieder vom lukrativen X-Feld, denn – nur da! - ist Schlagen erlaubt. Auf allen Feldern davor besteht absolute Friedenspflicht. Und was ist, wenn man schlecht würfelt: Mehr als ein Einser, was dann? Dann darf man alle bis auf eine Eins auf beliebige Werte drehen. Es lebe der „Lucky Loser!“

Fazit
LEVEL-X bietet genau das, was ich von einem Würfelspiel erwarte. Es ist knackig, es ist kurz – ein lockeres Spiel mit der Portion Wiederspielreiz. Auf der nach oben abgeschlossenen HECKMECK-Skala bekommt es von mir 68,54 %. Sie wundern sich über Komma-54-Prozent? Ich mich auch … aber eine 100%-Skala muss man doch ausreizen, oder? Sonst könnte man doch auf Dauer kein Ranking erstellen.

Ranking
HECKMECK AM BRATWURMECK bleibt unerreicht. BLUFF verteidigt seinen zweiten Platz. Ebenfalls deutlich vor LEVEL-X steht NUMERI (zu viert!), kurz hinter LEVEL X kommt HOPPLADI HOPPLADA. Und danach alles andere und das, was ich bis heute schon wieder vergessen habe. Irgendwas Wichtiges darunter?

Montag, 22. März 2010

Das 144. Treffen der Montagsspieler (6/2010) am 01.03.2010

Drei ist die magische Zahl – auf absehbare Zeit. Michael, Herbert und ich treten heute an. Schnee und Eis sind aber längst keine Ausrede mehr … die anderen sind aber trotzdem entschuldigt.

Auf Herberts besonderen Wunsch spielen wie erneut MACHTSPIELE. Ist ja auch ein gutes Spiel, so lebensnah. Und wie immer gewinnt Herbert. Er hat da so seine Strategie, die er heute wieder knallhart durchsetzt. Wer genaueres wissen will, muss die nächste Ausgabe der Fairplay lesen (#91), die nach den Osterferien erscheint. Hier im Blog steht bereits ein Ersteindruck von MACHTSPIELE. Die Partie dauert kaum länger als das Regelerklären. Sind doch verdammt viele Regeln, die erklärt werden müssen. Im Spiel merkt man nicht mehr so viel von den vielen Regeln. Alles ist eingängig, es läuft … nicht für mich. Mir liegt das Spiel irgendwie gar nicht, aber mit dem bisschen Erfahrung der letzten Partie sichere ich mir wenigstens noch den zweiten Platz. Herbert erfüllt die Siegbedingung. Ich komme in der Zeit auf zwei und Michael nur auf einen Punkt.

Als Absacker kommt noch LEVEL X aus der Schmidtschen Easyplay-Reihe auf den Tisch. Über dieses Würfelspiel folgt Mittwoch eine Rezension. Bei LEVEL X habe ich das beste Würfelhändchen. Mit purem Würfelglück komme ich auf 139 Punkte, Michael auf 123. Herbert ist offensichtlich noch von MACHTSPIELE ausgepowert, er wird mit nur 113 Punkten Letzter.

Mittwoch, 17. März 2010

Das 17. Großspielen am 02.02.2010

… ist eigentlich eher ein Kleinspielen, denn wir bleiben nur zu sechst. Kein Klingeln an der Tür. Kein Eintrudeln nach und nach. Ist wohl doch immer noch zu kalt, zu eisig, zu glatt. Da scheut sich mancher die Anfahrt. Und neuerdings hat sich ja auch die Anfahrt nach dem Umzug aufs Land für zwei sogar verlängert. Wir können sofort loslegen. Heute wird gestaupt, wir spielen zwei Spiele von Reinhard Staupe und einen alten Kinderkracher.

