Mittwoch, 30. Juni 2010

Das Ende … allen Pflichtspielens

Was jetzt folgt, ist die Kür. Endlich Zeit und Muße für Spiele, an denen man Spaß hatte, die man aber wegen des ganzen Pflichtspielens nicht intensiv genießen konnte. Für alle hauptberuflichen Spieler beginnt Ende Juni die kurze Atempause, bevor der Sturm der Neuheiten wieder herein bricht. Für manche ist diese Atempause eher ein Sommerloch, eine Saure-Gurken-Zeit. Wenigstens kündigen sich schon ein paar spielerische Böen an, dennoch … es wäre Zeit für die Kür. Ganz bestimmt dabei: DIE TORE DER WELT, MAGISTER NAVIS, TOBAGO, STONE AGE, NOTRE DAME, UNION PACIFIC, KREML … Ganz schön lange Agenda für die Kür. Vielleicht sogar LE HAVRE.
Aber alles nur schöne Illusion, denn für mich steht Fairplay Nr. 93 an, zu füllen mit noch etlichen Pflichtspielen. Das Heft schreibt sich schließlich nicht von allein. Bei der ganzen Flut ist noch längst nicht alles gespielt, längst nicht alles rezensiert. Vielleicht schaffe ich es ja trotzdem in die Kür. Nur die Jury darf sich über den Sommer zurück lehnen. Die haben ihre Pflicht getan und ein Ergebnis produziert.
Sie haben tatsächlich das Mädchenspiel DIXIT zum Spiel des Jahres gekürt, was erstens wunderschön und zweitens tatsächlich generationsübergreifend spielbar ist. Meine Tochter und meine Mutter lieben es. Nur eines ist lästig: Ergänzungskarten sind unverschämt teuer, die zwar wunderschönen naiven Illustrationen von Marie Cardouat sind auf Dauer doch zu wenig abwechslungsreich. Neue Karten mit „anderer“ Grafik und angemessenem Preis müssen her.

Das komplette Ende:

... aller Weiblichkeit (Mai 2010)
... aller German Games (April 2010)
... aller Spontankäufe (März 2010)
... aller Unterschiede (Februar 2010)
... aller Verrisse (Januar 2010)
... allen Suchens (Dezember 2009)
... aller Neutralität (November 2009)
... aller Schnäppchen (Oktober 2009)
... aller Vorbestellungen (September 2009)
... aller Originalität (August 2009)
... allen Siedelns (Juli 2009)
... des Jahrgangs (Juni 2009)

Sonntag, 27. Juni 2010

Das 21. Großspielen am 01.06.2010


Der erste Dienstag im Monat: Großspielen ist angesagt. Wir sind heute zu neunt und nehmen uns als erstes das Schwesterspiel von VERTIPPT-NOCHMAL! vor. EINSATZ-BITTE! Ist ebenfalls von Reinhard Staupe und hat eine durchaus ähnliche Anlage, ganz sicher jedoch eine optische Ähnlichkeit. Statt orange ist hier alles grün. Wir schaffen aber gerade mal eine Runde, denn so richtig törnt uns das Spiel nicht an. Zu beliebig oder doch zu einfach lässt sich der vorgegebene Halbsatz so geschickt ergänzen, dass das eigene Team den gesuchten Begriff erraten kann. Man kann Sätze ganz schön verbiegen. Das geht dann so:
Sanduhr starten, Begriffskarte nehmen und geheim lesen, Halbsatzkarte vorlesen und so ergänzen, dass … natürlich genau der gesuchte Begriff erraten wird. Und bitte keine Kettensätze, keine Namen – weder von Personen noch von Städten oder Ländern. Und? Kommt wer drauf? Wenn ja, gleich die nächste Begriffskarte mit einer neuen Halbsatzkarte. Wenn nicht, dann Karten weg und mit einem neuen Paar weiter. Kleine Trockenübung für Pudding: „Wenn es einen Sturm gibt, dann...“ Und kommen Sie mir nicht mit falschen Bezügen, … „koche ich diese süße Nachspeise mit Vanille“ bestimmt nicht, wenn es Sturm gibt. Ein kausaler Zusammenhang ist bei 99 von 100 Fällen bestimmt nicht vorhanden.“ Das Fazit zu EINSATZ-BITTE! gibt es in der kommenden Ausgabe 92 der Fairplay.

Um die große Runde mit einem üblichen Aktions- oder Partyspiel zu beglücken, habe ich ganz tief in meine Sammlung gegriffen und das übersehene CRO-MAGNON von Kosmos hervor gezaubert. Obwohl für 12 Personen mussten noch ein paar Ersatzfiguren beschafft werden, denn nur für sechs Spieler sind Figuren dabei. Ab sieben Personen hätten wir in Teams spielen sollen, aber das wollten wir nicht. Jeder will schließlich für sich allein gewinnen. Die Kritik hierzu folgt in Kürze und die Cro-Webseite von Bioviva ist ein Besuch wert. Unbedingt mal den CRO-DJ ausprobieren. Bunga!

Auf Jürgens Vorschlag haben wir dann noch Kneipenbluff gespielt. Gar nicht so schlecht, auch wenn wir nicht um Runden gespielt haben. Jetzt bleibt nur noch eine Frage zu klären: Gab es zuerst BLUFF bzw. dessen amerikanisches Vorbild LIAR'S DICE oder doch dieses durchaus sehr ähnliche Kneipenbluff?

