Mittwoch, 29. Februar 2012

Das Ende aller asymmetrischen Spiele

Für jeden Autor ist es ein Wagnis, asymmetrische Spiele zu schaffen. Unterschiedliche Ausgangslagen, unterschiedliche Möglichkeiten erschweren die Balance des Spiels. Besonders heute wird jeder Fehler in der Balance sofort deutlich, weil wir Spieler untereinander einfach zu gut vernetzt sind. Das Internet macht es möglich. Und wenn dann einer tatsächlich eine Gewinnstrategie gefunden, dem Spiel sein Rückgrat gebrochen hat, wird niemand es heute nicht mehr mitbekommen.
Genau dieses Schicksal ist Martin Wallace widerfahren. Sein A FEW ACRES OF SNOW ist mit dem „Halifax Hammer“ eins über die Rübe gezogen worden. Der „britische“ Spieler setzt auf ein ganz schlankes militärisch geprägtes Deck, steht dann irgendwann vor Montreal und erobert die Stadt. Schluss, Aus, Ende. Ob das immer gelingt? Reicht nicht schon die Option, das Spiel so zu knacken?
In meiner Rezension des Spiels in der Fairplay 97 habe ich diesen Braten noch nicht wirklich gerochen, aber die Erfahrung mit solchen Spielen rät zur Vorsicht. Dennoch war ich ein bisschen zu voreilig: „Dass ihm dabei – nach meinem jetzigen Dafürhalten – trotz aller Ungleichheiten und asymmetrischer Ausgangslage ein ausgewogenes Spiel mit Chancen für beide Seiten gelungen ist, zeigt sein ganzes Können.“ Tja, hätte ich nur das Spiel vor der Rezension intensiver spielen können. Aber zu der Zeit gab es noch keine Möglichkeit, A FEW ACRES OF SNOW online auf Yucata.de zu spielen, gegen andere als meine üblichen Mitspieler anzutreten. Schon gar nicht gegen out4blood, der schon zweihundert Partien abgerissen hat. Damit wird dann auch klar, wie man seine Strategie verfeinern kann. Aber macht es dann auch noch Spaß?
So bleiben asymmetrische Spiele nicht nur für Spieleautoren gefährlich, sondern auch für mich als Spielekritiker. Abgesehen davon finde ich A FEW ACRES OF SNOW immer noch allererste Sahne. Mittlerweile gibt es auch für die zweite Auflage ein Regelupdate. Die von mir als „Franzose“ gerne gespielte Guerillataktik, mit Indianerüberfällen das Leben des „Briten“ zu erschweren, wird stärker und schafft hoffentlich einen Ausgleich. Immerhin ist dem Spiel nicht dauerhaft das Rückgrat gebrochen worden.

Montag, 27. Februar 2012

+ Helvetia

Matthias Cramer: Helvetia für 2 bis 4 Personen bei Kosmos 2011, Grafik von Imelda Vohwinkel, Illustration und Spielfiguren-Design von Franz Vohwinkel