Zuerst kommt VERTIPPT-NOCHMAL! auf den Tisch. Der Titel hat mich ja sowas von in die Irre geführt. Ich dachte an Tippfehler, die man suchen muss. Alles Quatsch, und als wir es denn spielen, dämmerte es auch wieder. Hatten nicht während des Jury-Abends in Essen am Nachbartisch ein paar aufgeregte Damen so doll gelacht und gegackert, dass sie locker den ganzen Essener Saalbau unterhalten haben? Was treiben die da …
Wir treiben es jetzt auch, und zwar an unserem Wohnzimmertisch. Wir spielen – nach den Regeln und ganz gesittet – VERTIPPT-NOCHMAL! Und haben auch unseren Spaß, sogar sehr großen Spaß, den Ratespieler gekonnt auf die richtige Spur zu setzen. Wenn er da nicht mitspielt, können wir ja nix dafür, dürfen ihn aber trotzdem auslachen. Und weil jeder mindestens ein Mal Ratespieler ist, wird über jeden mal gelacht … oder wie im Fall von Inga über ihr Einfühlungsvermögen gestaunt.
Eigentlich ist das Spiel ja ganz einfach. 12 Begriffskarten liegen aus, eine davon wir ausgewählt. Der Ratespieler muss dazu die Augen schließen. Dann dürfen wir anderen reihum einen Tipp geben, um die gesuchte Karte möglichst gut zu beschreiben. Allerdings nicht irgendeinen Tipp, einen von fünf Wörtern von der obersten Karte unseres Stapels. Welches Wort passt wohl zu „Teufel“. „Herrisch, gerecht, finden, niemals, mobil?“ Welches man auch wählt, der Rater muss sich für eine der 12 Karten entscheiden. Und tippt er tatsächlich richtig, darf der Tippgeber zwei Karten von seinem Stapel entsorgen – macht zwei Minuspunkte weniger. Tippt der Rater allerdings falsch, kommt die gewählte Karte aus der Tischmitte unter seinen Stapel – einen Minuspunkt mehr. Und er muss so lange ran, bis er die richtige Karte gefunden hat.
VERTIPPT-NOCHMAL! lebt natürlich von der Situationskomik … Selbst wir Westfalen, genauer Münsterländer, die ja schon mal zum Lachen in den Keller gehen, haben sehr viel Spaß am Spiel. Besonders natürlich über mich, wenn ich einfach nicht drauf komme … aber das liegt wohl nur daran, dass sich die anderen einen Spaß mit mir erlauben. Und das nächste Mal zahle ich es ihnen heim! Sowieso und überhaupt! Wenn ich vor lauter Lachen noch daran denken kann.
Inga gewinnt souverän mit nur 3 Minuspunkten. Sie kann sich am besten in unsere Denke einfühlen, findet Begriffe sofort oder gibt so gute Hinweise, dass ihre Handkarten (=Minuspunkte) so dahin schmelzen.

Reinhard Staupe: VERTIPPT-NOCHMAL! für 3 bis 8 Personen, Heidelberger Spieleverlag 2009

Und weil uns der letzte Staupe so gut gefallen hat, geht’s gleich mit seinem SCHÄTZEN SIE MAL – REICH & SCHÖN weiter. Das hat ja was von ANNO DOMINI, allerdings kommt es nicht darauf an, ein Ereignis in einer Zeitreihe zu platzieren. Man muss vielmehr gut schätzen – sagt ja schon der Titel. Schätzen Sie mit, ich habe eines der 180 Ereignisse für Sie: „Die erste Miss World wird gewählt. In welchem Jahr fand die Wahl statt?“ So, Sie können jetzt großzügig an die Sache rangehen: 1950 bis 1966. Der nächste ist mutiger: 1967 bis 1971. Ich sage 1949 bis 1970. In die Wertung kommt nur, wer innerhalb seiner Spanne die Jahreszahl einschließt. Na? Wann war's? … 1960 … falsch … 1951! Der mit der kleinsten Spanne am nächsten heran kommt, bekommt 3 Punkte, der nächste zwei, dann einen. Alle anderen gehen leer aus.
SCHÄTZEN SIE MAL lebt natürlich von den Fragen, die müssen das Spiel heraus hauen. Beim Großspielen machte SCHÄTZEN SIE MAL allerdings keine so gute Figur. Uns waren die Fragen dann doch zu abseitig, als dass sie wirklich Pepp ins Spiel brachten. Schade eigentlich, denn von der Anlage ist SCHÄTZEN SIE MAL ein mehr als solides Spiel. Nur nicht für's kleine Großspielen. Wahrscheinlich hatten wir nur Pech bei der Auswahl der Fragen. Die wirklich guten schlummern noch in den beiden ungeöffneten Kartenpaketen.
Ich bin der Meister des Schätzens und gewinne mit 6 Punkten, wobei wir nicht die geforderten 10 Runden spielen.