Heute spielen Diane, Moni, Andrea, Martin, Jürgen, Steve, Eva, Inga und ich.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Rezension: Dominion – Die Alchemisten

Donald X. Vaccarino: Dominion – Die Alchemisten für 2 bis 4 Spieler, Hans im Glück 2010

Darauf haben alle gewartet, sehnsuchtsvoll und doch auch voller Hoffnung. Kaum dass man alle „alten“ Karten durchgespielt hat, giert man schon wieder nach neuen. Natürlich! Neue Karten – neues Glück für alle DOMINION-Junkies. Und das sind bestimmt nicht wenige, DOMINION besitzt zweifelsfrei zurzeit den größten Suchtfaktor. Deshalb wird genommen, was kommt.
Und nach dem eher durchwachsenen SEASIDE beglücken uns jetzt DIE ALCHEMISTEN. Die entfachen das DOMINION-Fieber so richtig, mit Tränken und allerlei Alchemisten-Wunschträumen: Stein der Weisen, Golem … Man muss nur für vier Geld einen Trank kaufen, damit man an die Alchemistenkarten kommt und so auch neue Kartencombos ausprobieren kann. Oder kauft man doch noch mehr Tränke!?
Dass die Decks dabei erstmal wieder dick und dicker werden, also immer mehr Karten beinhalten, das Spiel dadurch länger dauert, ist nicht beunruhigend. Jetzt kann das Spiel tatsächlich auch wegen drei leer geräumter Stapel zu Ende gehen. Das passierte früher nur sehr, sehr selten. Dass man entweder mit nur sehr wenigen Punkten Unterschied gewinnt oder verliert, lässt sich als Sieger locker verschmerzen, macht es aber je nach Ausgang spannend oder nervig. Mit nur einem Punkt weniger zu verlieren, kostet mich jedenfalls fast immer die Beherrschung. Niemand sollte sich seines Sieges sicher sein, denn wo Mangel herrscht, Spieler fremdbestimmt agieren müssen, kommt man so schnell nicht an Provinzen. Es geht unter Alchemisten schon sehr vertrackt zu. Und das ist nicht nur gut, das ist sogar besser, gerade weil die Alchemie von Lug und Trug lebt.
DOMINION – DIE ALCHEMISTEN finde ich erstens kniffelig, zweitens fordernd und drittens super. Aber vielleicht bin ich ja nur von den „uralten“ Karten aus Basisspiel und DIE INTRIGE entwöhnt. Ich lasse mich aber gerne wieder anfixen, auch wenn kaum Karten in der Schachtel sind und diese Ergänzung fast schon unverhältnismäßig viel Geld kostet. Aber so ist das mit der Sucht. Geld spielt dann keine Rolle mehr. Und Tränke kosten ja wirklich nicht zu viel, wenn man erstmal auf den Geschmack gekommen ist ...

Sonntag, 20. Juni 2010

Das 151. Montagsspielen (13/2010) am 31.05.2010


Der Alltag hat uns wieder, erneut wieder nur zu Dritt widmen wir uns Hamburgs Speicherstadt. Und heute lerne ich mal die harte Seite dieses Spiels kennen. Bei DIE SPEICHERSTADT muss ich die Hosen herunter lassen. Herbert und ich prügeln uns um die Feuerwehrleute. Das nimmt ein ganz böses Ende, das Spiel ist da gnadenlos. Ich bin mir allerdings wieder nicht sicher, ob es mir (heute!) gut gefällt oder nicht. Nach ein paar mehr Partien gibt’s in der 92. Ausgabe der Fairplay mein Urteil zu lesen. Mit nur 16 Punkten bin ich auf jeden Fall mal wieder der Loser. Herbert schafft 26 und Ersttäter Michael wird als lachender Dritter mit 28 Punkten dann tatsächlich zum Sieger.

Quasi zur Entspannung für all die erlittene Unbill kommt noch die neueste Erweiterung von DOMINION noch auf den Tisch. Ich will nicht verhehlen, dass uns die vier neuen Karten aus DIE ALCHEMISTEN gut gefallen. Herbert hat die Nase vor und gewinnt mit 49 Punkten. Ich folge mit 29 und Michael verliert mit 17 Punkten. Meine Kurzrezension folgt in Kürze.

Donnerstag, 17. Juni 2010

Donald X. Vaccarino: König von DOMINION

Donald X. Vaccarino
Jetzt ist der Mann wirklich da. Eigentlich habe ich ja nicht mehr damit gerechnet, dass Donald X. Vaccarino leibhaftig zu den Essener Spieletagen auftaucht. Er hätte ebenso ein Phantom bleiben können wie der an dissoziativer Identitätsstörung leidende Michael Tummelshofer, Autor von STONE AGE. Das wäre marketingtechnisch für Hans im Glück und Rio Grande sicher nicht das Schlechteste. Donald X. Vaccarino als ewig währender Quell für alle möglichen Spekulationen: Niemand will für DOMINION verantwortlich zeichnen. Richard Garfield hat seine Hände im Spiel. Donald X. Vaccarino ist aber leibhaftig anwesend. Hat eigentlich jemand seinen Pass kontrolliert? Wird so ein Mensch aus Amerika auch datentechnisch so erfasst wie alle Touristen, die nach Amerika fahren? Kann man das nachprüfen, ist das wirklich Donald X. Vaccarino? Oder nur ein Schauspieler, der so tut, als wäre er ein skurriler Spielerfinder aus Amerika?

