Michele Quondam: RIO DE LA PLATA für 3-5 Personen mit Illustrationen von Lamberto Azzariti bei Giochix.it 2010, Vertrieb durch Heidelberger
Was ich von einem Spiel aus Italien erwarte? Weiß nicht, auch nach einer Stunde Regelerklärung bin ich ziemlich ratlos. Es geht zum Glück gemächlich los, die Mechanismen erschließen sich nach und nach. Wir platzieren unsere fünf Arbeiter auf den Stadtplan, um eigene Gebäude zu errichten oder um von fremden Gebäuden zu profitieren. Wir können uns auch an Gemeinschaftsprojekten beteiligen. Diese großen Projekte zu vollenden, ist für einen allein ganz schön aufwendig. Unterstützung fürs Gemeinwohl tut Not. Es profitieren alle Unterstützer, wenn Hafen, Festung, Kathedrale oder … fertig gestellt werden, jedoch nach Engagement unterschiedlich stark. Zu sehr sollte man sich aber nicht engagieren, sonst bleibt Unterstützung aus. Wer verschafft einem Mitspieler schon gerne deutlich mehr Punkte als sich selbst?
Auf dem Stadtplan könnte man Produktionsgebäude errichten, die dann allen zu Gute kommen, die drumherum ein Haus errichten. Entscheidende Frage: Warum sollte man dafür Ressourcen ausgeben? Als Bauherr habe ich keinen Vorteil, muss mich mit den Schmarotzern um die Nutzung prügeln. Es gilt immer: Wer in der Zugreihenfolge vorne steht, kann zuerst in einem Produktionsgebäude mahlen. Also schickt man beständig einen, oft sogar mehrere Arbeiter zur Startspielerleiste, um dort Plätze gut zu machen. Wer nach vorne will, muss mehr Arbeiter schicken als die Konkurrenz. Arbeiter, die auf der Startspielerleiste stehen, fehlen dann doch nur woanders.
Ersteinschätzung: Wir hätten es wissen können: Kolonisierung auf Italienisch ist ein zähes Geschäft. Aber auch die echten Spanier brauchten zwei Anläufe, um Buenos Aires zu besiedeln. Und auch unsere Stadt entwickelt sich nur schleppend. Liegt’s an uns? Keiner will für die anderen investieren.
Am RIO DE LA PLATA geht es höchstkomplex und deshalb reichlich unübersichtlich zu. Ab und an greifen obendrein auch noch Indios oder Piraten an, die dann von einem von uns Siedlern gegen die Konkurrenz geführt werden. Der letzte der Zugreihenfolge ist dafür verantwortlich, dass die Stadt an einigen Stellen verwüstet wird, so es nicht genügend gemeinsame Gegenwehr gibt.
Über allem lastet das große Denken. Es gibt immer etwas zu grübeln, zumal der einzelnen Möglichkeiten zu viele sind. Wie schon bei FLORENZA gibt es zu viele Schnörkel, zu viele Regeldetails. Zusammen genommen macht das Spiel mehr Arbeit als Spaß. RIO DE LA PLATA ist schon interessant, kommt aber nicht auf den Punkt.
Gewinner: Wir erklären Tom zum Gewinner und brechen ab. Er hatte gerade auf einen Schlag bärenmäßig viele Punkte und Geld gemacht, weil er lukrative Warenkombis verschiffen konnte. Übrigens: Den dafür erforderlichen Hafen habe ich maßgeblich errichtet. Es reichte uns, nach über zwei Stunden hat uns die Lust verlassen. … an der Arbeit und an den immer wiederkehrenden, total nervigen Indio- und Piratenüberfällen, die nur den Spielfluss unnötig aufhalten. Mit dem Bau der Stadt haben wir echt schon genug zu tun.
Kommt uns aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr auf den Tisch. Das Ende allen Wiederspielens würde ich aber nicht ausrufen wollen. Das hat das Spiel aufgrund des interessanten Themas und einzelner Mechanismen nicht verdient.
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