Mittwoch, 12. Juli 2017

Rezension: Star Wars Rebellion von Heidelberger Spieleverlag

Greater than ever, greater than everything

Der Weltraum, unendliche Weiten … von wegen! Diese Einleitung kann ich mir jetzt klemmen. Ich bin wirklich im falschen Film. Da hatte ich meine Einleitung schon fertig, aber so clever und einmalig war die anscheinend nicht. Diese Einleitung ist für REBELLION schon belegt. Das Netz war mal wieder schneller. Da muss ich mir doch was anderes überlegen ... Oder ich lasse es gleich. Star Wars gehört doch in den Kanon von Krieg und Frieden, von Gut gegen Böse und von Donald gegen Hillary. Momentchen, normalerweise, also bisher, ging doch so was immer gut aus. In diesem Spiel nicht! Ich liebe die dunkle Seite der Macht. Macht einfach mehr Spaß, in STAR WARS REBELLION mit mehr Material, mehr Durchschlagskraft und vor allem aktiver zu spielen. Die dunkle Seite bin nur ich!

Upppps! Aus der Einleitung ist doch schon fast eine komplette Rezension geworden. Ich hab' Spaß an dem Spiel. Den meisten Spaß allerdings, wenn ich gemeinsam mit Darth Vader in den Kampf ziehe. Da kann ich groß auftrumpfen, bewohnte und unbewohnte Planeten auf links drehen, die blöden Rebellen jagen, wo immer sie auftauchen. Und sie tauchen auf oder ich finde deren Basis.

Irgendwann, möglichst natürlich vor Spielende. Ich weiß ja, die Rebellen spielen auf Zeit, auf kleine Nadelstiche oder womöglich auf die Zerstörung meines Todessterns. Sollen sie nur kommen. Ich bin nicht so bescheuert, meinen Todesstern eine Achillesferse zu verpassen, in die Luke Skywalker rein schießen kann. Ein Schuss, alles kaputt?! Wo gibt’s denn sowas? Ey, in diesem Spiel gibt es zwar auch ein Drehbuch, aber meine Niederlage steht nicht fest. Wenn ich mich nicht zu sehr verzettel und endlich, endlich, endlich die geheime Basis der Rebellen finde. Die Suche geht los. Vielleicht offenbart ja mein Gegner durch Blicke, in welchem Bereich des riesigen nachtschwarzen Spielfelds sich seine Basis befindet. Schau mir in die Augen, Kleiner! Ich fress dich mit Haut und Haaren.

Bisschen arbeiten müssen wir auch. Ist nicht nur Spaß an der Freud. Erstmal werden Missionen „zugewiesen“, aber Achtung: Anführer mit Missionskarten können keine Truppen mehr befehligen. Und ohne Befehlshaber ist das Spielfeld nur das Spielfeld des Gegners. Gut, dass der Rebellenspieler zuerst zuweisen muss. Ich kann dann reagieren und entsprechend viele meiner Anführer zurück halten. Die haben alle etwas unterschiedliche Fähigkeiten, steht aber alles auf den Pappaufstellern. Einige eignen sich besser für Missionen, andere sind im Kampf hervorragend.


Da beginnt das Katz und Maus Spiel. Entweder mit Missionen, die dann aufgedeckt und ausgeführt werden, aber längst nicht immer klappen. Ich interveniere ganz gerne, dann läuft da nix. Oder mit Bewegen von Einheiten und dem Invadieren. Tolles Wort übrigens. Um zu invadieren muss allerdings einer meiner missionsfreien Anführer noch im Führungszentrum stehen. Und die Logistik sollte ich auch im Auge behalten. Was nützen mir Bodentruppen oder T-Fighter, wenn ich für die keine Transportkapazitäten habe. Die dunkle Seite ist überhaupt der Oberlogistiker, denn noch was ist wichtig. Ich darf zwar alle Truppen von benachbarten Systemen in das System mit meinem Anführer transferieren, dann sind sie aber dort eingefroren. Aus einem System mit Anführer können keine Truppen, keine Sternenzerstörer mehr heraus. Das ist meine ganz persönliche Crux, es geht nur in Trippelschritten vorwärts. Und ich habe doch so viel Kampfkraft. Sollte ich besser meine Truppen nicht zu sehr massieren?! Und ich darf meinen schönen Heimatplaneten Coruscant nicht ganz ungeschützt lassen, denn im Deck meines Gegners findet sich ganz fiese Karten. Wer weiß schon, wo und wann und ob er zuschlägt. Fortune gehört schließlich auch dazu, die richtige Karte zum richtigen Zeitpunkt ausspielen zu können.


Was machen die Rebellen nur? Halten sich doch wie immer bedeckt, sind eher passiv, scheuen den offenen Kampf. Das – dürfen – sie – nicht! Ich will sie wegfegen, ich muss sie ausmerzen. Selbst dann haben die Rebellen sogar noch eine Chance auf den Sieg, es geht schließlich auch um Sympathien im Sternensystem. Und als Realist weiß ich, dass ich die nicht habe. Ich habe die Macht … sie alle zu knechten … äh, wieder falscher Film!

