Sonntag, 29. März 2009

+ Diamonds Club

Diamanten, Wälder & Gehege

Das war ja eine schöne Bescherung: Schachtel auf – alles fliegt durcheinander. So etwas ist man von den Ravensburgern gar nicht gewöhnt. Die Schwaben exportieren doch mit jeder Schachtel Ordnung und Sauberkeit in alle Welt. Und jetzt das! Keine passgenaue Innenschachtel, kein ordentlich sortiertes Material. Wo sind die Designer hin, die mit BLOX ein Meisterwerk abgeliefert haben? Weggelobt, abgeworben, outgesourced, entlassen, krank, überlastet? Ein Aushilfsdesigner hat es immerhin noch geschafft, die graue Pappe zu verkleiden. Die Innenschachtel ist gleichsam tapeziert, so ist doch noch für eine gewisse Ansehnlichkeit gesorgt.

Ansonsten zeigen die Ravensburger zusammen mit Franz Vohwinkel, dass alles im grünen – hier eher blaugrünen – Bereich ist. Da kann man nicht meckern, das Englische, die Club- und Landhausatmosphäre kommen gut rüber. Nur die Rosengärten sehen aus wie zerbröselte Kekse. Schließlich will doch jeder den schönsten, den besten, den punkteträchtigsten Garten errichten. 14 kleine Parzellen sollen bebaut werden, mit Gebäuden incl. des bröseligen Rosengartens, mit Tiergehegen und mit Wald. Das bringt Prestige, das bringt im DIAMONDS CLUB den Sieg.

Damit ist man gut beschäftigt. Zum Glück nicht im Sinne von „Machen“. Es entwickelt sich doch schnell ein eher stiller Wettkampf an verschiedenen Fronten. Das Herzstück ist die Phase „Kaufen“ - hier zeigt Rüdiger Dorn, wie ein Markt funktioniert. Auf immer wieder neu gemischten Streifen wird eingekauft. Aber was und wo und für wie viel? 10 schöne Plastikmünzen, damit muss man zunächst auskommen. Anfangs ist alles billig und beschaffbar, es gibt genug freie Plätze. Man legt einfach eine Münze auf das gewünschte Aktionsfeld, sechs gibt es pro Streifen, für jeden Spieler sind zwei in der Auslage. Dann wird es enger, die Preise steigen, weil mehr Münzen aufs Brett kommen. Für jede Münze, die orthogonal angrenzt, muss man ebenfalls eine Münze zusätzlich legen. Hat man drei Nachbarmünzen, sind vier für diese Aktion zu bezahlen – Uff! Gibt’s da nicht noch ein billigeres Plätzchen? Weicht man auf eine andere Aktion aus? Das funktioniert dermaßen prima, schafft Zwänge und Optionen, das ist ein fetter Pluspunkt für DIAMONDS CLUB. Denn der Markt lebt ... Bekomme ich die gewünschte Aktion und falls ja, kann ich sie überhaupt bezahlen?

Um an Edelsteine zu kommen, benötigt man drei Aktionen: Mine, Schürfrecht und Schiff – wobei die kleinste Zahl auf einem dieser drei Marker bestimmt, wie viele Edelsteine man erhält. Die Mine bestimmt zudem die Farbe der Edelsteine. Und mit den Edelsteinen baut man die Objekte, mit denen man seinen Park zupflastert. Das ist die etwas umständlichere, wenn auch themenbezogene Strategie im DIAMONDS CLUB.

Ein englischer Garten ist durchaus naturbelassen, deshalb kann man die ergatterten Edelsteine auch für billigen Wald ausgeben. Zwei Parzellen könnte man pro Runde so begrünen. Allerdings muss man erst noch den Wert des Waldes von zwei auf max. sechs Siegpunkte aufwerten, sonst nutzt das ganze Aufforsten nix. Das kostet ein paar mehr Aktionen, allerdings bietet die Waldstrategie einen gewaltigen Vorteil: Die Farbe des Zahlungsmittels ist unerheblich, was einiges erleichtert. Baut man Brunnen, Orangerie, Palmenhaus und Rosengarten werden die Farben der Edelsteine genau vorgegeben. Immerhin drei dieser Objekte muss jeder bauen, sonst kommt man erst gar nicht in die Endwertung, Wald hin oder her.