Reinhard Staupe: SCHÄTZEN SIE MAL - REICH & SCHÖN für 2 bis 8 Personen, Huch! & friends 2009

Für den Abschluss greifen wir zu DINGO, einem Kinderkartenspiel von Amigo. Das Spiel ist schon älter und es ist nichts anderes als Hüttendepp oder SCHNIPP SCHNAPP. Auf Kommando DINGO geben wir eine Karte weiter. Hat jemand vier gleiche auf der Hand, schlägt er in die Mitte und deklariert sich als Sieger. Ist halt immer noch … naja … doch … irgendwie … lustig! Und gar nicht so gefährlich wie ZUMA oder JUNGLE JAM. Wir sind ja nicht mehr die Jüngsten. Und gewinnen ist bei diesem Spiel gar nicht so wichtig.

Haim Shafir: DINGO für 3 bis 7 Personen, Amigo 1997

Heute spielen nur Martin, Inga, Diane, Moni, Steve und ich.

Montag, 15. März 2010

+ Egizia

EGIZIA von Acchittocca für 2 bis 4 Personen, Hans im Glück 2009

Im alten Ägypten warten diverse Bauprojekte. Wir brauchen Bautrupps und Steine – unbedingt! Und wo viele Leute zusammen kommen, müssen wir auch für Nahrung sorgen. Es entsteht ein komplexes System, und für alle und alles muss der Nil sorgen. Vom Delta bis nach Oberägypten gibt es für alles Felder, auf denen unsere Schiffe platziert werden. Setzt man auf dem Nil aber weit nach vorne, also nach oben, gibt es kein zurück. Alle Felder unterhalb des letzten eingesetzten Schiffes sind tabu – in Fließrichtung des Nils gesehen. Da muss man sich entscheiden, was wichtig oder was übersprungen und damit ausgelassen werden kann. Die Mitspieler werden es danken, denn wer oben angekommen ist, kann nichts mehr einsetzen. Nachzügler dürfen in aller Ruhe auf leer gebliebene Felder ihre Schiffe platzieren. Aber kommen sie so auch an die richtigen Dinge? An drei verschieden Bautrupps … an Steine? Sind alle Schiffe platziert, müssen die Bautrupps ernährt werden, sonst droht Strafe. Erst danach kommt man an Steine, kommt selbst ans Bauen.
Ersteinschätzung: Wir haben schon einige Zeit für die Regeln gebraucht, in etwa so lange wie wir auch gespielt haben. Es gibt sehr viele Details, die nicht sofort und vollständig in unsere Köpfe wollen. Und auch ein paar Regelfragen haben sich aufgetan. Was ist oben, was ist unten auf dem Nil? EGIZIA ist halt ein komplexes Spiel, wo alles mit allem irgendwie verzahnt ist. Aber die Bauwerke sollte man bei aller Optimiererei nicht außer acht lassen. Bauwerke liefern Siegpunkte! Für sie braucht man nicht unbedingt die ganz starken Bautrupps.
Wir spielen relativ zivilisiert, Nahrung gibt es meistens in Hülle und Fülle, so dass nur ein einziges Mal jemand mit Strafzahlungen belegt wurde. Man muss allerdings viel im Blick haben, aber meistens achtet man doch nur auf die eigenen Optionen. Was die anderen machen, kann man nur über die Auswahl der Nilfelder beeinflussen.
Acchitocca zeichnete bereits für MAESTRO LEONARDO verantwortlich, ein ziemlich interessantes Spiel von dV-Games und Abacus. Damals ein gutes, aber kein perfektes Spiel, so hieß es bereits kurz nach dessen Veröffentlichung. In den richtigen Händen hätte MAESTRO LEONARDO ein perfektes Spiel werden können. Dieser Anspruch wurde zwar mit EGIZIA in Angriff genommen, letztlich aber nicht erfüllt.
EGIZIA ist wie schon MAESTRO LEONARDO ein echt italienisches Spiel: Viele Regeln, viel Brimborium, viele Drehungen, viele Autoren. Vielleicht liegt es gerade an den vier Autoren, dass es immer noch nicht perfekt ist. Vier Autoren, die vier Vorlieben und vier Regeln im Spiel unterbringen wollen, die um das und dies diskutieren, bis einer sich durchsetzt oder man bestenfalls eine gemeinsame Lösung findet. Und mit vielen Köchen schaffen ein gutes, aber längst kein herausragendes Menü. EGIZIA ist immer noch nicht „das“ perfektes Spiel, dafür aber komplex und anspruchsvoll und mit einigen Regelunklarheiten gesegnet. Ob es auch gut ist? Ja, mindestens so gut wie MAESTRO LEONARDO.
Gewinner: Na, wer hat solche Spiele am besten im Blick? Bauchspieler Herbert? Tom, der noch den kleinsten Vorteil für sich und gegen die anderen nutzt? Oder ich als „Man sieht es oder man sieht es nicht Spieler“? Ich habe das Spiel intensiv vorbereitet, die Regel als bester drauf … da fällt mir der Sieg mit 89 Punkten wie ein reifer Apfel in den Schoß. Ich sehe den besten Zug und es interessiert mich tatsächlich. Herbert erzielt mit 78 Punkten sogar noch einen Punkt mehr als Tom.