Und wenn es zum offenen Kampf kommt, dann wird gewürfelt. Diverse Truppen, diverse Würfel, diverse Modifikation durch Karten. Da halte ich mich gerne an die Regularien, will nicht durcheinander kommen, brauch' auch einen festen Handlungsstrang, wenn ich meine Übermacht in den Ring schmeiße. Da muss es geordnet zugehen. Ich weiß, das ist nicht ganz einfach, bei so viel Material, so vielen Detailregeln und so viel Geschichte. Selbst ich als größter Donald Darthy aller Zeit verliere da leicht den Überblick. Aber ich bin ganz nah dran, endlich dem Imperium zu seinem verdienten Erfolg zu führen. Ich mache das Imperium great again! Was scheren mich die Meinungen der anderen. Ich bin der Gute, der einzige postfaktische Weltenbeherrscher. Was sind schon moralische Skrupel? Vernichten ist der neue Frieden. Ich will nicht nur die Welt, ich will die Galaxie. Schwarz ist das neue Weiß! Weiß bald jeder. Äh, warum gibt’s da eigentlich noch kein Facebook oder Twitter, damit ich die Lügen der Rebellen als Lügen brandmarken kann, sie endlich nennen, was sie wirklich sind: Moralfaschos!


Sind die Kämpfe zu Ende geht es in die Auffrischungsphase. Zwei Missionskarten gibt’s jede Runde als Nachschub. Ich hoffe auf Folter, damit ich drei Karten mit Planetensystemen vom Rebellenspieler bekomme, von denen eine Karte das wirkliche Versteck zeigen muss. Schön, wenn ich schon viele Karten aus dem Suchdroidenstapel gesehen habe und zwei Verstecke bereits ausschließen kann. Dann ist es wirklich Zeit für Daumenschrauben und totale Invasion.

Vorher darf ich aber noch zwei Karten vom Suchdroidenstapel ziehen. Jede gezogene Karte verringert die Anzahl der Planeten, auf denen die Rebellenbasis sein kann. Das muss ich im Blick haben, denn auf diesen Planeten lohnt kein Einsatz. Lieber halte ich meine Truppen schön zusammen: Für Planeten, über die ich noch keine Informationen habe oder für verdächtige Planeten. Vielleicht gerade dort, wo der Rebellenheinz immer hinschaut.

Die Auffrischungsphase ist noch nicht zu Ende. Neeee! Jetzt gibt’s neue Anführer oder die Rüstungsindustrie läuft an. Aufrüsten dauert mitunter, aber jeder Sternenzerstörer, jeder Supersternenzerstörer in der Pipeline verlässt die Werft spätestens nach drei Runden. Wenn den Rebellen nicht irgendwelche Sabotageakte gelingen. Aber für deren Abwehr habe ich auch Spezialanführer. Ach, da fällt mir noch ein. Bei den Rebellen gibt’s nur ein paar Anführer-Logistiker, die das Geheimversteck auf das letzte Knäppchen umziehen dürfen. Die werde ich mir schon noch krallen und schachmatt setzen. Und weil ich immer fair und offen spiele, schaue ich mir vor dem Spiel natürlich die Missionskarten der Rebellen genau an, muss schließlich deren Möglichkeiten im Blick behalten. Sollte jeder eigentlich wissen, was da in den Stapeln lauert, welche Chancen und Kombis möglich sind. Und wenn das die Rebellen auch machen wollen?! Drauf gesch... ist ja mein Spiel.

Ach, ich liebe diese Materialfülle, meine aktive Rolle im Spiel. Soll doch wer anderes die Rebellen spielen. Ich bin doch keine Heulsuse wie Hillary. Ich habe den Sieg doch sowieso im Sack. Kein Widerspruch! Die Rebellen müssen sich schon sehr zum Himmel recken, um mit meiner Übermacht fertig zu werden. Da muss erst ein echter Profi kommen, der in diesem asymmetrischen Spiel mir das Wasser reichen kann. Ich bin greater als alle anderen. Endlich gewinnt die dunkle Seite der Macht, ist nicht als Verlierer des Showdowns vorgesehen. Ich habe die Karten in der Hand, ich kann gewinnen. Und wenn nicht, dann haben die Rebellen unlauter gespielt. Die Rebellen brauchen keinen Plan sondern nur Glück. Und die Übermacht ist mit mir, liebe Freunde. Ich mache das Imperium great again. Yeah! And the Rebells are fired!

Donald – the dark side - Friebe

Corey Konieczka: STAR WARS REBELLION für 2 (bis 4) Spieler mit Grafikdesign von David Ardila, Edge Studios, and Samuel Shimota, with Christopher Hosch and Monica Skupa bei Heidelberger Spieleverlag 2016

Zuerst veröffentlicht in der Fairplay 118

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für Ihren Kommentar.

Nur noch einen (kurzen, längeren, langen) Augenblick, dann schalte ich Ihren Kommentar (bestimmt, vielleicht, nie) frei.

Gänzlich anonyme Kommentare veröffentliche ich nicht.