Wie sind die Schweizer eigentlich? Keine Sorge, ich will hier keine Vorurteile ausbreiten. Bei HELVETIA geht es eher gemächlich zu, zeitweilig auch stockend. Nee, das hat wirklich nur mit dem Spiel zu tun, denn jede Produktionskette erfordert sorgfältige Planung. Und es geht auch um die Geburtenkontrolle. In den schweizer Bergdörfern ist es besonders wichtig, ob's ein Mädchen oder Junge wird. Schließlich will man seine Kinder lukrativ in die Dörfer der Mitspieler verheiraten. Dort können die Familienmitglieder mithelfen, Rohstoffe und Waren zu produzieren, die im heimischen Dorf nicht zu bekommen sind. Da ist dann nicht nur wegen der Heirat ein genauer Blick aufs Geschlecht potenzieller Partner erforderlich, es sind auch immer die Produktionsmöglichkeiten im Auge zu behalten. Dafür muss man auch mal den Kopf über den Tisch recken.
Ganz wichtig ist die Zugreihenfolge, in der die Aktionen zugeordnet werden. Böse Sache, das! Da regiert voll die Schaden- und hinterhältige Spielfreude bis hin zur Missgunst. Eine Runde ist nämlich vorbei, wenn alle bis auf einen keine Münze mehr haben. Ganz ehrlich: Wenn man selbst als Letzter noch viele Münzen übrig hat, die anderen aber bereits alles fürs Bauen, Liefern, Aufwachen (wer schläft, kann nicht arbeiten), Heiraten oder Kinderkriegen verballert haben, schwillt selbst auch dem betulichsten Schweizer der Kamm. Mir erst recht.
Ersteinschätzung: HELVETIA ist komplex verwoben ... und böse – nicht vergessen! Es könnte glatt für zwei Spiele in einer Schachtel reichen. Das macht es unübersichtlich. Was man alles anstellen kann? Viel … darüber lässt sich prima grübeln, denken, rechnen, planen. Und wer meint er hat's, rechnet lieber nochmal nach und kommt dann zu einer anderen Planung. Worauf man sich unbedingt einigen sollte: Berührt ist gemacht, und gemacht ist getan. Es gibt kein Zurück, sonst regiert schnell das Chaos. HELVETIA wird dann noch unübersichtlicher als es jetzt schon ist.
Gewinner: Nach einer dreiviertel Stunde der Erklärung und zwei Stunden Spieldauer kann es nur einen Sieger geben: Tom! Wie immer … Er holt gegen Ende mit voller Konzentration und reichlich Tabletalk tüchtig auf und gewinnt mit 24 zu 15 zu 14 Punkten.
Mittelmäßigkeitsfaktor: Gering, dafür ist HELVETIA eindeutig zu anspruchsvoll. Die Frage: Entsteht der Anspruch nur aus der gewissen Unübersichtlichkeit? Ich denke ja, denn die eigentlich guten Anlagen und Ideen in HELVETIA werden davon richtiggehend übertüncht.

Sonntag, 26. Februar 2012

Das 191. Montagsspielen am 06.02.2012 (4/2012) mit Helvetia


Ihr seid ja schon zu Dritt. Das dachte sich Herbert wohl, als er sich für heute aus unserem Doodle austrägt. Immerhin füllt Rainer heute unsere ansonsten lichten Reihen. Wir kommen nicht gleich zur Sache, palavern erst noch eine Runde und schauen Videos auf Youtube. Keine Sorge, nix über Spiele, Videorezensionen über Spiele sind mir einfach viel zu lang. Stattdessen schauen wir ein Video über Whisky, genauer Videos von Horst Lüning von whisky.de, spulen allerdings wegen der Überlänge auch vor. Besonders ein Ausschnitt dieses „Spaßvideos“ ist herrlich, da werden seine Aktion vor der Kamera zum Slapstick. Einfach mal ca. 22:00 Minuten vorspulen und zuschauen, wie er in Gummihandschuhen und Schutzbrille den Whisky entzündet. So wurde damals im Wilden Westen der Alkoholgehalt geprüft. Natürlich auch genauso wie Horst Lüning es vorführt. Man hätte sich ja verletzen können.



Auch die Verkostungsvideos von Horst Lüning sind sehenswert. Da kann man sich gut vorstellen, wie es bei unseren Schnapsverkostungen abgeht. Wie er seinen Empfindungen immer freien Lauf lässt … so sind wir auch. Nur läuft uns nicht so das Wasser im Mund zusammen. Und was der Horst immer herausschmeckt und riecht: „Wannillje.“ Die ist immer dabei. Toll! Echt jetzt ...

Donnerstag, 23. Februar 2012

Das 38. Großspielen am 07.02 mit SINNSENS und den alten Gassenhauern

Großer Andrang heute. Beinahe erreichen wir die magische Zahl, um wieder TOKYO TRAIN zu spielen. Naja, bei uns im Wohnzimmer hätten wir eigentlich gar nicht den Platz. Außerdem sind wir dann doch nur zu 13. Heute ist Arne dabei, Großcousin eines Mitspielers. Arne ist tatsächlich halb so alt wie wir. Hat er Spaß beim Großspielen? Oder ist das heute für ihn eher spielen mit Senioren?