Samstag, 13. März 2010

Das 143. Treffen der Montagsspieler (5/2010) am 15.02.2010

Drei Aufrechte finden den Weg in meine Küche. Neuerdings scheinen wir umschichtig zu spielen. Erst in der Besetzung Herbert, Tom und ich, dann Rainer, Gregor und ich. Seltener auch in der Kombi Michael, Herbert und ich. Sagt uns das was? Nö, einige laufen sich so nicht über den Weg. In der heutigen Runde haben wir uns viel zu erzählen, schaffen deshalb diesen Montag nur ein einziges Spiel. Vielleicht liegt es daran, dass wir fürs Regelerklären fast so lange brauchen, wie fürs Spielen.
Tom

Mittwoch, 10. März 2010

Portrait: Heidelberger Spieleverlag - Harald Bilz

Harald Bilz ist am 29.08.16 überraschend verstorben. Er wurde nur 57 Jahre alt.
Für mich war er ein eigenwilliger, aber sehr besonderer Leuchtturm der Szene. Er wird mir als Gesprächspartner fehlen.
Ein Nachruf erscheint in der Fairplay 117.



Gemischtwarenladen oder Spielekonzern?

Damals, in meiner Kindheit, gab es den Laden von Tante Fillis. Oder hieß sie Phyllis? Egal, dieser Laden war ein Magnet. Dort gab es alles, wirklich alles, und für uns Kinder auch in kleinsten Mengen. So eine Art „Bude“ mit Kolonialwaren, so hieß das damals – an der Hauswand stand's, die Farbe blätterte schon ab. Und alles, naja fast alles gibt es auch von den Heidelbergern, manchmal auch zu kleinen Preisen, jedenfalls während der Spieletage in Essen. Jeder, der schon mal dort war, kennt den Stand der Heidelberger. Abgezäunt, mit einem Eingang und einem Ausgang. Wenn es gar zu voll wird, wird sogar der Zugang abgeriegelt. Dort liegt alles gestapelt, auf Paletten, so wie beim Discounter. Spiele, hiervon und davon, meistens billich, billich, billich. Ein echter Messemagnet.
In Essen wird direkt verkauft und auch verramscht. Dazu wurde letztes Jahr jede freie Fläche in der Halle 9 genutzt. Wenn man in die Halle herunter geht, links neben der Treppe, liegt das Logistikzentrum der Heidelberger. Ich war einmal drin. Bei den Mengen an Spielen dort, muss deren Lager zu Hause leer sein, so leer, dass sich keine Maus mehr darin verstecken kann. Mit wie vielen LKW haben die das alles nach Essen geschafft? Alles wird verkauft, alles muss raus, selbst die die skandinavische Ausgabe von KÄSE MÄUSE CHAOS. Aber die Stände in Essen sind nur eine Facette der Heidelberger, Geschäfte laufen auf allen Ebenen, zumal neben den Verkaufsständen auch noch Verlagsstände für eigene Neuheiten in Essen stehen. Man könnte trotzdem meinen, die Hälfte der Halle 9 gehörte 2008 den Heidelbergern.
Harald Bilz will – nach eigenen Worten – Geld verdienen. Schlimm, oder? Keine Spur Idealismus mehr, aber nur so kommen wir Spieler an ausgezeichnete Spiele. Man denke nur an die Spiele aus Tschechien, an SPACE ALERT und GALAXY TRUCKER. Oder das Wiederauferstehen von Moskito Spiele mit dem ausgezeichneten TRIBUN. All das läuft nur mit oder wegen der Heidelberger. Mit diesem Ansatz klappt es doch gut, denn wer Geld dafür bekommt, liefert auch pünktlich. Harald Bilz sind auf jedem Fall die Menschen lieber, auf die er sich verlassen kann. Nur auf Idealismus, so scheint es bei ihm durch, kann man nichts bauen, jedenfalls nicht auf Dauer und um davon zu leben.