Donald IX. Vaccarino
Aber jetzt gibt es kein Zurück. Donald IX. Vaccarino muss auf die Bühne. Die Verleihung des Deutschen Spielpreises ist ein Pflichttermin, ist er doch nicht zur Spiel-des-Jahres-Verleihung erschienen – was nebenbei bemerkt, die Gerüchte um ein Phantom erst noch beflügelt hat. Oben auf der Bühne fühlt sich das leibhaftige Phantom sichtlich unwohl. Das Rampenlicht ist nicht sein Ding, das ist deutlich zu spüren. Versteckt er sich nicht sogar hinter Jay Tummelson? Der Verleger von Rio Grande muss ihn beschützen, vor zu viel Aufmerksamkeit und dem Blitzlichtgewitter. Ob Donald IX. Vaccarino überhaupt gekommen wäre, wenn er das alles vorher gewusst hätte? In Essen seien mehr Fotos von ihm gemacht worden, als in seinem ganzen Leben zuvor. Also schaut er auf der Bühne ganz professionell drein. Das gelingt ihm ebenso wenig, wie rechtzeitig die Hand von Dominique Metzler loszulassen. Einen zu langen Augenblick kleben die beiden aneinander. Er scheint unendlich erleichtert, als sich Frau Metzler mit einer Frage an Jay Tummelson wendet. So ein Rummel um seine Person ist ihm gar nicht geheuer. Zumal fast alle um ihn herum Deutsch sprechen, und er das gar nicht versteht. Spielt er deshalb mit den Vorhängen?

Donald VIII. Vaccarino
Und dann diese Interviews, viele, viele Interviews. Aber da gibt es glücklicherweise kein solches Blitzlichtgewitter wie beim Deutschen Spielepreis, das ist eine intime Geschichte, das erledigt Donald VIII. Vaccarino ein bisschen entspannter. Da bin ich viel angespannter, nötigt er mir doch meine ganze Aufmerksamkeit ab. Er redet, er redet schnell ... und ich habe Mühe, all das warum, wieso, weshalb aufzunehmen. Mein Diktiergerät kann das besser: Ob er mit dem Erfolg gerechnet habe? Was für eine Frage?! Der Mann wird vom Erfolg überrollt, die Frage kann ich mir getrost klemmen. Welche Frage ihm wohl am häufigsten gestellt wurde? Da denkt er nach und klappert mit dem Glas … und grinst mich an. Diese Frage wurde ihm bereits gestellt. Nur dass er darauf noch gar nix antworten konnte, weil er noch zu gar nix befragt wurde. Aber die Frage nach dem Erfolg von DOMINION wurde schon oft gestellt. Und ob es sein erstes Spiel sei? Und ob er überrascht ob der ganzen Auszeichnungen sei? Nein, nein, nein … auf alle Fragen ein klares Nein. Natürlich hat er den Erfolg erwartet, spätestens in dem Augenblick, als seine Freunde die ganze Nacht DOMINION statt MAGIC spielen wollten. Und über die Preise hat er sich gar keine Gedanken gemacht, er kannte sie schlicht und einfach nicht. Was ist schon das Spiel des Jahres für Amerika?

Donald VII. Vaccarino
Er nimmt sich sogar Zeit für die Messe, wenigstens ein bisschen. Morgen, am Samstag, da geht er rum. Kaufen will er aber nichts, für andere Spiele neben DOMINION fehlt im schlichtweg die Zeit. Gut, zwei Spiele stehen doch auf seiner Liste: TOBAGO und ein Spiel, bei dem man erst aufbaut und einem dann alles zerstört wird. Von irgendwelchen Tschechen. Sonst drückt er sich lieber in heimischen Gefilden rum, bleibt am Stand von Rio Grande Games. Da spricht man Englisch, da fühlt er sich wohl. Aber ein paar wenige mitgebrachte Prototypen treiben ihn doch um. Sie sind zwar noch nicht so, wie er sie gerne haben möchte. Aber hätte er sie zu Hause gelassen, hätte er sich unwohl gefühlt. Das hört sich so an wie die Geschichte mit dem Regenschirm. Den nimmt man nur mit, weil es dann nicht regnet. Dutzende Prototypen sind in den letzten Jahren entstanden, fünf werden gerade begutachtet. Er weiß aber auch, dass für ihn DOMINION noch lange das Maß der Dinge sein wird. Ob es ihm so ergehen wird wie Klaus Catan? Ein ewiger Donald VII. Dominion?! Er selbst sagt: „It's hard to top DOMINION.“ Da müsste er schon so etwas nachlegen wie CARCASSONNE oder RA. Das wären für ihn die Art Spiele, die zu erfinden ihm sehr gefallen hätte.

Donald VI. Vaccarino
1994 war es so weit, er war reif für mehr. Vor 1994 kannte er nur MAGIC. Aber dieses Spiel zog Kreise. Neue Mitspieler, neue Spiele. Gamer's games, die guten alten amerikanischen Schätzchen von Avalon Hill bereiteten den Weg zu Nizia-Games. Statt COSMIC ENCOUNTER Spiele des Dr. Nizia. Die kauft er in seinem örtlichen Spieleladen, von denen gibt es das größte Angebot, alle sind mehr oder minder gut, bestimmt aber höchstwahrscheinlich. Und er spielt jede Nacht ... eine Zeit lang. Er nennt die Spiele von Dr. Nizia europäisch, für ihn sind es keine German Games. Wir könnten uns da wie die Schweizer hinstellen und kleinkariert fragen: „Wer hat's erfunden?“ Aber wir sind großzügig, solange unser Dr. Nizia vorne steht. Wo doch die Amerikaner das K nicht wirklich hörbar aussprechen. Hört sich doch auch viel sympathischer an, als Knizia mit dem Knack-K. Europäische Spiele müssen für Donald VI. Vaccarino gar nicht unbedingt aus Europa stammen, sie müssen nur deren Grundsätze übernehmen. Der Kampf um Siegpunkte und nicht das Eliminieren muss im Vordergrund stehen, ebenso wie die Mechanik vor dem Thema steht. Und ausbalanciert muss es sein, und gar nicht so aggressiv. Mit wenig „downtime“. Solche Spiele gefallen ihm. In diesem Sinn ist DOMINION ein durch und durch europäisches Spiel. Ein bisschen Angriff ist dabei, aber eben nicht dominierend. Und Ausscheiden tut auch keiner. Sowas fände er richtig schlecht.