Für eine so große Runde ist die Auswahl der Spieler eigentlich ganz einfach: was Schnelles Lustiges soll es sein - muss es sein! Ich neige aber dennoch zu Experimenten, krame gerne in den Tiefen meiner Sammlung.
Heute soll es als erstes SINNSENS werden, ist schön älter, erschien 1997 (Copyright 1995 Hersch and Company) bei Schmidt Spiel und es gibt gleich in der Regel witzige Anmerkungen: „... zur Belustigung des Jury-Teams können alle bis auf ein Spieler aufstehen und sich in eine Reihe nebeneinander stellen.“ Das geht ja gar nicht. Wo kommen wir denn hin, wenn uns die Regel zu etwas zwingen will. Entweder es wird lustig oder eben nicht. Gut gemeinte Hinweise in der Regel können nix, aber auch gar nix, voraus bestimmen.
Bei SINNSENS treten wir in zwei Teams gegeneinander an. Alle Mitglieder eines Teams erklären einem Teamkameraden Wort für Wort den gesuchten Begriff. Jeder erklärt wirklich nur ein Wort, daraus soll dann ein grammatikalisch korrekter Satz entstehen. Am besten ein Satz, der den gesuchten Begriff gut erklärt. Und? Bringt's den Satz dann so zu bilden, dass er genau auf den Begriff führt? Oder ist es nicht besser, den Begriff zu umschreiben und nicht in einen Sackgassensatz zu führen. Was, wenn der Begriff nicht kommt? Neuer Anfang, neuer Satz ...
So ein Spiel hatten wir schon mal beim Großspielen. TEAMWORK setzt dieselbe Idee viel gekonnter um. SINNSENS gerät öfter ins Stocken, weil es doch schwieriger ist, sechs Leute auf einen Gedanken zu trimmen. SINNSENS ist nicht wirklich gut, aber auch nicht total daneben, allerdings wegen TEAMWORK überflüssig.

Den Rest des Abends retten WE WILL ROCK YOU, TICK TACK BUMM und PERFORMANCE. Arne hat bestimmt auch Spaß mit uns und daran, dass Dortmund Kiel im DFB-Pokal besiegt. Der Live-Ticker auf seinem Smartphone hält uns auf dem Laufenden. Ist doch eine andere Generation.

Heute spielen Arne, Andrea, Martina, Jürgen, Steve, Moni, Peter, Eva, Holger, Susanne, Johannes, Diane und ich. Das nächste Großspielen ist am 06.03.2012, dann wieder im Haus Münsterland in Münster-Dorbaum.

Montag, 20. Februar 2012

Rezension: Florenza von Placentia Games

Viel von allem

Klar hatte ich eine gewisse Ahnung, was mich bei FLORENZA erwartet. Seit MAESTRO LEONARDO und EGIZIA weiß ich, was auf mich zukommen kann. Also, was haben Sie zu erwarten? Tolles Design, gute Funktionalität und massig viel Material. Die Materialschwemme ist eindeutig viel zu viel für jeden normalgroßen Tisch, jedenfalls für Tische außerhalb Italiens. Zu fünft könnte ich FLORENZA nicht mehr auf unserem Küchentisch spielen.

In der Mitte vom Tisch liegt Florenz, mit der Kathedrale und diversen Gebäuden. Die können wir mit Kunstwerken ausstaffieren. Dafür brauchen wir Künstler und Rohstoffe. Künstler werden mit Geld angeheuert, Rohstoffe im eigenen Viertel produziert. Aber nur, wenn dort die entsprechenden Gebäude und die erforderlichen Arbeiter vorhanden sind. Arbeiter braucht man eigentlich für alles, sie können sogar in anderen Vierteln zur Arbeit gehen. Hat sicher ein schlauer Fuchs aus CAYLUS nach Florenz überführt. So ist man dauernd dabei, eine gut funktionierende Produktionskette aufzubauen und sprudelnde Geldquellen zu erschließen, bevor das Spiel nach acht Runden zu Ende ist.