Aber als Idealist hat er mal angefangen. Damals, vor ewigen Zeiten – im Team mit Gutbrod und Kröhn ... als Harald Bilz noch Co-Autor war. Was waren das für Spiele? Ich erinnere mich noch gerne an das originelle PFUSCH, bei dem Knete eine große Rolle spielte. Richtige Knete, in der entweder Holzklötzchen waren oder nicht, gepfuscht wurde oder eben nicht. Ein Spiel mit hintergründigem Witz. Ob die Knete wohl schon eingetrocknet ist? Oder TOURISTEN-NEPP, ein eher schräges Spiel, bei dem die Macher sicherlich mehr Spaß am Spielemachen hatten, als alle Spieler beim Spielen. Der gelbe Koffer hat auf jeden Fall wegen seines ausgefallenen Inhalts einen Stammplatz in meiner Sammlung. Oder das total schräge, aber ganz nette NEOLITHIBUMM, bei dem Kieselsteine gestapelt werden müssen. Die Schachtel hat ganz schön Gewicht. Aber diese Zeiten sind vorbei, es geht nicht mehr spinnert zu. Zumal es damals finanziell zeitweilig richtig eng geworden ist.
Das es wieder aufwärts gegangen ist, dafür sorgte und sorgt vielleicht auch Petra Becker – wie Harald Bilz frei eingesteht – das Arbeitstier der Firma. Es gibt viel zu tun, nicht nur mit Handel und Verlag. Die Heidelberger haben sich sogar etwas für ihre Auszubildenden überlegt, für deren Bildung sie sorgen. Im Büro steht eine kleine Auswahl an Literatur. Wer immer sich ein Buch dort ausleiht, es liest und dann ein paar einfache Fragen beantworten kann, wird mit 50 € belohnt. Das Ergebnis … nix, null, nada, keiner liest – auch für 50 € nicht. Ob die Azubis wenigstens spielen, oder ob für sie Spiele nur Ware sind? Auch der Gesundheitsschutz wird groß geschrieben. Wer bei der Arbeit, auch in der Pause nicht raucht, bekommt ebenfalls 50 €. Und falls jemand die Mittagspause zu Hause verbringt, kontrolliert Petra Becker den Rückkehrer. Sie riecht an den Mitarbeitern … „Quatsch, das tust du nicht!“ sagt der Bilz. Ob er's nur nicht weiß? So wie er nicht weiß, welchen Beruf die Azubis genau erlernen. Groß- und Außenhandelskaufmann? Kommunikationsdesigner? Man merkt, Harald Bilz hat seinen Laden im Griff. Wie viele Mitarbeiter? So 15 … vielleicht, wahrscheinlich, oder auch nicht. Trotzdem läuft der Laden, vielleicht auch wegen der Arbeitsteilung. Petra Becker arbeitet und Harald Bilz kennt Hans und Franz, schafft Kontakte und hat alle lieb – sagt er jedenfalls. Und dann gibt’s da ja eigentlich noch einen dritten Eigentümer. Peter Gutbrod hat allerdings kein Interesse mehr an Spielen, arbeitet aber dann und wann noch mit.
