Montag, 31. Mai 2010

Das Ende … aller Weiblichkeit

Die Jury hat gesprochen. Die Auguren schweigen, jetzt geht’s ans Kommentieren. Das Problem ist nicht die Auswahl der Jury, es ist der aktuelle Jahrgang. Es hagelte nur so Spiele für große Jungs und echte Kerle. MACHT$PIELE, EGIZIA, DIE TORE DER WELT, HANSA TEUTONICA, MACAO, VASCO DA GAMA, MAGISTER NAVIS, FABRIKMANAGER, DUNGEON LORDS, DIE SPEICHERSTADT … eine lange Reihe echt männlicher Spiele. Und schon letztes Jahr hat die Jury ein überaus männliches Spiel auserkoren. Bei meinen Mitspielerinnen kommen diese Spiele durchaus alle an, aber ich muss sie schon sehr bitten, mitzuspielen. Freiwillig spielen meine Damen lieber etwas Schnelles, Lustiges. Und wo ist jetzt das Problem?
In der Jury gibt es genau drei Frauen, aber sechs Männer. Früher war die männliche Übermacht noch größer. Trotz der drei Frauen ist doch wohl klar, wohin die Reise der Männer geht. Es ist allerdings überhaupt nicht klar, ob nicht die Frauen der Jury echte Männerspiele bevorzugen, oder ob sich drei Frauen gegen sechs Männer durchsetzen können. Rein zahlenmäßig eine deutliche Übermacht für maskuline Spiele. Offenbar wissen das auch die Verlage, denn die sorgen ungebremst für Nachschub an „richtigen“ Spielen.
Vielleicht offenbaren sich ja bei dem einen oder anderen Mann der Jury ein paar weibliche Gene. Wäre wirklich schön, denn auf Dauer kann es sich die Jury doch gar nicht leisten, die Vorlieben der Damen einfach auszublenden. Ob sie zu dieser Selbsterkenntnis kommt? Ob sie sich mehr traut, als dieses Jahr DIXIT und IDENTIK nur als Alibi auf ihre Nominierungsliste zu setzen? A LA CARTE ist sowieso das Alibi schlechthin. Spitzenköche sind fast alle männlich. Dass die Jury mit der Auszeichnung „Spiel des Jahres Plus“ für DIE TORE DER WELT dann ganz offen ihr männliches Klientel bedient, finde ich – so von Mann zu Mann – überzeugend. Vielleicht ist das aber bereits das Zugeständnis an alle Männer, um dieses Jahr doch ein Mädchenspiel zum Spiel des Jahres zu machen. Ganz offen und ohne jede Beschönigung werden wir Männer dann beim Deutschen Spielpreis 10 echte Spiele küren und die Entscheidung der Jury richtig stellen.

Nominiert:

A LA CARTE
DIXIT
FRESKO
IDENTIK
IM WANDEL DER ZEITEN – BRONZEZEIT – WÜRFELSPIEL

Spiel des Jahres Plus: DIE TORE DER WELT

1 Kommentar:

  1. Treffsichere Analyse! Lassen wir die Ironie beiseite. Eigentlich ist es ja wirklich an der Zeit, dass wir Jungs das weibliche Element beim Spielen akzeptieren - oder wollen wir immer nur unter uns bleiben? Und umgekehrt: Meine Frau spielt gerne knallharte Spiele (und gewinnt unangenehm häufig), aber gerade in Gelegenheitsspielerkreisen dürfte es viele Spieler(innen) geben, die schon länger auf kreativere und kommunikativere Spiele gewartet haben. Und deshalb ist die Auswahl der Jury (wie fast immer) auch diesmal wieder sehr gut. Wie viele Spiele mit worker placement, Ressourcenmanagement etc. wollen wir noch in unseren Schränken sammeln? Es wird Zeit für einen neuen Aufbruch und vielleicht hat die Jury dazu beigetragen.

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