Moskito sticht den Heidelbären
Kennen Sie das? Nach Jahren treffen Sie einen alten Freund, guten Bekannten ... und es ist, als hätte man sich gerade gestern gesehen. Es ist alles so wie immer, die Chemie stimmt, alte Geschichten sind unvergessen. Und jetzt - nach sieben Jahren Abstinenz – sticht mich ein fetter Moskito. Ich erinnere mich gerne an ATTILA, viel lieber allerdings an DIE MACHER und die tollen Spiele in diesen einfarbigen labbrigen Pappschachteln. Nicht ganz so gerne an TYRANNO EX, da habe ich dem Kalle doch glatt unterstellt, die Würfel hätten eine kleinere Kantenlänge als sie wirklich haben.
Zum Glück gibt es bei TRIBUN nix zu vermessen, den Spielreiz vielleicht ausgenommen. Auf meiner nach oben offenen Richterskala schlägt der Zeiger ziemlich weit nach rechts, das Spiel hat diesen gewissen Anspruch ans Wollen und nicht immer können. Klar, denn TRIBUN ist irgendwie ein bisschen altbekannt. Noch eines eben! Ja, denn man sammelt erst Karten, um sie später zielgerichtet einzusetzen. Ressourcenmanagement ist angesagt. Wofür man Sesterzen und Karten ausgibt, sollte man sich schon genau überlegen, denn TRIBUN ist mitunter eher zu ende als man denkt. Ganz so schwierig ist TRIBUN nicht, vorausgesetzt man wählt unter guten immer die beste Option.
Auf dem dunklen Plan heben sich die länglichen Karten gut ab, egal ob sie offen oder verdeckt liegen. An sechs Stationen kommt man an Karten, man kann sie für einen oder drei Sesterzen kaufen, drauf zocken, gegen eine Handkarte eintauschen oder darum steigern. Im Pantheon muss man die gesuchte Karte vorzeigen, um die Gunst der Götter zu erlangen. Bei der Siegessäule gibt man Pärchen ab, um Lorbeeren einzuheimsen. Übrigens eine ganz schicke Methode, um heimlich, still und leise eine Siegbedingung zu erfüllen. In der Phase des Kartensammelns wird es eher darum gehen, gezielt abzugreifen oder, falls man nicht zum Zuge kommt, auf seine Chance bei den verdeckten Karten zu hoffen. Nur hat man nicht genügend Männchen, um alle Stationen anzusteuern. Nicht mal, um gezielt zu ärgern – außer man verfolgt dieselben Interessen.
Man will ja gerne, man möchte ... wenigstens die eine oder andere Fraktion übernehmen. Dazu muss man auch ein Männchen abstellen. Was nun? Reichen die Karten überhaupt, die man bisher gesammelt hat? Hat man zu Anfang mindestens zwei, später einen höheren Wert oder eine größere Anzahl Karten, um Einfluss auf Gladiatoren, Legaten, Prätorianer oder andere Würdenträger auszuüben? Muss man sich erst noch gegen einen direkten Konkurrenten wehren, der dieselbe Fraktion angesteuert hat? Das führt mitunter zu unschönen Situationen, in denen man sich streitet und der friedlicheren Konkurrenz mehrere Fraktionen zufallen. Überhaupt stellt sich die Frage, was man mit der Fraktion vorhat? Will man deren Vorzüge und Privilegien länger nutzen, wird man viele Karten legen. Das hält die Konkurrenz davon ab, die Fraktion schnell wieder zu übernehmen. Bei den Senatoren oder Vestalinnen lohnt das nur beschränkt ... außer man hat hochfliegende Pläne und will Tribun werden. Dann sind diese beiden Fraktionen oder die Kombi aus Plebejer und Patrizier zwingend notwendig. Außerdem muss man bereits in Besitz einer Schriftrolle sein. Falls die Tribun-Siegbedingung verpflichtend ist, wird’s schwieriger. Man kommt sich zwangsläufig in die Quere. Der Streitwagen wird dann wichtig, den zu ersteigern in solchen Situationen lohnt. Dieser Pappwagen schützt eine Fraktion eine Runde lang gegen jedweden Übernahmeversuch. Ein ebenso hübscher Ersatzstreitwagen liegt noch in der Box, vielleicht sollte man zwei versteigern.
Überhaupt hat man die Qual der Wahl. Gemeinsam entscheidet man sich für eine von sechs Siegbedingungskarten. Entscheidet man sich für „Carpe Diem“,das schnell und einfach zu erreichen ist oder für „Cogito Ergo Sum“, das den Tribun zwingend vorschreibt? Da lässt sich schon steuern, ob es eher darum geht, schnell(er) zu sammeln oder ob man in kartenzehrende Auseinandersetzungen einsteigen will. So manche Partie war mir persönlich viel zu kurz. Gerne hätte ich noch weiter optimiert. Aber war ja nix, irgendwer hat seine Kartenhand und Pläne besser aufeinander abstimmen können. Beim nächsten Mal klappt's bei mir besser ...
Wolfgang Friebe
TRIBUN von Karl-Heinz Schmiel für 2 bis 5 Personen, Heidelberger Spieleverlag (Moskito Spiele), zuerst erschienen in Fairplay 83
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Nur noch einen (kurzen, längeren, langen) Augenblick, dann schalte ich Ihren Kommentar (bestimmt, vielleicht, nie) frei.
Gänzlich anonyme Kommentare veröffentliche ich nicht.