Neben Objekten und Wald existiert noch eine dritte Strategie, die der Tiergehege. Die funktioniert unmittelbar und direkt beim Einsetzen der Münzen. Wird ein Feld mit Gehege auf dem Aktionsstreifen besetzt, wird auf der Stelle eine Parzelle im Park mit Teich, Wildpark oder Voliere bebaut. Damit droht ein schnelles Ende, denn wenn ein Park voll belegt ist, kommt es zur Schlusswertung. Gerade die Tiergehege werden von Anfängern gar nicht so sehr wahr genommen, zu sehr wird man Dank des Themas und der Gestaltung hin zu Edelsteinen gelenkt. Aber drei unterschiedliche Tiergehege bringen 10 Punkte, und mit drei Sets hat man schon 9 der 14 Felder belegt.

Aber was passiert, wenn jeder diese Strategien kennt? Wer steigt dann wo ein? Stürzen sich alle auf die Gehege? Setzen alle auf Wald oder wählt man den mühsamen Weg über die Objekte, sammelt dafür Schiffe, Lizenzen und Minen? Darüber sollte man die Entwicklungen nicht vergessen: Mehr Punkte für Wald, höhere Edelsteinfördermenge oder mehr Geld. Eine Münze hierfür zu opfern will, wohl erwogen werden. Spielt man auf Wald, muss der Wert des Waldes steigen. Spielt man auf Gehege, ist die eine oder andere Münze mehr ziemlich hilfreich, um auch teure Gehege erstehen zu können. Will man Edelsteine fördern, steht einem die erhöhte Fördermenge gut zu Gesicht. Aber reicht dann noch die Zeit, falls jemand doch auf die Tiergehege und damit auf ein schnelles Ende spielt? Darum wird man sich belauern und misstrauisch verfolgen, wer auf welches Pferd setzt. Und die Joker-Diamanten für den Startspieler bzw. denjenigen mit dem meisten Geld am Ende der Kaufphase sind auch wichtig. Also setzt man auch Münzen auf die Felder mit Zylindern, nur damit man auf der Startspielerleiste an die erste Position rutscht und mit einem Diamanten belohnt wird. Oder man behält möglichst das meiste Geld übrig, auch dafür gibt’s einen Diamanten.

Zurück zur strategischen Ausrichtung: Bestenfalls beharken sich mehrere Kontrahenten mit derselben Strategie, und man kann selbst den lachenden Dritten geben. Nur zu stur darf man auch nicht wieder an seiner gewählten Ausrichtung festhalten. Ich habe schon ein Mal nur deswegen verloren, weil ich einem Gehege-Strategen nicht das letzte ihm für den Dreier-Satz fehlende Gehege vorenthalten habe. Ich war zu sehr auf den fünften Palmengarten und die damit einhergehenden Bonuspunkte fixiert. Ich kam zwar so an sieben Punkte, aber der Gewinner strich 10 Pluspunkte für den Dreier-Satz ein und machte obendrein noch Schluss. Pech für mich ... aber man lernt ja dazu. Und will vor allem das Erlernte in einer neuen Partie ausprobieren.

In gewisser Hinsicht ist DIAMONDS CLUB für Ravensburger außergewöhnlich, denn ein so szenetaugliches Spiel hätte ich ihnen gar nicht zugetraut. Haben die Ravensburger dafür nicht Alea? Wird Alea jetzt nicht mehr gebraucht? Und mit DER NAME DER ROSE verkauft Ravensburger ein Spiel, für das Stefan Brück – der Motor von Alea – als Redakteur verantwortlich zeichnet. Wohin geht der Zug? Früher habe ich immer gesagt: Unter den Verlagen gibt es in der Szene Lieblinge und Parias. Und es gibt Ravensburger! Für die eine Ecke nicht speziell und anspruchsvoll genug, für die andere viel zu gut. Die Sonderrolle gründet sich in meinen Augen einfach darauf, dass wohl jeder seine spielerischen Ersterfahrungen – und das waren nicht die schlechtesten – mit Ravensburger Spielen machen durfte. Jetzt macht sich Ravensburger endlich wieder auf in die richtige Ecke. Unsere Scouts in Essen sahen das genauso und verpassten DIAMONDS CLUB eine Topp-Note von 2,2 bei 83 Nennungen. Und das ist gut so.

Wolfgang Friebe

DIAMONDS CLUB von Rüdiger Dorn für 2 bis 4 Personen, Ravensburger 2008

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für Ihren Kommentar.

Nur noch einen (kurzen, längeren, langen) Augenblick, dann schalte ich Ihren Kommentar (bestimmt, vielleicht, nie) frei.

Gänzlich anonyme Kommentare veröffentliche ich nicht.