Aber das ist nur das Skelett, das sind die Basics des Spiels. Es gibt viel mehr Regeln für viel mehr italienische Schnörkel. FLORENZA spielt zwar in der Renaissance, ist aber eher barock, es ist in jeder Hinsicht üppig. Da gibt es die lukrative Rolle des Kapitäns des Volkes, die sich jeder mal wegen eines pfiffigen Regeldetails verschaffen kann. Oder der Bischof, mit dem man die Mitspieler ärgern und sich selbst zum Kardinal küren kann, was reichlich Siegpunkte bringt.

Viele Details, viele Regeln machen FLORENZA auch fehleranfällig. Leider wird kein Regelwart mitgeliefert, der im Spielverlauf Fehler unterbindet, uns wieder auf den rechten Weg lotst. Und man bräuchte einen Buchhalter, der einem sofort errechnet, was dieses Bau- oder jenes Kunstwerk kostet und ob man dafür alles parat hat … Arbeiter, Geld, Rohstoffe. Und man bräuchte Zeit, viel Zeit, um die Baukosten der Bau- und Kunstwerke zu studieren, und noch mehr Zeit für die Denkpausen der Mitspieler. Ja, wenn man für das Spiel ein Diplom hätte, alle Details, Kosten und Funktionen der Bauwerke drauf hätte, ginge es vielleicht schneller. Nur leider ist FLORENZA nicht das einzige Spiel auf der Welt. Niemand spielt ausschließlich FLORENZA.

Wahrscheinlich steckt das gesammelte Herzblut Stefano Groppis in FLORENZA, ganz besonders seine Liebe zu Details. Aber ist FLORENZA wirklich markttauglich? Selbst für die Ansprüche von Mehr-Als-Vielspielern? Mmmh, ich hege da so meine Zweifel. Dient es nur der Selbstverwirklichung? Das wird’s sein. FLORENZA ist redaktionell gut bearbeitet, die deutsche Regel ist perfekt, aber FLORENZA bietet und fordert viel zu viel, und zwar von allem. Wenn dann Ihre Spielgruppe das Spiel richtig drauf hat, kann FLORENZA viel Freude bereiten. Kann es ganz bestimmt. Es ist leider viel zu aufwändig, um sich durchzusetzen. Dazu müssten erst viele Schnörkel ab, dass dem Autor das Herz nur so blutet. Bis dahin spiele ich dann vielleicht doch noch mal eine Partie CAYLUS.

Wolfgang Friebe

Stefano Groppi: FLORENZA für 2 bis 5 Spieler bei Placentia Games 2010

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Donnerstag, 16. Februar 2012

+ Der Hobbit von Kosmos

J.R.R. Tolkien und Reiner Knizia: DER HOBBIT für 2 bis 5 Personen bei Kosmos 2011, Grafik von John Howe

Auch bei diesem Hobbit-Spiel ist es unvermeidlich: Der Weg führt vom Auenland dem Drachen Smaug entgegen. Dass nicht nur wir Spieler dem Drachen entgegen ziehen, sondern auch der Drache uns, ist der Dramaturgie und dem Spielende geschuldet. Sobald Smaug 10 Felder zurückgelegt hat und Seestadt erreicht, ist es aus ... In der Grundversion steht dann ein Gewinner fest. Wer hat unterwegs die meisten Edelsteine eingesammelt?
Auf dem Weg sammeln wir Mut, Klugheit, Stärke und Nahrung ein. Was ist am besten? In der zweiten Partie sind wir schlauer: Nahrung natürlich … und Mut, Stärke, auch Klugheit. Es wäre kein Knizia-Spiel, wäre nicht alles – jedes zu seiner Zeit - irgendwie wichtig. Umso mehr davon, desto besser, zählt doch alles zum Würfelwurf dazu, wann immer ein Abenteuer zu bestehen ist. Und Abenteuer gilt es zwangsläufig zu bestehen, denn nur dann gibt es Edelsteine. Andernfalls verliert man wieder etwas, und Smaug zieht Schrittchen für Schrittchen in Richtung Seestadt, bereitet dem Spiel und unserer Abenteuerlust ein jähes Ende.