So entsteht ein „Spielekonzern“ aus Einzelhandel, Großhandel, Distribution und Verlag. Als Einzel- und Großhändler nimmt Heidelberger jedes Spiel in den Verkauf, ist für jeden Einzelhändler erreichbar. Das ergibt die für den Großhandel übliche Marge. „Ist nicht arg viel, da wird man nicht reich von.“ Sehr viel intensiver ist der Einsatz für die Verlage, die von den Heidelbergern vertrieben werden oder für deren deutsche Teilauflage sie sorgen. Hier arbeitet Heidelberger auch als Redaktion und Pressestelle, bringt sich für die Verlage ein, redet aber auch beim Programm mit. Alea-Spiele laufen über Heidelberger, aber auch Truant, Ulisses, Moskito … So eine enge Zusammenarbeit erhöht natürlich die Marge. Petra Becker und Harald Bilz wollen ihren Laden, ihr Prämienprogramm für Leser und Nichtraucher schließlich am Laufen halten.
Und dann gibt es ja noch den Heidelberger Spieleverlag und die Co-Produktionen. Mal produziert Heidelberger, und die Partner-Verlage aus dem Ausland kaufen die Spiele oder auch umgekehrt. Oder die Heidelberger geben Lizenzen und die ausländischen Partner produzieren selbst. Oder Heidelberger übernimmt komplett die deutsche Ausgabe. Da sind alle möglichen Mischformen denkbar, je nachdem wie gut und wie eng man mit den in- und ausländischen Verlagen zusammen arbeiten kann. Fantasy Flight ist hier ein großer Partner. Das ist sicher auch eine Frage der Chemie, aber Harald Bilz hat ja alle lieb, das wissen wir ja schon. Für diese Co-Produktionen ist Harald Bilz immer auf der Suche nach neuen interessanten Spielen. In Essen hält er danach Ausschau, dort werden die ersten Kontakte angebahnt und wird auch mal über den Tellerrand geschaut. Was gibt es in anderen Bereichen, was wird woanders so „gespielt“? Nicht nur mit Brett und Karten?
Deshalb ist die Bandbreite der Heidelberger Spiele so groß. Vom mehrstündigen Strategiekracher bis zum Party-Spiel für größte Spielegruppen, der Katalog ist vielfältig und bunt. Man ist breit aufgestellt. Das kann sich der Verlag offensichtlich gut leisten, weiß doch Harald Bilz aus seiner prähistorischen Vergangenheit, was Selbstbeschränkung bedeutet. Damals, vor Jahrzehnten, lagen seine Spiele alle auf einer Linie. Er und sein Verlag spielten eine bestimmte Rolle, waren auf diese Rolle festgelegt. Das Fossil hat aber geschäftlich längst die Rolle des Jux-Typen abgelegt und ist jetzt Chef. Wie gut man mit diesem Chef Kirschen essen kann, vermag ich nicht zu sagen. Sicher pflastern auch einige Leichen seinen Weg. Kollege Heller weint immer noch dem Geld für sein Abo für die Spielzeit hinterher. Kurz nach seiner Zahlung stellte das Blatt sein erscheinen ein, und alle Abonnenten guckten in die Röhre. Aber wegen dieser Erfahrungen und bei der Bandbreite seiner Geschäftskontakte muss der Mann ungeheures Verhandlungsgeschick und auch Durchsetzungsvermögen mitbringen. Oder er setzt auf seine alte Strategie, die ich selbst schon oft genug am eigenen Leibe erfahren habe: Ein Bilz sagt mehr als tausend Worte. Mir war nach solchen Gespräche immer schwindelig ...
Würden Sie gerne bei den Heidelbergern arbeiten, damit aus dem Gemischtwarenladen ein Konzern wird? Ich kenne Sie, Sie wollen doch nur die Prämien kassieren. Bücher lesen Sie sowieso und rauchen tun Sie auch nicht. Aber Sie sollten Spiele auch als Ware sehen, dann dürfen Sie bei den Heidelbergern in die Lehre gehen.

