Denken Sie an Ihre Rente!
Wie alt sind Sie denn jetzt? Kümmern Sie sich schon um Alterssicherung und Riesterrente? ... und welche Spiele werden Sie spielen, wenn Sie alt, grau und tatterig sind? Bekanntlich wird in der Zukunft alles wieder empfehlenswert, was Sie schon in jungen Jahren kennen und schätzen gelernt haben. Da muss man sich dann nicht mehr mit neumodischem Schnickschnack herumärgern. Blicken Sie zurück, an welche Spiele Ihrer Jugend können Sie sich noch erinnern? Irgendwelche Strategiehämmer, für die Sie in Studententagen noch die Zeit hatten? Richtige Klopfer von Avalon Hill, für die Sie Stunden Regeln lesen und erklären mussten? Vergessen Sie’s, diese Dinger brauchen volle Konzentration für jedwedes Regeldetail und eingespielte Feinmotorik fürs Counterschieben. Schaffen Sie das noch mit 60 und noch mehr Jahren? Denken Sie einfacher, greifen Sie zu RACKO.
„Spannendes Kartenspiel für jung und alt“
RACKO hat eine grandiose Zukunft, gerade weil es so alt und einfach ist. Leider ist es zurzeit nicht zu bekommen, aber es wird sich bestimmt ändern. Denken Sie nur an die Entscheidungsträger in der Spielebranche. Die wenigen Damen und vielen Herren sind und werden immer älter, verlangen nach altersgerechter und vor allem einfacher Kost. Ich weiß nicht, was die Verlage dem Wahlverein empfehlen, ich empfehle Ihnen das gute alte RACKO. Die Jury kennt und versteht RACKO, gerade weil die meisten Juroren schon so lange auf ihren Stühlen kleben. Keiner von ihnen müsste es wirklich spielen, jeder könnte gleich sagen: Ja, RACKO ist gut und einfach, ein verdientes Spiel des Jahres. Aber erst so um 2010, wenn die Mehrzahl der selbst ernannten Entscheidungsträger jenseits der 60 oder gar 70 ist, hat das Spiel eine reelle Chance auf den Titel. Aber müssen und wollen Sie so lange warten, bis endlich auch die Verlage begriffen haben, welche Perle da im Verborgenen schlummert. Besinnen sich gar die Ravensburger auf ein Schätzchen aus längst vergangenen Programm?
„Bekannt und beliebt in der ganzen Welt“
Angefangen haben muss es irgendwann in den Sechzigern (oder schon in den Fünfzigern?), als das Spiel unter Lizenz von Milton Bradley Co. (under Berne & Universal Copyright Conventions) über den großen Teich kam. Anfangs hieß RACKO noch RACK-O und erschien in einer Schachtel mit Schottenkaro. War das die erste Ausgabe in Deutschland? Ich weiß es nicht, denn es gab auch noch eine Schachtel mit einer spielenden Familie auf dem Cover. Inhaltlich unterscheiden sich diese beiden Ausgaben anscheinend nicht.
Fragen Sie sich wirklich gerade, wie RACKO gespielt wird? Dass Sie sich nicht schämen, denn RACKO ist ein Klassiker. 60 Karten mit Nummern von 1 bis 60 werden gemischt und einzeln an jeden der maximal vier Mitspieler ausgegeben. Die stecken Karte um Karte in ihren Kartenständer, gerade so wie die Karten kommen. 10 Karten passen hinein. Wenn’s schlecht läuft, steckt ganz oben die 27 und ganz unten die 58, dazwischen steckt alles wild durcheinander. Haben sich alle über ihr Chaos beklagt, muss sortiert werden. Keinesfalls dürfen Karten innerhalb des Ständers vertauscht werden, sondern nur über den Umweg über den Ablagestapel. Hoffentlich ist was Passendes dabei, damit Sie eine aufsteigende Reihe von der kleinsten zur höchsten Karte hinbekommen. Natürlich müssen die Kartenwerte dabei nicht direkt aufeinander folgen. Von der 4 über die 13 ... bis hinauf zur 58 ist eine durchaus legale Anordnung. Kluge RACKO-Spieler planen ihre Kartenfolge mit der nötigen Sicherheit, damit zwischen zwei Karten mehrere Möglichkeiten bestehen, eine passende Karte einzustecken. Sehr riskant wäre es, wenn zwei Plätze nach der 21 schon die 23 folgen würde. Wie hoch sind wohl die Chancen, die 22 zu bekommen? Jede Karte ist schließlich nur ein Mal vorhanden.