Donald V. Vaccarino
Der Mann ist vielbeschäftigt. Und fast ausschließlich mit seinem Baby. In den letzten zwei Jahren hat er einmal BLOKUS und einmal RACE FOR THE GALAXY gespielt. Sonst läuft nur und ausschließlich DOMINION, schließlich gefällt ihm sein eigenes Spiel richtig gut. Deshalb kümmert er sich so intensiv um alle Ableger, neue Karten, was auch immer. Die Spieletester sollen möglichst perfekte Karten bekommen. Also achtet er penibel darauf, ob eine Karte nun vier oder fünf Gold kostet. Ob die Karte nicht doch zu stark ist. Ob die Balance gewahrt bleibt. Er ist aber nicht der Spieletester: „I'm not a play tester, but I am play testing them.“ Die Kärrnerarbeit überlässt er den Entwicklern Valerie Putman und Dale Yu. Die bekommen die neuen Karten, wenn der Meister glaubt, sie seien perfekt. Putman und Yu sollen Probleme finden, die Karten im Zusammenspiel ausgiebig testen und die Beschreibung für die Regel formulieren. Das findet Donald V. Vaccarino eigentlich überflüssig, denn seine Karten erklären sich durchaus aus dem Kartentext. Und machmal führen die beiden Entwickler kleinere Änderungen ein, die er selbst gar nicht mehr als Änderungen erkennt. Zum Beispiel, dass erst die restlichen Karten des Nachziehstapels aufgenommen und der Ablagestapel gemischt werden müssen, bevor noch fehlende Karten aufgezogen werden.

Donald IV. Vaccarino
Ein kleines Problemchen haben Autor und Entwickler gemeinsam bei SEASIDE umschifft. Die Dauer-Karten sollten ursprünglich auf die Seite gedreht werden. Wie bei Magic. Man erinnere sich: Richard Garfield hat sich das sogenannte „Tapping“ schützen lassen. Welche Lösung gibt es da, um nicht mit Wizard of the Coast oder Richard Garfield aneinander zu geraten? Dauer-Karten kommen in eine neue Reihe oberhalb der ausgespielten Aktions- und Geldkarten. Kann man machen, muss man aber nicht. Zu Hause, wo's keiner sieht, darf man die Karten sicher auch tappen. Aber auch das ist völlig unnötig, denn zumindest die Dauer-Karten sind ja alle orange und als solche gut zu erkennen. Da braucht man eigentlich nix weiter zu machen, als sie einfach bis zum nächsten Zug liegen zu lassen. Wenigstens steht es aber korrekt in der Regel, kein Richard Garfield kann ihnen etwas anflicken oder Lizenzgebühren abverlangen. Und außerdem wollte Donald IV. Vaccarino DOMINION sowieso nicht noch näher an MAGIC rücken, als es jetzt schon ist.
  
Donald III. Vaccarino
Die Frage, woher er kommt, lässt ihn ein wenig stutzen. Er sei vielleicht ein bisschen kanadisch, er könnte tatsächlich Kanadier sein. Es bleibt offen, denn den größten Teil seines Lebens hat er in Kalifornien zugebracht. Deshalb fühlt er sich auch wie ein Kalifornier, obwohl er jetzt in New York lebt. Überhaupt kommt hier wieder diese Scheu durch, etwas zu viel zu erzählen. Aber die hält höchstens einen kurzen Augenblick an, denn normalerweise redet Donald III. Vaccarino wie ein Wasserfall: „I like to talk.“ Im ersten Eindruck vermittelt er so gar nicht dieses Wesen. Aber wenn er denn mal losgelassen, gibt es kein halten. Eigentlich führe ich kein Interview mit ihm, er erzählt, plaudert, referiert. Mit Querverweisen und Schachtelsätzen übergeht er Fragen und beantwortet sie doch im nächsten Satz. Für DOMINION ist das sicher eine perfekte Qualifikation, alle Wechselwirkungen und komplexen Sachverhalte im Kopf zu behalten und zu gewichten, ohne den roten Faden zu verlieren. Im Gespräch ist es deshalb faszinierend, in die Welt von Donald III. Vaccarino einzutauchen. Man muss nur gut zuhören.

Donald II. Vaccarino
Dann kommt man Donald II. Vaccarino ein bisschen auf die Schliche. Er mag keine großen Menschenansammlungen, besonders nicht, wenn er selbst im Rampenlicht stehen muss. Man stelle sich ihn nur bei seiner Hochzeit vor. Der Mann vor Publikum? Auch vor Familie, Freunden und Bekannten scheint es für ihn schwierig zu sein. Was macht er? Donald II. Vaccarino heiratet in kleinem Kreis, in ganz kleinen Kreisen. Nicht, dass man sich nur die engste Familie zur Hochzeit holt, man heiratet einfach sieben Mal, hat sieben verschiedene Zeremonien und sieben Mal andere, dafür wenige, aber vertraute Gäste. Jede Hochzeit wird anders gestaltet, weshalb die Vaccarinos auch im Bett und auch mit einer Papiertüte auf beiden Köpfen geheiratet haben.

