Warum sollte ich es jemals anders spielen? Ich sehe da überhaupt keinen Grund. Schließlich will ich gewinnen. Bei einem knackigen Würfelspiel muss ich nix erleben, muss nicht den Weg zum Sieg toll finden. Ich will nach 15 Runden die meisten Punkte auf dem Konto haben. Und das geht eben nur auf eine – meine – Weise. Klar, ich könnte vorsichtiger spielen und ab und zu Dörfer bauen, aber warum sollte ich einen Wurf dafür verschwenden. Ich baue erstens Straßen, am besten gleich zwei oder drei auf einen Schlag. Ich setze zweitens auf Ritter, die ich irgendwann als Rohstoffersatz einsetzen kann. Ich errichte drittens ausschließlich Städte, denn die bringen sehr viele Punkte. Und viertens vertraue ich auf mein Würfelglück.
Und wenn's gut läuft, gewinne ich souverän mit 102 oder mehr Punkten. Was für ein Spiel, in dem ein Sieg so glorreich sein kann! In 12, 13 Runden kann man's schaffen, da hat man sogar noch zwei bzw. drei Versuche übrig. Und wenn's nicht klappt, lag's an den Würfeln, eher selten an den Mitspielern. Die haben noch nicht gepeilt, worauf es ankommt, spielen SIEDLER so wie immer. Bei den richtigen Siedlern baut man erst Dörfer, dann Städte. Aber im WÜRFELSPIEL doch nicht! Dörfer bringen keinen Vorteil, außer dass sie vielleicht etwas einfacher zu erreichen sind. Ich würfele mit den sechs Würfeln immer entweder auf Ritter und Straße, mindestens zwei Straßen oder eine Stadt, was anderes wird gar nicht erst auf dem Blatt markiert.
Mein Kopf hat das Spiel klar durchschaut: Runterspielen wie KNIFFEL, glanzvoll siegen oder untergehen! Ich bräuchte DAS WÜRFELSPIEL eigentlich nicht wieder zu spielen. Mein Bauch, der tut sich schwer mit diesem Urteil, der hat mich sogar schon in den Laden getrieben, Blöcke mit Ersatzblättern zu kaufen. Mein Bauch liebt das Kribbeln, die Hoffnung auf einen glorreichen Sieg. Aber bald ist auch damit Schluss, denn meine Mitspieler schlafen nicht. Bald würfelt jeder Land auf Land ab nur noch Straßen, Ritter und Städte. Dann wird das Spiel im letzten Wurf entschieden. Wer schafft es, satte 30 Punkte für die letzte Stadt abzugreifen? Dann bräuchte man das ganze Vorspiel nicht, aber eine Regel, die den Gleichstand regelt. Die fehlt!
Wenn ich meinem Bauch vertraue, ist das Spiel gut. Aber ob sich mein Bauch dauerhaft gegen den Kopf durchsetzen wird? Immerhin hat der Kopf noch was zu meckern. Das gelbe Getreide auf dem Würfel ist kaum zu erkennen, das Gold sieht aus wie Erz. Hätte man besser machen können, immerhin der kleine Preis für dieses Spiel überzeugt meinen Kopf.
Im Internet gibt es im Catanshop eine „plus“-Regel samt neuem Formblatt zum Herunterladen (weiterführende Infos auf Fairplay Online). Diese neue Regel führt das Würfelspiel näher an die Siedler, man benötigt wie beim Brettspiel 10 Siegpunkte. Dörfer liefern einen Punkt, Städte zwei Punkte. Natürlich gewinnt man nicht ohne die längste Straße oder die größte Rittermacht, ebenfalls je zwei Siegpunkte wert. Ohne diese Zusatzpunkte schaut man mächtig in die Röhre. Mein Kopf spielt diese Variante ebenfalls nach der erprobten Devise: Straßen, Ritter, nur statt der Städte diesmal Dörfer. Wer Straßen und Ritter sammelt, entzieht den anderen zwei Punkte, das kann man mit Dörfern und Städten nicht aufholen. Und Straßen braucht man sowieso! Ritter sind als Joker-Rohstoffe sehr nützlich. Warum also von der Strategie abweichen? Naja, manchmal wollen die Würfel nicht mitspielen, was den Bauch wieder mitfiebern lässt. (wf)
DIE SIEDLER VON CATAN – DAS WÜRFELSPIEL von Klaus Catan aka Klaus Teuber für 1-4 Personen, Kosmos 2007, Spielejahrgang 2006/2007
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