Ersteinschätzung: In der ersten Partie sind wir gerade mal bis zum zweiten Abenteuerfeld gekommen, schon war das Spiel aus. Der führende Spieler ist natürlich an einem frühen Ende interessiert. Bewegt sich Smaug, hat er allen Grund zu grinsen.
Auf den Abenteuerfeldern tritt der mutigste Spieler der Gefahr als Erster entgegen, aber wirklich nur für das erste Abenteuer. Was wir überlesen haben: Nach dem ersten heil überstandenen Abenteuer geht es solange reihum weiter, bis nicht alle ob eines Abenteuers scheitern oder passen. Erst mit dem nächsten Abenteuer kommt wieder der Mutigste zum Zug. Nur so läuft es rund. Wenn immer der mutigste Spieler beginnt, schaut der Spieler rechts vom ihm ganz tief in die Röhre, kommt er kaum dazu, ein Abenteuer anzutreten.
… aber Nahrung ist überhaupt das Allerwichtigste … und unterwegs den Ring einzusammeln … überhaupt entscheidet die richtige Zwergenkarte, wer was bekommt oder sogar wieder abgibt. Jeder wählt eine Zwergenkarte, alle decken gleichzeitig auf, die höchste oder niedrigste Karte beginnt. Dieser Zwergenmotor funktioniert gut, sorgt für Lacher und Schadenfreude.
Gewinner: Wenn Tom mitspielt, gewinnt Tom, sogar beide Partien, wenn auch knapp. Aber so ganz richtig haben wir es ja auch nicht gespielt. Nur auf Mut und Nahrung zu setzen ist nicht alles. Immerhin haben wir es schon in unserer zweiten Partie bis nach Seestadt geschafft, bevor Smaug dort aufkreuzen konnte. Ja, wir haben DER HOBBIT tatsächlich gleich zwei Mal gespielt, weil uns DER HOBBIT so gut unterhalten hat. Wir hatten einfach Spaß daran, das Spiel … die Geschichte zu erleben, auch wenn das Spiel nicht viel Tiefgang hat.
Mittelmäßigkeit: Durchaus vorhanden, wenn das Thema nicht wäre. Immerhin nimmt uns das Spiel auf charmante Art gefangen. Es verlangt uns außer Karten- und Würfelglück nicht viel mehr ab, als Bilbos Geschichte nachzuerleben.
Wegen des Themas bekommt es statt „geht“ ein „geht gut.“

Montag, 13. Februar 2012

Das 190. Montagsspielen am 30.01.2012 (3/2012) mit Der Hobbit und Get Bit!


Wir sind doch zu viert, aber Herbert hat heute auch nicht so viel Zeit fürs Spielen, seine Dienste als Chauffeur sind diesen Abend fest eingeplant – von seiner Tochter. Also bleibt uns nur Zeit für einfache bzw. kürzere Spiele. Spielen wir sonst ja auch meistens, aber diesmal haben wir wenigstens eine Begründung, bei einfacher Kost zu bleiben. Dass wir dann sogar ein Spiel zwei Mal spielen, überrascht uns selbst.


Und? Welches wird’s gewesen sein? GET BIT!, weil's wirklich einfach und so lustig ist? Zugegeben, das Spiel hat ein paar Lacher auf seiner Seite. Besonders, wenn ein Schwimmer immer und immer wieder vom Hai angefressen wird, eine Extremität nach der anderen verliert. Aber das war's dann auch schon mit lustig, GET BIT! gibt einen eigenwilligen Rhythmus vor: Fast jeder Roboter-Schwimmer mit dem Hai im Nacken kommt erst dann wieder von ihm los, wenn er alle bis auf eine Extremität verloren hat. Und wer einmal vor dem Hai schwimmt, kann damit rechnen, dass es ihm auch so ergeht.
Mist, jetzt habe ich doch wieder etwas über ein mittelmäßiges Spiel geschrieben. Wollte ich doch eigentlich nicht mehr. Egal, wir haben wenigstens anfangs ordentlich gelacht. Auch über das verschämte Thema. Statt Menschen lassen die Amis lieber Roboter von Haien anknabbern. Passt wohl besser in ihr Weltbild. Echte Menschen würden ja auch nicht mehr weiter schwimmen können, wenn sie ein Bein oder einen Arm verloren hätten. Da passen Roboter besser. Natürlich!

Arme Roboter, sind schon angebissen ...