Wolfgang Friebe

Sonntag, 7. März 2010

+ R-Öko

R-ÖKO von Susumi Kawaski für 3 bis 5 Personen, Amigo 2010

Das soll ja ein internationaler Hit sein. In Japan und Amerika. Hier bei uns spricht der Titel allerdings so gar nicht zu uns. Was heißt das denn? RÖKOko, RÖKOlogie? Ist ja egal, bekanntermaßen sind echte Spieler ja nicht sonderlich wählerisch beim Thema, Hauptsache das Spiel fluppt. Wir spielen Karten (Wert 1 oder 2) aus, sortieren sie einem der vier Punktestapel zu. Liegen dort Karten im Wert von vier oder mehr, bekommt man die obenliegende Punktekarte. Andernfalls den Abfall auf der anderen Seite der Punktekarte. Den will man nicht unbedingt, denn wer mehr als fünf Karten hat, muss die Überzähligen ablegen (je ein Minuspunkt). Wird die Punktekarte nicht abgeräumt, kommen auf die Abfallseite genauso viele Karten wie man ausgespielt hat, plus eine. Da sammelt sich der Abfall.
Ersteinschätzung: Es plätschert so dahin, denn wir haben Mühe ins Spiel zu kommen. Erst nach und nach erkennen wir die tatsächlich vorhandene Güte des Spiels, die vorhandenen Kniffe und Winkelzüge.
Die Punktekarten sind gestaffelt, von der Null zur Fünf. Dazwischen gibt es aber auch eine schlechte Karte: Minus-2-Punkte. Die will natürlich keiner abräumen. Dann wird es knifflig, denn meistens liegen irgendwann in allen vier Punktestapeln die Miesen offen. Und es gibt noch einen Kniff, den wir überlesen haben. Punkte bekommt man nur für eine Sorte, wenn man mindestens zwei Punkte-Karten ergattern konnte. Da macht es auch Sinn, die Null abzugreifen; trotzdem besteht immer noch die Gefahr der Minuspunkte. Entweder durch die Minus-2-Karte oder durch mehr als fünf Karten auf der Hand. Zusätzlich wird jeder noch mit Bonuspunkten belohnt, der keine Karten als Minuspunkte aus der Hand ablegen musste.
Gewinner: Keiner, denn wir haben bei der Wertung geschlampt – zwei Karten einer Farbe – das hatten wir vergessen. Trotzdem hatten wir dennoch Spaß an R-ÖKO. Nur der Name ist ziemlich Banane.

Mittwoch, 3. März 2010

+ Titania

TITANIA von Rüdiger Dorn für 2 bis 4 Personen, Hans im Glück 2010

Wir errichten die Türme neu, die einst versunken sind. Aus der Mitte des Bretts fahren drei Schifffahrtslinien los. Die ausgespielte Karte bestimmt, welche Linie fährt. Wohin bestimmt man selbst. Unterwegs sammeln wir Muscheln unterschiedlicher Farbe und auch Seesterne. Oder Siegpunkte. Oder zusätzliche Karten. Die braucht man immer. Egal, was man macht, man darf immer nur drei Karten bewegen. Zwei ausspielen, eine nachziehen - keine ausspielen, drei nachziehen, etc.

Mit den Muscheln als nötiges Baumaterial zieht man zu den Baufeldern, die sind angrenzend zu den Turmfeldern. Wer zuerst kommt, darf billig bauen. Das erste Geschoss kostet nur eine Muschel, jedes weitere eine Muschel mehr. Bis zu vier Geschosse dürfen Türme hoch werden. Seesterne darf man nur einsetzen, wenn man gerade mindestens einen eingesammelt hat. Seesterne bringen Extrapunkte für Turmgeschosse. Allerdings lässt sich jedes Turmfeld nur einmal mittels Seestern werten, und für jeden Turm dort muss man einen Seestern abgeben können.

Ersteinschätzung: TITANIA ist ein „Man-sieht-es-oder-man-sieht-es-nicht-Spiel.“ Dass ich nichts sehe, liegt nicht nur an mir. Die Farbwahl ist einfach schlecht, viel zu dunkel und zu wenig unterschiedlich. Auch sind der Möglichkeiten viel zu viele. Das driftet irgendwie ins Beliebige ab.

Man muss allerdings immer im Auge behalten, wie viele Schiffe einer Schifffahrtslinie noch im Spiel sind. Ist eine Farbe – es sind ja nur drei – aufgebraucht, endet eine Runde. Nach der zweiten Runde wird dann endlich abgerechnet. Wie sagte jemand so schön treffend, leider nicht bei den Montagsspielern, sondern schon in Nürnberg auf der Messe: „Ich sehe es, aber es interessiert mich nicht!“ So geht es mir auch … allerdings habe ich nur die Hälfte gesehen und so gar nicht an die punkteträchtigen Seesterne gedacht.

Gewinner: Tom ist der Durchblicker. In der zweiten Runde holt er massiv auf, Seesternen sei Dank. Er gewinnt mit 74 Punkten. Michael hat 61, ich 58 und Herbert – unser Bauchspieler sieht gar nix – nur 43 Punkte.