Montag, 31. März 2014

Das Ende aller Spielekritik (II) - Der Schwarm hat immer recht

… aber welcher hat mehr recht? Und kann man sich darauf verlassen, auf dessen Empfehlungen und Bewertungen bauen? Und gibt’s überhaupt den einen Schwarm, der alles über Spiele weiß. Und wo finden sich spielerische Schwärme? Bei Luding fehlt mir das Schwarmhafte, weil es nur Links zu Einzelmeinungen bündelt. So richtig schwarmig wird’s für mich nur auf Seiten, auf denen ganz viele Menschen Spiele bewerten. Aber erkennen wir wirklich deren Tücken?
Ich lese gerne die schlechteren Bewertungen auf Amazon. Ich selbst würde dort tendenziell eher eine negative Bewertung abgeben, wenn überhaupt. Natürlich messe ich die Amazon-Bewertungen an meinen eigenen Erfahrungen. Bei Amazon trifft man häufiger auf Menschen, die zu allem eine Meinung haben. Ich kann aber gar nicht einschätzen, wie die „Rezensenten“ so ticken, weil ich den einzelnen Rezensenten gar nicht wahrnehme. Amazon ist aber insgesamt ein guter Indikator, was so beim Volk ankommt und was gar nicht erst wahrgenommen wird. Die Bestenlisten sind dafür ein guter Parameter. Andersherum: Bewertungen aus dem Blickwinkel von Vielspielern wirken ziemlich fehlplaziert.
Ob sich Otto und Erna Normalspieler wohl jemals zu Seiten wie boardgamegeek verirrt? Eher nicht, denn dort bleiben die Geeks unter sich, wobei Amerikaner dominieren. Was da nach oben kommt, sind Spiele jenseits des Massengeschmacks, weil ziemlich anspruchsvolle Spiele. Aber der Schwarm hat natürlich immer recht. Ist ja auch klar, wenn man sich selbst für Mainstream hält. Immerhin ist die Bestenliste mittlerweile aufgeteilt. Ist schon erstaunlich, was wohin sortiert wird und wie bewertet wird. Auf boardgamegeek bewerten Spezialisten Spiele, die zu fast jedem Spiel oft eine dogmatische Meinung haben. Wer seine Spiele nach den Listen von boardgamegeek kauft, bekommt nur Spiele vom gleichen Schlag. In gewisser Hinsicht Einheitsbrei.
Und bei uns? Gut finde ich Anfragen an den Spielbox-Schwarm. Der ist eher klein, immerhin tummeln sich dort meinungsstarke Platzhirsche. Da wird mir geholfen: Welches Spiel ist besser, A oder B? Natürlich A … doch wohl B … weder A noch B, sondern nur C, D, E und evtl. F. Und überhaupt sei X das bessere Spiel. Na toll! Wer diesem Schwarm lange genug folgt, erkennt dessen Reflexe und Automatismen. In allerkleinsten Schwärmen wird es noch intimer.
Was haben wir für Schwärme? Den schwer einschätzbaren kommerziell motivierten Schwarm, bei dem jeder zu allem eine Bewertung abgeben kann. Den großen Schwarm der englischsprechenden Vielspieler, bei denen Spieler mit derselben Brille auf dieselben Spiele schauen. Den eher familiären, aber auch ziemlich elitären Schwarm, den anzusprechen sich nur traut, wer bereits tiefer in der Materie steckt. Gibt sicher noch ein paar mehr und auch anders gelagerte Schwärme ...
Was jedoch allen gemein ist, dass die meisten Mitschwärmer nur für die Spiele schwärmen, die sich im Fokus des Schwarms befinden. Schwärme machen leider allzu oft blind für das, was um sie herum passiert. Die ganze Breite an unterschiedlichsten Spielen erfassen sie nur insofern, dass Nichtzugehöriges abqualifiziert wird. Fundierte Einzelmeinungen erfassen auch Spiele jenseits des Tellerrandes, haben aber kaum eine Chance gegen den Schwarmgeschmack. Oder doch? Bin ich als Blogger nicht automatisch selbst Teil irgendeines Schwarms?

2 Kommentare:

  1. Danke für den anregenden Artikel. Gute Gelegenheit für mich sich selbst zu hinterfragen. Wenn ich Spiele gleicher Art noch mehr möchte, suche ich in den Empfehlungen des entsprechenden Schwarms. Spiele, die beliebt sind, bei der "großen Masse" finde ich also leicht über Amazon, evtl. noch über Spieleoffensive. Deine Beiträge hier finde ich immer wieder spannend und freue mich mitzulesen. Herzlichen Dank.
    LG Tom

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    1. Hi Tom,
      Danke für die Blumen. Den Schwarm bei der Spieleoffensive hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm. Muss ich da vorbeischauen?

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