Oliver Wolf, Michael Nietzer, Britta Wolf: DAS LETZTE BANKETT UND ANDERE HÖFISCHE INTRIGEN für 6 bis 25 Personen bei Heidelberger Spieleverlag 2012, Illustration und Grafik von Simone Eckert
Wir sind nur zu Neunt beim Großspielen, aber immerhin bietet die Regel eine Variante für neun Spieler. Ich bin der König, denn ich soll sterben. Zwei Fraktionen stehen mit mir rund um den Tisch. Natürlich geht es bei DAS LETZE BANKETT darum, mich als König entweder zu erdolchen oder zu vergiften. Jede Fraktion versucht am Ende des zweiten Durchgangs ihren Mörder links oder rechts neben mir zu platzieren. Dafür müssen alle sitzen, nur so kann ihr Mörder zuschlagen.
Als König sind meine Möglichkeiten eingeschränkt, hab' im Gegensatz zu ein paar anderen Szenarien keine Helfer. Vielleicht hilft mir ja die Gegenfraktion? Wenn die auf Zack sind, kommt der Mörder der Gegenseite nicht an mich heran. Aber wer weiß schon genau, wer Mörder und wer nur Verschwörer ist. Noch die obligatorische Selbstverständlichkeit: Nur die eigene Fraktion weiß, wer Mörder ist.
Jeder schlüpft also in eine Rolle, die bestimmte Aktionen ermöglicht. Zunächst stellt man sich und seine Aktionsmöglichkeit vor. Klar, dann hätte am Ende jeder wissen können, was wer machen kann. Ist aber auch egal, denn als Einsteiger sollen wir mit den Dinnerregeln spielen. Jede Rolle hat genau eine Handlungsmöglichkeit zum Platztausch. Und wer den Platz tauscht, muss sich setzen und ist raus, kann nicht mehr agieren.
Ersteinschätzung: Und schon geht’s los: „Warum so viel Firlefanz, wenn's doch nur darum geht, wer wo sitzt. Warum soll ich da noch verquast sprechen? Warum so tun, als wäre ich Herzog, Hexe, Hotzenplotz?“ Und dann auch noch solange hinter den Stühlen stehen, bis man an die Reihe kommt. Vielleicht wird man ja auch doch noch umgesetzt. DAS LETZE BANKETT kommt nicht wirklich bei den Großspielern an, obwohl wir gerne das ähnlich gelagerte DIE WERWÖLFE VOM DÜSTERWALD spielen.
Für DAS LETZE BANKETT sind wir nicht in Idealbesetzung, was ich aber erst gegen Ende der Partie erkenne. Auch die Einsteiger- bzw. Dinnerregel, in der nur einfache Platztauschaktionen möglich ist, sind selbst für die erste Partie zu eindimensional. In DAS LETZTE BANKETT steckt durchaus mehr Potenzial. Hätten wir nur nicht mit der eindimensionalen Dinner-Regel gespielt. Als Einstieg die vereinfachte Version zu spielen, ist sicher gut gemeint, führt aber wegen der Selbstbeschränkung in eine Sackgasse. Leider erkenne ich das erst nach dieser ersten Partie. Die Optionen jeder Rolle sind schnell ausgeschöpft. Keine intriganten Winkelzüge. Mittlerweile bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob wir alles richtig gespielt haben. Ich habe nämlich erst jetzt die Beispielrunde gelesen: Man bleibt so lange stehen, bis man selbst an die Reihe gekommen ist.
Und andersherum? Hätten wir mit allen Optionen gespielt, wir wären auch gescheitert. Genauso wären wir bei DIE WERWÖLFE baden gegangen, wenn wir sofort mit allen Rollen begonnen hätten. Sind wir Rollenspieler oder sind wir keine? Ach ... wenn beim Bankett nicht doch so viel Potenzial spürbar wäre … ich nicht den Wunsch nach einer Wiederholung hätte … ich fürchte, ich muss Schwerstüberzeugungsarbeit bei meinen Großspielern leisten, es nochmal zu probieren. Schließlich ist das meine einzige Runde, in der so viele Mitspieler zusammen kommen, um überhaupt DAS LETZTE BANKETT spielen zu können.
Gewinner: Der König ist tot. Lang lebe der König! Hüstel … Und wer hat ihn erdolcht oder vergiftet? Ist heute egal, denn als Leiche habe ich nichts mehr zu melden.
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