Manchmal kann man an dem gequälten Stöhnen eines Mitspielers erkennen, dass da gerade unerreichbar für ihn eine Karte auf den Ablagestoß gewandert ist. So einem Spieler kann man auf der Stirn geschrieben lesen, dass er sich doch sehnlichst das Klopfen vom ROMMÉE wünscht. Aber der Spieler vor ihm muss eine Karte auf die heiß erwartete 22 legen. Weg ist sie! ... und wer zuerst eine aufsteigende Reihe in seinem Halter hat, ruft RACKO und gewinnt 75 Punkte. Alle anderen erhalten jeweils fünf Punkte für jede Karte, die von unten nach oben im Halter in eine durchgehende Reihe passt. Nur 10 Punkte gibt’s, wenn nach der 1 immer noch eine 45 steckt, dann aber die 10, 15, 26 ... Die 45 stört doch ganz empfindlich das Gefüge. So, jetzt wissen Sie, wie RACKO geht. Wirklich ...
„Leicht zu erlernen“
1976 schlug dann erneut wieder die Stunde von RACKO, das Spiel erscheint in der legendären Ravensburger Traveller-Serie – und diesmal ohne Bindestrich und ohne Lizenzvermerk. Dafür hat sich das „Grafische Atelier“ der Ravensburger einige Gedanken zur besseren Übersicht gemacht und die bisher schönste Ausgabe geschaffen. Statt nur einer tristen Zahl und eines Strichs an immer derselben Stelle, zeigen in dieser Ausgabe die Karten einen Farbbalken und eine Zahl. Der Balken wird um so länger, je größer die Zahl ist. Da erkennen Sie, jeder Rentner und selbst die Jury, wie es um die Reihenfolge in Ihrem Ständer bestellt ist. Wenn vorne noch ein langer roter Balken steckt, müssen Sie noch was tun. Wer will, kann sogar noch zwei Varianten ausprobieren. Mir ist die Traveller-Ausgabe die liebste, angemessene Schachtel und gutes Design sind ausschlaggebend. Nur das Glas Wein auf dem Cover wäre heute wohl nicht mehr tragbar.
Jahre später, genauer 1986, geschah das Unfassbare. Eine Neuauflage erscheint: rote Schachtel mit 75 Zahlenkarten, Ständer mit 12 Plätzen sowie 14 Ereigniskarten und 7 Jokern. Ereignis- und Joker-Karten bereiten diesem neuen RACKO den Garaus, das Hoffen und Bangen auf die richtige Karte geht verloren. RACKO ist viel zu einfach geworden. Joker, sind doch nur was für Warmduscher und Weicheier! Kartentausch innerhalb des eigenen Ständers – wie billig! Aussetzen, warum? Kartenhalter-Tausch, was soll der Quatsch? Zum Glück kann man diese aufgesetzten Karten ja einfach aussortieren und normales RACKO spielen, dann sogar mit 12 Karten.
„Vergnüglich zu spielen“
Nun ja, werden Sie vielleicht mäkeln, ist diese Sortiererei wirklich so gut? Gibt’s nicht ein paar bessere Spiele? Klar, aber ich habe selten ein Spiel erlebt, bei dem unterschiedliche Generationen so viel Spaß am Spiel haben. Vielleicht sollte ich es bald mit den Entscheidungsträgern für so manches Verlagsprogramm spielen, oder gar gleich mit der Jury – vielleicht in der neuesten Version als RACK’O von den Ravensburgern und mit der Grafik von Franz Vohwinkel.
Wolfgang Friebe
RACKO immer für 2-4 Personen, immer Ravensburger und noch immer vergriffen, zuerst erschienen in Faiplay 59