Zwischendurch bleibt noch Zeit, einen neuen Montagsschnaps zu verkosten. Ist ja quasi ein Muss, gehört zur guten Tradition unseres Montagsspielens. Diesen Schnaps habe ich vom jährlichen Spielewochenende in Greetsiel mitgebracht. Ob diese Spezialität auch außerhalb von Ostfriesland schmeckt? Den Moor-Feuer aus derselben Gegend haben wir jedenfalls gerne verkostet.



Donnerstag, 9. Februar 2012

Spiele-Archäologie Teil 1: Acquire von Sid Sackson


Acquire von Sid Sackson

Jetzt-Einschätzung:
Ich habe es getan und ein gaaanz altes Spiel gespielt, trotz der ganzen Neuheiten. Was mir jetzt bei ACQUIRE auffällt: Das ist ein Spiel für Jungs. In einer gemischten Runde, zwei Damen und drei Herren, waren die Sympathien klar verteilt. Den Damen gefällt das ganze Hantieren mit Geld und Aktien überhaupt nicht, war ihnen viel zu abstrakt. Wir Herren hatten deutlich mehr Spaß am Spekulieren, Taktieren und Fusionieren. Klar, wer keine passenden Steine hat, um Hotelketten miteinander fusionieren zu können, ist irgendwann finanziell abgemeiert. Aber was soll's? Stopp, diese Partie ACQUIRE war ganz schön frustig. Wir Herren machen und tun, mühen uns, rechnen … und was passiert? Der Kampf um die Hotelketten geht an anderer Stelle richtig rund. Und wer gewinnt? Keiner von uns. Inga F. aus E. gewinnt deutlich mit 38100. Wir anderen haben mindestens 12000 weniger in der Kasse. Schmach und Schande … ein Männerspiel auch noch so hoch zu verlieren.

Was uns allen nicht gefallen hat, ist die Optik des Spiels. Voll retro, aber eben nicht schön. Die Aktien sind einfach nur billig. Plastik ist einfach nur hässlich. Dass das Spiel erst von 1993 ist, hätte ich nicht mal mehr gedacht, diese große Ausgabe von Schmidt sieht aus wie verspätete 1980er-Jahre. Da gab es bereits weniger „schöne,“ dafür funktionalere Ausgaben. Ich glaube, es gab sogar ein ACQUIRE von 3m mit Holzsteinen.

Wie wohl das neu angekündigte MEGACQUIRE ankommen wird? Auf Seite von MEGAYQUIRE gibt es auch einen Abriss über die verschiedensten Ausgaben, englische wie deutsche.

Rückblick:
Mitte der 1980er-Jahre, ganz am Anfang meines Spielerlebens, habe ich nur über das Spiel gelesen. Mir war klar: ACQUIRE musste ich haben. Nur leider gab es das damals nirgendwo mehr zu kaufen. Und an Flohmärkte habe ich damals gar nicht gedacht. Aber damals war es durchaus noch lukrativ bei Dorfspielwaren- oder Schreibwarenläden nach alten Spielen Ausschau zu halten. Und siehe, in Albachten bei Münster gab es einen abseits liegenden Tante-Emma-Laden, in dem noch ein HOTEL-KÖNIG auf mich wartete. Mann, was war ich damals stolz. Und gut war das Spiel auch noch.

ACQUIRE wurde von Sid Sackson, dem Altmeister der Spielerfinder, entwickelt. Bereits 1968 schaffte dieses Spiel den Sprung über den großen Teich, erschien bei 3M, später erneut bei Schmidt Spiele. Seitdem genießt es unter hiesigen Spielern einen geradezu legendären Ruf. ACQUIRE ist sogar so gut, dass Schmidt Spiele später noch mit HOTEL-KÖNIG und HOTEL-HAIE mehrere deutsche Ausgaben herausgegeben hat, zuletzt 1993. Da erschien ACQUIRE wieder unter dem Originaltitel in einer Riesenschachtel mit Plastikhotels, ebenfalls bei Schmidt Spiele. Hasbro hat 1997 eine Ausgabe ins Rennen geschickt, die in Deutschland verkauft worden ist.