Donald I. Vaccarino
Und wofür steht eigentlich das X? Ist das der obligate zweite Vorname für Amerikaner, die auf wichtig und gewichtig machen? Sowas führt man als Amerikaner nur als Buchstabe zwischen Vor- und Nachname. Für Donald I. Vaccarino ist es mehr, denn X ist eine Variable. Und man merkt, in dem X. steckt mehr als nur ein Gesicht. Dieser Mann ist ungeheuer variabel.

Wolfgang B. Friebe

zuerst veröffentllicht in Fairplay 90

Montag, 14. Juni 2010

Rezension: R-Öko

Susumi Kawaski: R-ÖKO für 3 bis 5 Personen, Amigo 2010

Thema
Das soll ja ein internationaler Hit sein. In Japan und Amerika. Hier bei uns spricht der Titel allerdings erstmal nicht direkt zu uns. Was heißt das denn? RÖKOko, RÖKOlogie? Wahrscheinlich doch Recycling und Ökologie. Das sind ja urdeutsche Themen, jedenfalls wenn man die Achtziger durchlebt hat. Wohl auch für Japaner: Wenn schon nicht am deutschen Wesen, dann soll die Welt an Abfall und Ungeziefer genesen, die sich da auf dem Recyclingplatz herum treiben. Bekanntermaßen sind echte Spieler ja nicht sonderlich wählerisch beim Thema. Hauptsache das Spiel fluppt.

Optik
Gelbe Schachtel mit 'ner Kakerlake auf 'nem Haufen Müll. Wenigstens die Karten sind lustig.

Mechanik
Wir sortieren – thematisch und ganz wirklich. Wann immer zusammen passende Müllkarten im Wert von Vier oder mehr auf der Recyclingseite abgelegt sind, beginnt das große Sortieren. Abgelegte Karten auf den Müll, Punktekarte in die Ablage, alle Müllkarten der Abfallseite auf die Hand, alle Handkarten über fünf als Minuspunkte in die Ablage, neue Müllkarten auf die Abfallseite. Und ist der Nachziehstapel aufgebraucht, wird der Müllstapel recycelt. Und wenn die letzte Punktekarte eines Stapels genommen wurde, wird abgerechnet.

Fazit
R-ÖKO plätschert so dahin, denn es macht Mühe ins Spiel zu kommen. Erst nach und nach erkennt man neben dem Tun die tatsächliche Güte, die vorhandenen Kniffe und Winkelzüge. Die Punktekarten in den vier Farben sind gestaffelt, von der Null zur Fünf. Dazwischen gibt es aber auch eine schlechte Karte: Minus-2-Punkte. Die will natürlich keiner abräumen. Irgendwann liegen aber bestimmt in allen vier Punktestapeln die Miesen offen. Dann wird es knifflig, Minuspunkte zu vermeiden. Und es gibt noch einen Kniff: Punkte bekommt man nur für eine Sorte, wenn man mindestens zwei Punkte-Karten ergattern konnte. Da macht es auch Sinn, Nullen abzugreifen. Nur muss man dann auch die Minuskarte der betreffenden Farbe vermeiden. Überhaupt sollte man Minuspunkte vermeiden und niemals mehr als fünf Karten auf der Hand haben. Aber wem gelingt das schon durchgängig?

Ranking
R-ÖKO spielt sich ein, es hat tatsächlich nach ein, zwei Runden einen eingängigen Rhythmus. Wahrscheinlich, weil man so viel mit Sortieren beschäftigt ist. Durch den Wertungsmechanismus kommt aber genau die richtige Würze ins Spiel, damit sich R-ÖKO in diesem Jahrgang aus dem einen Haufen … Kartenspiele abhebt, zwar nicht dolle weit heraus, aber immerhin.

Donnerstag, 10. Juni 2010

Sachfremde Erwägungen zum Spiel des Jahres 2010

Eigentlich wäre es gar nicht notwendig, diese fünf Spiele zu spielen um festzulegen, welches das Spiel des Jahres wird. Ob nun A LA CARTE, DIXIT, IDENTIK, FRESKO oder IM WANDEL DER ZEITEN – BRONZEIT – WÜRFELSPIEL „Spiel des Jahres“ wird oder nicht, liegt allein in der Weisheit der Jury. Deren spielerischer Sachverstand ist so grandios, dass nichts als der Spielreiz über den Ausgang der Wahl entscheidet. Alles andere, egal welcher Verlag, Autor oder Grafiker, bleibt selbstverständlich außen vor. Aber wir alle sollten doch wissen - ob aus dem privaten oder beruflichen Umfeld - dass nicht nur sachliche Erwägungen entscheidend sind. 7/8 aller Gründe bleiben ungenannt, laufen nur auf der Beziehungsebene und unter dem Tisch ab. Deshalb folgt hier auch keine Bewertung der Spiele, sondern nur die Auflistung meiner total objektiven, aber bestimmt nicht völlig sachfremden Erwägungen:

A LA CARTE
Das Spiel ist ja erstmal ein ganz alter, grauer, bärtiger Vertreter seiner Art. 1989 erstmalig erschienen, lange Zeit nur als teures Sammlerstück erhältlich, liegt es jetzt ganz neu und vor allem zeitgemäß professionell produziert vor. Professionell produziert? Der Herd macht Mucken, die Temperaturregelung arbeitet viel zu ungenau, lässt sich nicht eindeutig auf einer Heizstufe fixieren. So einen unsicheren Herd – noch dazu ohne CE-Kennzeichen – darf in der EU nicht in Verkehr gebracht werden. Das ist natürlich ein totales Ausschlusskriterium, neben den ernährungswissenschaftlich zweifelhaften Rezeptvorschlägen. Will man sich darüber hinwegsetzen, wird endlich wieder Urgestein der deutschen Szene gewürdigt. German Games go first!

