Montag, 21. März 2011

Rezension: Schlag den Raab - Das Spiel

Max Kirps: SCHLAG DEN RAAB – DAS SPIEL für 2 bis 6 Personen, Ravensburger 2010

Wie die Show, so das Spiel

Früher war das Feindbild schärfer - nicht nur dank Lena und Satellite, auch sonst hat sich für den Mann einiges zum Guten gewendet. Stefan Raab ist jetzt total-TV-familientauglich. Früher hieß es oft unmissverständlich: Geh mir doch weg mit diesem Metzger! Hatte er sich doch einfach zu sehr an den Unbeholfenheiten seiner Opfer gelabt, sie unter die Gürtellinie getroffen. Das kam nicht wirklich an. Heute verkörpert Raab für mich den großen Jungen, immer noch ein Kindskopf, aber geleutert von den Sünden einer schamlosen Kindheit. Er setzt sich voll für seine Sache ein, hat verdammt viel Spaß daran und verdient damit gut. Man denke nur an diese abgefahrenen Große-Jungen-Sendungen wie Wok-WM, Das große Turmspringen oder Autoball-Weltmeisterschaft. Mann, dass niemand eher auf so Formate gekommen ist?! Oder den Bundesvision Song Contest. Und dann Schlag den Raab, mit grandiosen Momenten … besonders wenn er verliert, auf die Fresse fällt, sich blamiert ...

Im Magazin der Süddeutschen Zeitung (#18, Mai 2010) wurde Raab als Moderator der „Modernen Performer“ genannt. Kennen Sie nicht? Kein Wunder, denn dafür sind Sie längst zu alt. „Moderne Performer“ nennt sich die junge unkonventionelle Leistungselite unter 30. Das ist eine von 10 Gruppierungen innerhalb des „Sinus-Millieus®“, die unsere Gesellschaft modellhaft nach ihren Lebensauffassungen und -weisen gruppiert. Forschen Sie ruhig nach, Google hilft, und Sie könnten sich dann selbst sofort einordnen. Wie wär's mit der „bürgerlichen Mitte“ - Moderator Thomas Gottschalk. Vielleicht sogar „Etablierte“ - mit Günther Jauch. Nur zu den Hedonisten (Oliver Geißen), den Konsummaterialisten (Dieter Bohlen) oder gar Traditionalisten (Peter Hahne) werden Sie nicht zählen. Und wenn doch? Dann hätte Ihnen Stefan Raab schon immer gefallen müssen. Fairplay dürften Sie dann allerdings gar nicht kennen. Schön – nee! Ist halt nur Marketing, aber doch irgendwie einleuchtend. Ich bin übrigens ein Postmaterieller (Dieter Mohr) … mein Spielevermögen ist so gewaltig, da ficht mich längst nicht jedes Spiel an.

Nur SCHLAG DEN RAAB – DAS SPIEL – ausgerechnet das! Natürlich wegen Ra-Ra-Connection. Ravensburger und Raab, „Bürgerliche Mitte“ paktiert mit „Modernen Performern“, schielen doch beide nach mehr Profit. Gerade BRAINPOOL, die Firma hinter Raab, hat ihre Strategie messerscharf ausgerichtet: „Grundlage des BRAINPOOL-Geschäftsmodells ist der Aufbau starker Fernsehmarken und deren konsequente Auswertung über die gesamte Wertschöpfungskette.“ Und Spiele nimmt man da doch gerne mit.

Und was ist mit dem Spiel? Sie kennen doch die Fernsehsendung, oder? Dann wissen Sie ja, wie es geht. Viel Show, viele kleine Spielchen, einige ohne viel Anspruch, man bleibt hängen, auch mal länger und zappt wieder weg. Mit dem Spiel geht es mir so, wie mit der Fernsehsendung. Gezielt würde ich SCHLAG DEN RAAB nie spielen, mal reinzuzappen ist o.k. Das Spiel bietet dann auch reichlich aus den obligatorischen Bereichen Geschicklichkeit & Klugscheißen … mal mit, mal ohne Moderator. Und Material in Hülle und Fülle, was es manchmal doch unüberschaubar macht. Welche Karten zu welchem Spiel? Welche Gerätschaften brauchen wir für jenes und dieses Spiel? Die Kiste ist übervoll. Als hätte man sämtliche Gimmicks von McDonalds und altehrwürdigen Ravensburger-Ideen zusammen gewürfelt. Von den Karten sind gerade so viel dabei, dass man erst gar nicht merkt, dass es wirklich nicht zu viele Karten sind. Die sind dann doch schneller durch ...