Zu Sharewarezeiten gab es sogar mit OIL-BARON einen DOS-Nachahmer, der immer noch im Netz erhältlich ist.


Rezension der Schmidt-Ausgabe von 1993:
(Ist damals bereits in den Westfälischen Nachrichten erschienen. Mann, was habe ich damals viele Ausrufezeichen gesetzt!)

Spekulieren, taktieren, fusionieren...

Was auf den ersten Blick als Spiel für (männliche) Yuppies erscheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als hochkarätiges Wirtschaftsspiel um Hotelketten. Wirtschaftsspiele fristen bislang zu Unrecht ein Schattendasein, bieten doch solche Spiele, und ganz besonders ACQUIRE, anspruchsvolle Unterhaltung. ACQUIRE ist kein Bier- und Brezel-Spiel für zwischendurch, dafür aber spannend und aufregend!
Wenn man sich durch die umfangreiche, aber klare Regel gearbeitet hat, kann die Hatz auf die Millionen beginnen. Auf einem fest umrissenen Stadtplan entstehen bis zu 7 Hotelketten. Kleine Plastikgebäude werden auf dem Stadtplan-Raster errichtet. Da die Bauplätze begrenzt sind, stoßen die einzelnen Ketten aneinander: Es kommt zu Fusionen. Die größere schluckt die kleinere Kette. Bei den Fusionen schlägt die Stunde der Aktionäre. Die beiden Hauptaktionäre der geschluckten Kette erhalten saftige Abfindungsprämien. Mit dem so erworbenen Geld können wieder neue Aktien von anderen Hotelketten gekauft werden... Die nächste Fusion kommt bestimmt!
Pro Runde führt jeder Spieler 3 Aktionen aus. Zuerst muß ein Hotelgebäude auf dem Spielplan errichtet werden. Man darf nur auf einem der 6 Grundstücke bauen, die man selbst besitzt. Grundstücke zwischen 2 Hotelketten sind wegen der möglichen Fusionen sehr wertvoll! Dies gilt ganz besonders, wenn man selbst Anteilseigner der kleineren Kette ist. Anschließend können bis zu 3 Aktien von beliebigen Hotelketten gekauft werden: man denke an die Prämien für die Hauptaktionäre! Zuletzt zieht man verdeckt eine Grundstückskarte nach.
ACQUIRE ist ein klasse Spiel, nur der hohe Preis wirkt trotz der guten Ausstattung eher abschreckend. Also doch ein Spiel für Yuppies? Eigentlich nicht, denn wer anspruchsvolle Spiele mag, sollte vor dem Preis nicht zurückschrecken!

Wolfgang Friebe

ACQUIRE von Sid Sackson, (2)3-5(6) Spieler ab 12 Jahre, Schmidt-Spiele 1993, ca. 90 DM

Montag, 6. Februar 2012

Rezension: Fusion - Nürnberger Spiekarten Verlag

Reinhard Staupe: FUSION für 2 bis 4 Spieler bei Nürnberger Spielkarten Verlag GmbH 2011, Illustration von Oliver Freudenreich

Thema
Keines natürlich, denn FUSION ist SPEED für mehr als nur zwei Spieler.

Optik
Funktional. Könnte man so stehen lassen, wenn da nicht immer noch „nicht besonders schön“ mitschwänge. Es kommt wirklich nur auf Funktionalität an. Und immerhin wurde auf Standardfarben verzichtet. Wahrscheinlich kommen dann Rot-Grün-Blinde gut mit FUSION zurecht. Kann ich – zum Glück - nicht überprüfen.

Mechanik
In der Mitte liegen jetzt drei Karten, auf denen drei Stapel wachsen. Die Stapel müssen unterschiedlich bedient werden. Was auffällt: Man könnte unauffällig mogeln. Keiner hat mehr die volle Übersicht bei all der Hektik. Passt Farbe auf Farbe, Zahl auf Zahl, Zahl auf- oder absteigend oder ist die neue Karte in allen Eigenschaften anders? Es zählen immer Symbol, Farbe, Zahl.
FUSION ist Hektik und KonFUSION. Die Karten fliegen wild durcheinander auf die Haufen. Keine Zeit, um sie auseinander zu sortieren. Keine Zeit, um Fehler auszuschließen. Mogeleien geschehen hoffentlich ohne Vorsatz. Wer aber Vorsatz nicht ausschließen will, ist kein „echter“ Spieler. FUSION trennt also die guten von den unfairen Mitspielern.