DIXIT
Es wäre natürlich schändlich, die geringere Hälfte der Menschheit vom Spielen auszuschließen. DIXIT ist kein Männerspiel, jedenfalls keines für echte Kerle, es sei denn, sie haben ein paar weibliche Gene. DIXIT ist ein Spiel für Mädchen und alle, die sich dafür halten. Das ist natürlich sexistisch und gehört sich nicht. Damit begäbe sich die Jury aufs Glatteis, denn keiner der Jury-Männer wird sich als Mädchen outen. Und wenn sie es müssten? Weil vielleicht schon eine Dame mit einer Peitsche auf die Jury-Männer wartet, falls sie sich gegen DIXIT entscheiden? Lieber als Mädchen gebrandmarkt, als von einer Frau verbal ausgepeitscht zu werden. Ich kenne diese Frau, ich weiß wie sie das macht … Wie kommen die Jury Männer aus diesem Dilemma? Sie erklären DIXIT trotz gravierender Einwände zum Spiel des Jahres, weil sie eines ganz genau wissen: DIXIT wird lange leben, und langes Leben bringt viele Lizenzgebühren. Ohne Schläge und noch dazu mit mehr Geld durchs Leben zu kommen, ist doch der Wunschtraum jeden echten Kerls.

FRESKO
Denken Sie an das große F. Die drei großen F des letzten Jahres sind auch nicht zum Zug gekommen: FAUNA, FITS und FINCA. In diesem Jahr wird es FRESKO so ergehen wie FINCA. FINCA ist zur Hälfte, FRESKO aber zu Zweidritteln ein Spiel von Frischlingen. Was haben Marco Ruskowski und Marcel Süßelbeck schon geleistet? Haben Debutanten den Preis der Preise verdient? Müssten sich die beiden nicht erst bewähren? Wären da nicht ganz andere vorher an der Reihe? Zweidrittel-Anteil Frischlinge ist ja bekanntlich mehr als die Hälfte, also stehen die Chancen dieses Jahr noch viel schlechter als für FINCA letztes Jahr. Und auch JENSEITS VON THEBEN war 2007 ebenso nur Zählkandidat wie DER queensche DIEB VON BAGDAD.

IDENTIK
Es soll ja Menschen geben, die gar nicht zeichnen können, schon gar nicht ein Bild, das sie nicht sehen dürfen. Diese Gruppe ist nicht klein, so ungefähr die Hälfte der Menschheit ist in dieser Hinsicht unfähig. Und es soll sogar Menschen geben, die nicht klar und unmissverständlich beschreiben können. Diese Gruppe ist noch größer: mehr als die andere Hälfte der Menschheit. Und wenn die eine mit der anderen Hälfte spielt, dann … gibt es erst Kommunikationsstörungen, dann Verwicklungen und am Ende Streit, aber möglicherweise nur in jeder zweiten Runde. Wer nicht zeichnen kann, kann vielleicht gut erklären, und wer nicht beschreiben kann, kann vielleicht gut zeichnen. Und falls nicht? Dann taugt INDENTIK in keinem Fall, bringt nur Stress und Ärger. Ein viel zu unsicheres Spiel, dann schon lieber DIXIT, das wenigstens mit der größeren Hälfte der Menschheit sicher funktioniert.


IM WANDEL DER ZEITEN – WÜRFELSPIEL – BRONZEZEIT
Das Würfelspiel ist ein absoluter Topp-Kandidat, wenn man denn unbedingt solo spielen will. Ist schließlich ab 1 Person. Und es gibt ja so viele einsame Singles, besonders älteren Jahrgangs. Für diese Gruppe ist das Spiel die richtige Beschäftigung. Man würfelt so vor sich hin, steckt diesen Stift nach rechts und jenen nach links. Stopp! Stopp! Stopp! Wie sollen denn ältere Herrschaften diese mickrigen Stifte greifen und dann noch das richtige Loch im Brettchen treffen? Da muss der Verlag aufpassen, dass die Bretter nicht bald zweckentfremdet werden. Schraubt man vier zusammen, hat man ein ganz passables Frühstücksbrettchen. Man darf allerdings nur die Rückseite verwenden, sonst bleiben die Krümel in den Löchern hängen.

Montag, 7. Juni 2010

Rezension: Dixit - Spiel des Jahres 2010

Jean-Louis Roubira (Illustration von Marie Cardouat): DIXIT für 3 bis 6 Personen, Libellud 2008, zuerst veröffentlicht in Fairplay 90

Ein Mädchenspiel

Wie süß, wie schön! Diese knuddeligen Häschen, die da um die Grube hüpfen. Die Zukunft einiger meiner Spielekreise ist auf unabsehbare Zeit gerettet. Mit DIXIT kann ich punkten, auch bei Nichtlateinern und ganz besonders in der Damenwelt. Das Spiel wirkt schon auf den ersten Blick feminin. DIXIT ist ein wunderbarer Ausgleich für die vielen hochstrategischen und anspruchsvollen Spiele, mit denen ich zuweilen meine Damenrunden quäle. Meine Mitspielerinnen werden mir in Zukunft sicher einige Ausrutscher zu echten Spielen verzeihen. Ich bin da sehr zuversichtlich. Da spiele ich auch dieses assoziative Bilderspiel, DIXIT wiegt locker das eine oder andere CHICAGO EXPRESS wieder auf.