Und soll ich Ihnen was verraten, das Spielezappen macht sogar Spaß. Hab' mich doch anstecken lassen. Mal eben ein paar Runden gespielt, bis der ausgeguckte Stefan – einer muss ja den Raab geben – acht Punkte gemacht hat. Oder schaffen es die Mitspieler eher? Ein paar Spielchen reichen, dann wechselt man doch zu einem gehaltvolleren Spiel, eines, in das man nicht zufällig hineingerät, weil einer den echten Stefan so sehr mag, dass er sich das Spiel hat kaufen müssen. SCHLAG DEN RAAB – DAS SPIEL ist was für lockere Runden: Zu Weihnachten, Ostern oder Pfingsten, an Geburtstagen ... Viel Spiel(e) in einer Schachtel, aber kaum Regeln. Überhaupt reichen auch irgendwelche Hausregeln, die Sendung kennt ja jeder. Ich spiele gerne mal wieder mit, solange ich nicht singen oder summen muss. Zum Glück wird’s auch nicht wirklich richtig sportlich. Dann kann sogar ich gewinnen, selbst als „Stefan.“

Wolfgang Friebe

Ein paar Fragen an Max Kirps:

Fairplay (FP): Wie heißen Sie wirklich und warum steht nicht Ihr richtiger Name auf der Schachtel?
Max Kirps (MK): Hier ist einfach ein bisschen Spiel im Spiel. Wenn man wie bei "Rückwärts buchstabieren", einem Hirnverzwirbler aus SCHLAG DEN RAAB, den Namen von hinten aufzäumt, kommt man dem Autor auf die Spur: Aus Kirps wird Sprick.
Max(imilian) ist mein zweiter Vorname, ich arbeite seit einigen Jahren in der Ravensburger Familienspiele-Redaktion. Als kleiner Tipp steht in der Anleitung direkt unter dem werten Herrn Kirps mein Name als verantwortlicher Redakteur.

FP: Welchen Einfluss hatte Stefan Raab auf die Auswahl bzw. die Zusammenstellung der Spiele?
MK: Als die Spielideen präsentationsreif waren, habe ich sie in Köln mit dem Redaktions-Team der TV-Show gespielt, Anregungen aufgenommen und integriert – das letzte Wort bei den Entscheidungen lag bei Stefan Raab.

FP:Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Ravensburger und Raab/Brainpool zustande gekommen? Wer ist da auf wen zugegangen?
MK: Die Initialzündung kam von Brainpool. Das von mir daraufhin erarbeitete Spielkonzept überzeugte direkt beim ersten Treffen.

FP: Welches ist das stärkste Spiel in der Schachtel? Welches ist Ihr Favorit und welches spielen Sie eher nicht gerne?
MK: Mir gefallen besonders „Pusteball“ und „Lieder Summen“. „Lieder Summen“, weil es eines der wenigen Spiele ist, die desto besser werden, je schlechter der Moderator seinen Job macht, nämlich den zu erratenden Song zu trällern. Und „Pusteball“, weil dabei selbst eingefleischte Spieleverweigerer alles geben, um einen Tischtennisball auf die gegnerische Seite zu pusten, hochroten Kopf und heraushängende Lunge inklusive. Bei den Quizspielen wie „Wo liegt was?“ oder „Wann war das?“ muss ich am Tisch dagegen leider passen: Niemand will sie gegen denjenigen spielen, der sich die Fragen ausgedacht hat …

Die Fragen stellte Wolfgang Friebe

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

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