Fazit
Das ist schnell, das wird hektisch, das ist Mehrpersonen-SPEED und immer noch von Reinhard Staupe, aber neuerdings beim Nürnberger Spielkarten Verlag und nicht mehr bei Adlung. Klizteklein steht als Zusatz auf der Schachtel: „Fusion ist eine Entwicklung von Staupe-Spiele in Kooperation mit der Nürnberger-Spielkarten-Verlag GmbH.“

Ranking
1995 ist SPEED erschienen. Das Spiel habe ich damals gleich in mein Herz geschlossen, Hektikspiele sind mein Ding. Warum sollte es also mit FUSION anders sein? Naja, heute finde ich das eine oder andere Mal meinen Meister. Ich bin längst nicht mehr so schnell. Mit FUSION habe ich aber wieder einen Anlass zu trainieren.

Noch etwas ganz anderes: Warum allerdings die Nürnberger-Spielkarten-Verlag GmbH als Webadresse ausgerechnet nsv.de gewählt hat, ist mir ein Rätsel. Ich hatte da gleich unschöne Assoziationen. Gibt man bei Google nsv ein, kommt ganz oben gleich ein Verweis auf die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt - NSV.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Das 189. Montagsspielen am 09.01.2012 (2/2012) mit Fusion, Mystery Rummy Al Capone, Santiago de Cuba


Wir starten mit FUSION – zum Aufwärmen. Das ist schnell, das wird hektisch … und eine Rezension folgt. Natürlich spiele ich zuerst meinen Stapel leer. Alle Karten los geworden, aber war auch alles korrekt? Glaube ich jedenfalls, aber wer kann schon bei aller Hektik Fehler immer vermeiden. Zumindest vorsätzliche Fehler kann ich ausschließen, sonst wäre ich ja auch kein Fairplayer.

MYSTERY RUMMY hat wieder erwarteten Zuwachs bekommen. Die amerikanische Ausgabe umfasste schließlich auch vier Spiele. Ob es noch weiter geht? Ob auch noch WYATT EARP, ehemals Alea, in der schönen Pegasus-Reihe erscheinen wird?
MYSTERY RUMMY – AL CAPONE spielt sich eher abendfüllend; 200 Punkte zusammen zu bekommen dauert schon etwas. Ich erreiche immerhin 146 Punkte, bevor wir das Spiel abbrechen. Tom und Herbert fühlen sich offensichtlich noch zu jung fürs Kartensammeln à la ROMMÉE. Ich mag's und hätte es gerne noch zu Ende gespielt. MYSTERY RUMMY spaltet wie immer die Geschmäcker. Es ist ein ruhiges Spiel, negativ ausgedrückt ist es ein Spiel für Senioren. Bekommt man die richtigen Karten oder bekommt man sie nicht? Gibt es Hoffnung auszulegen oder bleibt man auf seinen Karten sitzen? Und kommt man mit den Ereigniskarten zum Zuge oder wird man davon gebeutelt?

Bei SANTIAGO DE CUBA zeigt sich erneut, dass Kleinvieh ganz schön viel Mist machen kann. Besonders wenn das Spiel Fahrt aufnimmt, weil bei jeder Hafenrundfahrt das Schiff – bis auf ein Mal – komplett beladen wird. Ist schon erstaunlich, dass wir dieses Mal alle bereit sind, Waren für nur 2 Pesos pro Stück zu verkaufen. Wir sind anscheinend lernfähig: Auf Kuba muss man mitnehmen, was man kriegen kann. Ich gewinne dann auch diese Partie mit 42 zu 32 zu 32 Punkten … und nur mit Kleinvieh.

Ach ja, heute verkosten wir ein Mitbringsel aus der Normandie. Nein, keinen Calvados. Diese Spezialität aus der Normandie ist zwar ähnlich, aber hat deutlich weniger Alkohol, dafür erfüllt dessen Apfelduft unsere ganze Küche.