Im Ernst: Ist DIXIT wirklich ein Spiel für Sie und mich? Formal ja, denn das Äußere stimmt. Eine Schachtel, große Bilderkarten, Plättchen, Figuren, Regel - sogar mehrsprachig. Alles da, und so richtig schön, hübsch und knuddlig. Ganz, ganz süß. Nur nix zu denken, zu planen, zu überlegen. Außer beim Punkte verteilen. Das ist so schön minimalistisch formuliert, dass es schon wieder eine Freude ist. So was mag ich, allerdings nicht, dass sich in der deutschen Übersetzung ein Fehler eingeschlichen hat. Ich muss deshalb übersetzen. Aus dem Englischen ins Deutsche und dann noch den Mario Barth geben: Mann – Frau! Minimalistische Sprache ist nix für Frauen. Für Sie jetzt die Wertung ...

Ne, das erwarten Sie jetzt doch nicht wirklich. Sie wissen doch gar nicht, wie DIXIT funktioniert. Erstmal muss ein Erzähler erkoren werden. Na, wer traut sich? Wenn keiner will, dann ich. Ich mach's kurz, schaue mir meine persönliche Bildkarten an, wähle davon eine und dann nur ein Wort: „Fieber“. Können Sie nix mit anfangen. Klar, Sie kennen nur Ihre eigenen schönen Bildkarten. Hallo, nicht träumen, auch wenn Ihre Karten noch so schön gestaltet sind. Groß und schön! Sie müssen mir schon zuhören, auch wenn ich keine Geschichte erzähle, keinen Hampelmann mache und Sie auch nicht mit meiner Dichtkunst traktiere. Hallo, ich sagte „Fieber!“ So bitte, suchen Sie sich jetzt unter Ihren Bildkarten eine aus, die möglichst gut zu meiner Aussage passt. Hab' ich alle Karten? Falls ja verdeckt mischen und schön in einer Reihe auslegen, das mache ich, ich bin ja der Erzähler. Keiner weiß mehr, welche Karte mir gehört. Oder doch? War die Beschreibung zu plakativ? Oder viel zu vage? Mist, jetzt wo ich die anderen Karten sehe, ist doch klar, welche Karte meine ist.

Mein Gott, das muss doch den Mitspielerinnen direkt ins Auge springen. Das wäre natürlich doof, denn jetzt kommt die Wertung - aufpassen jetzt, denn ich muss übersetzen: Würden alle meine Karte erkennen, bekäme ich gar keine Punkte und alle anderen zwei Punkte. Umgekehrt geht's genauso, falls meine Beschreibung zu abseitig ist und deshalb niemand meine Karte erkennt. Alle anderen bekommen wieder zwei Punkte, ich nix. Falls aber doch nicht alle, am besten nur eine oder einer meine Karte erkennt, dann bekommen jeder Wissenden und ich drei Punkte. Ein schönes Ergebnis. Außerdem erhält noch jeder, dessen Karte als meine benannt wurde, pro falscher Zuordnung ein Pünktchen. Die Häschen hoppeln vorwärts.

Das ist doch mal ein wunderschönes, sehr gut steuerndes Element. Die Punktevergabe hält das Spiel in der Balance, keiner darf zu abstrus oder zu offensichtlich spielen. Dazu fällt mir glatt wieder die sozialistische Planwirtschaft ein: Jedes Jahr müssen 100.000 Schuhe produziert werden. Was macht ein kluger Sozialist, wenn Leder knapp ist. Er produziert 100.000 Kinderschuhe. Ziel erreicht, Markt verfehlt. Das kann bei DIXIT nicht passieren, das Steuerungsinstrument der Punktvergabe passt perfekt zum Spiel. Diese Art der Punktevergabe kennen Sie sicher auch noch aus einem anderen Spiel. Ich hätte diesen Teuberschen und vorcatanischen Klassiker fast vergessen. Meine Gehirnzellen in Sachen alter Spiele sind schon so eingetrocknet wie die Knete aus diesem Spiel. Ist ja auch schon 21 Jahre her.

Wer was denkt, wird übrigens mit Plättchen entschieden, denn die ausgespielten Karten liegen offen in einer Reihe. Eine ganz vorne, die vierte, fünfte oder sechste Bildkarte am Ende. Jeder legt ein Abstimmplättchen verdeckt vor sich ab, gleichzeitig wird aufgedeckt. Dann schlägt die Stunde der Wahrheit. Stopp noch, einen kurzen Augenblick. Sie werden doch wohl nicht Ihren Chip neben „mein“ Bild legen, werden Sie doch nicht?! Sie kennen es doch gar nicht, oder doch? Neulinge und jüngere Mitspieler haben allzu oft die Tendenz, ihren Chip neben „mein“ Bild zu legen, ist ja auch zu verlockend. Also nehmen Sie es in den ersten Runden Ihren Kindern nicht übel, wenn denen so ein Lapsus unterlaufen sollte. Seien Sie lieber froh, dass das auch schon der Nachwuchs mitspielen kann. Es funktioniert sogar erstaunlich gut.

