Montag, 13. Dezember 2010

Rezension: Diego Drachenzahn

Manfred Ludwig: DIEGO DRACHENZAHN für 2 bis 4 Kinder ab 5 Jahren, Haba 2009

Über manche Entscheidung der Kinderspieljury habe ich heftig gelächelt, manche hat mich einfach nur gewundert. DER SCHWARZE PIRAT taugt bestenfalls zum freien Spielen, und BEPPO DER BOCK ist eine derartige Nullnummer, dass es einfach nur zum Verzweifeln ist. Wer wählt sowas nur als Kinderspiel des Jahres? Und jetzt DIEGO DRACHENZAHN! Wer ist nur auf diesen hübschen Titel gekommen, und wer hat ihn für ein derart eindimensionales Spiel verschwendet? Ist DIEGO DRACHENZAHN überhaupt ein Spiel oder nur ein Spielzeug mit kurzer Gebrauchsanweisung?

Klar, es ist ein Spiel für den Weihnachtsbaum, das wirklich jedes Elternteil kapiert. Ein schönes Zugeständnis der Jury an jeden Nichtspieler, denn das Spiel ist ja nun wirklich so flach, dass niemand untergehen kann, niemand damit baden geht. Kein Stress unter'm Weihnachtsbaum, ist das der Grund für diese Entscheidung?

Man muss ja auch nur drei Kugeln die Rampe herunter kullern lassen, das vorbestimmte Fach treffen, was allerdings gar nicht so einfach ist. Liegen alle Kugeln in den Fächern, tippen die Mitspieler, welches Fach es hätte sein sollen, in welches Fach man tatsächlich hätte treffen müssen. Für jeden richtigen Tipp geht der Drache auf dem Schachtelrand ebenso ein Feld vor, wie für jede Kugel im richtigen Fach. Schwer, oder?! Wirklich schwer ist es nur, für DIEGO DRACHENZAHN seine drei Kugel ins richtige Fach zu befördern.

Ich denke, Sie sind jetzt ebenso begeistert von diesem Spiel wie ich. Ein richtig begeisterter Anhänger von DIEGO DRACHENZAHN wurde ich aber erst, als ich während einer öffentlichen Spieleveranstaltung an drei Sonntagen im November Otto-Normal-Spielern unterschiedlichen Alters Spiele erklären durfte. An der Basis gelten tatsächlich ganz andere Regeln, andere Ansprüche, andere Meinungen. Bei Familien mit jüngeren Kindern wurde DIEGO DRACHENZAHN zum echten Hit.

 Jeder von uns Erklärern konnte DIEGO DRACHENZAHN nach drei Sätzen starten lassen, alle konnten es sofort – und mit Begeisterung – spielen. Meine Missionierungserfolge: Ein stoffeliger Vater, der eigentlich gar nicht mitspielen wollte. Ein Großvater, ein echter Cheftyp, der lieber selbst redet und erklärt. Eine Mutter von Kindern, die kognitiv viel stärker als die Mutter waren. Und auch noch eine liebe Großmutter, die ihrem Enkel vorsätzlich zum Sieg verhalf. Kinder waren sowieso nie das Problem, die waren gleich mit Feuereifer dabei. Aber DIEGO DRACHENZAHN haben wirklich auch ihre Eltern und Großeltern sofort begriffen, ganz eigenständig. Darauf waren sie mächtig stolz, hat doch sonst das eine oder andere Kind den Eltern das Spiel nochmal erklären müssen. Die blaue Jury leistet mit der Wahl von DIEGO DRACHENZAHN echte Entwicklungshilfe. Ich weiß jetzt, dass keiner am Heiligen Abend mit diesem Spiel scheitern wird.


Knapp daneben:
Ob wohl jemand außer mir die beiden Laschen auf der Unterseite der Rampe ausklappen wird, damit sie sich nicht so schnell durchbiegt? Ganz ausgereift ist die Rampenkonstruktion auch mit ausgeklappten Laschen nicht. Die Rampe wird sich immer am oberen Ende der Bande durchbiegen, die Bande ist überhaupt viel zu kurz geraten. Reichte sie bis fast ans obere Ende der Rampe, gäbe es keine Probleme mit dem Durchbiegen. Jeder Statiker hätte das gewusst. Oder ist diese Innenwölbung der Rampe gewollt?

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