Für Erna und ihren Otto
Wie viele Jahre ist MAKE 'N' BREAK an mir vorbeigezogen? Und das, obwohl das Spiel sowas wie ein Dauerseller im Ravensburger Programm ist. Tatsächlich, neben den anspruchsvollen Freakspielen verkaufen sich auch Spiele an ganz normale Menschen. Was habe ich einen einseitigen Blick auf Spiele für diese Zielgruppe. Zum Glück bin ich die letzten Jahre immer drei Sonntage im November unterwegs. Im Münsterland spiele ich dann höchst offiziell als Spielerklärer mit genau diesem Spielevolk. Und ein Mal hat mir eine Familie ganz begeistert MAKE 'N' BREAK erklärt, statt dass ich ihnen das Neuste vom Neuen nähergebracht habe. Ich lerne gerne etwas dazu, denn siehe, das Spiel war gut, denn das Volk ist ja nicht doof. MAKE 'N' BREAK hat genügend Spielreiz, braucht es da wirklich noch eine PARTY-Version?
Das Volk hat ja schon einige MAKE 'N' BREAK-Ableger erlebt, warum also nicht noch einen? Ob ausgerechnet Ravensburger auf dieser PARTY tanzen muss? Keine Frage, aber warum tanzen sie zusammen mit White Castle, einer externen Agentur? Warum werden nicht mal die ursprünglichen Autoren Jack und Andrew Lawson an der PARTY beteiligt? Warum schafft es die Redaktion der Ravensburger nicht selbst, eine eigenständige Version zu entwickeln? Sind doch ganz erfahrene Mitspieler, die könnten doch auch ihre Ideen aus anderen Spielen zusammen suchen. Vielleicht überlässt man das ja lieber White Castle und wäscht seine Hände in Unschuld. Die PARTY-Version ist schließlich nichts weiter als ein Zusammenschnitt aus ACTIVITIY, TABU, WAT'N DAT!? und VISIONARY. Da darf sich White Castle echt geehrt fühlen, den Ravensburgern das verkauft zu haben. Ausgerechnet den Ravensburgern! Nee, wirklich nicht, ich will das Spiel gar nicht abkanzeln, denn was einzeln gut ist, ist auch im Zusammenschnitt gut. Und außerdem vertraue ich dem Spielervolk. Gute Spiele erkennen selbst Otto und Erna.
Vier Aufgabentypen sind zu bewältigen. Während einer das Bauwerk nur mit Worten beschreibt, muss sein Teammitglied die Klötze so aufbauen, wie die Vorgabe es vorsieht. Manchmal muss der Erklärer TABU-Wörter vermeiden, mal muss der Baumeister mit verbundenen Augen bauen. Die
beiliegende Pappbrille ist allerdings gleich zu Gunsten der Stoffbrille aus VISIONARY raus geflogen. Und niemand hat es in meinen Runden jemals geschafft, mehr als zwei Begriffe zu bauen. Vorher ist immer die ratternde Zeit abgelaufen. Mehr Zeit bleibt nur für den scheinbar anspruchsvollsten Aufgabentyp. Warum sonst wird die Uhr soweit wie möglich aufgezogen? Die Begriffe werden allerdings nicht in die Höhe gebaut, sondern à la WAT'N DAT!? ausgelegt. Da sind dann viel mehr Punkte drin, denn alle Kommunikationsstörungen fallen weg. Der Baumeister ist Herr des Geschehens, kann ganz alleine alles so auslegen wie er will. Das funktioniert naturgemäß immer besser, als sich das Bauwerk erklären zu lassen. Was die PARTY am Anfang an Tempo verloren hat, holt sie am Ende durch „Begriffe bauen und darstellen“ locker wieder raus.
Und das Volk findet das gut, denn es hat nichts von ORA ET LABORA. Außerdem kauft die PARTY bestimmt nur jemand, der auch das Grundspiel gekauft hat. Und das waren nicht wenige. Vielleicht sogar auch Sie?! Sind Sie von diesem Volk? Oder beginnt der Spielreiz erst mit ORA ET LABORA, mit Plättchenschieberei und mit Mikromanagement?
An den Wochenenden im November verirren sich immer mal wieder ein paar Freaks zu den vielen Normalos und deren Kindern. Für die Freaks haben wir dann auch immer ein paar Spiele im Programm, können sich damit in eine ruhige Ecke verziehen. Nur die breite Masse spielt halt doch etwas anderes und ist glücklich damit.
Wolfgang Friebe
Andrew und Jack Lawson, Weiterentwicklung durch Arno Steinwender und Wilfried Lepuschitz: MAKE 'N' BREAK PARTY für 3-9 Spieler mit Illustrationen von pragmadesign, Walter Pepperle und KniffDesing bei Ravensburger Spieleverlag 2012, Lizenz durch White Castle, Wien
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