Und, was denken Sie? Liegt Ihnen diese Art Spiel? Können Sie ganz subtil ein Bild beschreiben, so subtil, dass nur einer oder zwei drauf kommen. Klar, ich sage Ihnen auch wie das geht. Wen kennen Sie besser aus der Runde? Wem können Sie einen Insiderhinweis geben? Wer kommt dann auch wirklich darauf? Es gibt keine Garantie, dass das auch funktioniert. Aber versuchen Sie ruhig, DIXIT taktisch zu spielen. Das wird vollkommen nebensächlich werden, denn DIXIT bietet viel mehr als nur schnödes Punktemachen.
Dafür ist es viel zu schön. Die Karten, die Gesamtgestaltung hat eigentlich noch jeden meiner Mitspieler überzeugt, es wenigstens auszuprobieren. Es ist dann meistens nicht bei einer Partie geblieben. Auch nicht in reinen Männer- oder Frauenrunden. So ein feminines Spiel spricht tatsächlich auch den Mann im Spieler an. Oder sind Sie keiner? Können Spiele überhaupt feminin sein?

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen ... macht unser neuer Außenminister auch. Dieses Spiel schreit nach neuen Karten. Ich wünsche mir dann aber eine andere Illustratorin oder Illustrator. Nicht dass die Bilder von Marie Cardouat nicht gelungen wären, aber Abwechslung würde das Spiel bereichern. So wie beim ORIGINAL MEMORY, bei dem verschiedene Grafiker sehr unterschiedliche Kärtchen beigesteuert haben. MEMORYs mit sehr gleichförmiger Grafik nutzen sich nämlich sehr stark ab. Genau das ist das Geheimnis, warum es das ORIGINAL MEMORY schon so lange gibt. Und ein langes Leben wünsche ich auch DIXIT.

Wolfgang Friebe

Donnerstag, 3. Juni 2010

+ El Paso

Stefan Dorra: El Paso für 2 bis 5 Spieler, Zoch 2009

Peng! Und wieder ein Cowboy-Spiel. Und wo trifft man Cowboys? Nicht nur in El Paso, auch in anderen Städten des Wilden Westens. Aber in El Paso trifft man sich zum großen Showdown. Unterwegs sammelt man Plättchen – der Punkte wegen. Sechs verschiedene, nicht jede Sorte ist in jedem Ort erhältlich. Und die Plättchen, die gerade nicht erhältlich sind, lassen sich besonders lukrativ in „unverlustbare“ Siegpunkte umtauschen. Die Plättchen nimmt einem nämlich gerne der Sheriff ab, der in CAN’T STOP Manier zuschlägt. Wenn alle fünf Würfel Sterne zeigen, wird er wach, verhaftet alle noch im Ort befindlichen Mitspieler und erleichtert sie um ihre Beute. Alle Plättchen weg! Man muss also früh genug verschwinden – in den nächsten Ort. Allerdings kommt da der Dilemma-Faktor ins Spiel. Wer zuerst geht, nimmt nur ein Plättchen mit, alle anderen dann zwei.
Und welche Plättchen überhaupt in der Ortschaft liegen, wird zufällig ermittelt. 20 werden gezogen, nicht alle kommen dorthin. Darum prügelt man sich mit passenden Karten. Auch hier wartet ein Dilemma auf die Spieler. Wer die höchste Karte spielt, nimmt das oberste Plättchen eines Stapels und damit den niedrigsten Punktwert. Wer die niedrigste Karte spielt, kommt später an die Reihe und damit (wahrscheinlich) an wertvollere Plättchen … oder an nix, weil die anderen schon alles abgeräumt haben. Kann man erkennen, welche Karten die anderen spielen werden? Nö, deshalb kann man nur zocken, um sich mit seiner Beute irgendwann zu verdrücken.
Ersteinschätzung: EL PASO hat interessante Ansätze. Dass man nicht ewig räubern kann, dass man sich gut überlegen muss, wie hoch bzw. niedrig man einsteigen muss, dass mal hohe, mal niedrige Karten hilfreich sind. Das wäre auch alles schön und gut, wenn es auf dem Weg nach EL PASO nicht nur um Kleinkram, um relativ wenige Siegpunkte ginge. Man macht und tut, zieht in jeder neuen Stadt wieder 20 Plättchen aus dem Sack, schlägt sich um die verschiedenen Karten, nur um am Ende in EL PASO auf Alles oder Nix zu spielen. Wer nix hat, zockt sich zum Sieg oder in die Niederlage, wer viel hat, wartet nur darauf, dass sich die anderen verzocken. Sollte man doch auf dem Weg alles Kleinvieh einsammeln?
Gewinner: Irgendwo in einer lausigen Ortschaft auf dem Weg nach EL PASO gelingt es mir tatsächlich, acht Siegpunkte auf einen Schlag zu machen. Das ist grandios viel. Lange sehe ich wie der sichere Sieger aus, Herbert hat wenig und Gregor nix. Erst in EL PASO – der letzten Station – wendet sich das Blatt. Herbert steigt mit 17 Punkten aus. Ich mit 18 Punkten, aber Gregor zockt weiter. Natürlich, denn er hat ja nix zu verlieren, also gewinnt er tatsächlich mit 19 Punkten. Und vom Sheriff weit und breit keine Spur, obwohl schon drei Sheriffsterne ausliegen. Da sind Herbert und ich wohl zu früh ausgestiegen. Was meint Gregor zu EL PASO: „… finde ich gut, besonders das Ende hat mir gefallen.“ Naja, Gregor gefallen schließlich immer alle Spiele, die er gewinnt.