Mittwoch, 30. April 2014

Das Ende aller Spielekritik (III) - Der Zug ist aus der Halle


… aber so was von! Wenn die Spiele erst per Crowdfunding finanziert und an die Geldgeber gegangen sind, lohnt sich dann noch eine Rezension? Allerhöchstens wenn das Spiel unausgereift ist und ich Geld versenkt habe. Die Rezi sozusagen als Geldgebers Rache. Oder lass ich’s doch, schweige stille, und versuche das Spiel noch an irgendwen teuer zu verkaufen? Lohnt sich alles nicht … Alle potenziellen Kunden haben es sowieso gekauft. Und wer tatsächlich aufgrund der Crowdfunding-Kampagne mehrere Exemplare gekauft hat, um sie weiterzuverkaufen, dem sei es gegönnt, wohl wissend, dass gute Spiele später sowieso nochmal erscheinen werden. Aber spricht sich Negatives wirklich herum? Hat jemand, der möglicherweise viel „gespendet“ hat und dessen Antlitz dann auf der Schachtel prangt, wirklich ein Interesse, die fehlende Qualität zu offenbaren? Nicht dass ich jemals auf die Idee käme, mich auf irgendwelchen Grafiken verewigt zu sehen, denn weiß ich, ob das Spiel was taugt.
Aber warum beteiligt sich jemand an einem Spiel, über das es vorab eigentlich keine zweite, dritte Meinung geben dürfte. Ich schreibe ausdrücklich dürfte, denn es gibt immer jemanden, der einen Prototypen hochjubelt, bevor er das Originalspiel gesehen hat. Die Amerikaner sind da wirklich schmerzfrei, aber die kaufen ja auch Big-Boxen mit längst ausgeleierten Spielen für sagenhafte Beträge. Sei es Queen-Games gegönnt, die Amerikaner über den Löffel zu barbieren. Wir hier wissen ja, dass es deren Spiele bislang noch immer irgendwo in den Ramsch geschafft haben.
Ich erinnere mich noch gut, als DIE VERBOTENE STADT von der Jury 1992 auf die Liste genommen wurde, obwohl das Spiel noch gar nicht im Handel war. Kein anderer Rezensent hatte das Spiel damals in Händen, bevor es auf der Liste stand. Ich hoffe mal, dass die Jury damals nicht aufs dünne Eis gegangen ist und nur den Protoypen des Spiels bewertet hat. Damals schlug das hohe Wellen, zumal sich das Spiel als gar nicht soooo gut entpuppte.
Jemand, der sein Spiel über Kickstarter, Startnext oder die Spieleschmiede veröffentlicht, dürfte eigentlich nur während der Geldsammelkampagne daran Interesse haben, dass sein Spiel von Dritten promoted wird. Später kann es ihm fast egal sein, wer was von seinem Spiel hält. Nicht ganz, denn nur wer auf langfristige Reputation setzt oder versucht, sie sich zu erarbeiten, hat nochmal eine Chance. Stonemaier Games ist so ein Fall, die haben irgendwie alles richtig gemacht. Mich haben nur die zu vielen Mails dann doch gestört.
Aber bevor ich nicht ein fertiges Exemplar in Händen halte, darf niemand auf mich hoffen. Und eigentlich habe ich später auch keinen Bock, mir irgendwelche nachgearbeiteten Regelupdates zusammen zu suchen. Ich bin in dieser Hinsicht mittlerweile echt faul und verwöhnt. Nennen Sie es ruhig konservativ. Und natürlich bin ich auch kein Amerikaner, der gegen Bezahlung sogar Werbung für Prototypen macht. Außerdem verbrenne ich mir keine Finger mehr an Crowdfunding-Spielen, ich lasse sie ganz einfach links liegen. Vielleicht nicht alle, aber die meisten.

2 Kommentare:

  1. Gute Gedanken. Dennoch denke ich, dass man nicht unbedingt sagen darf, dass für die Projektersteller eine nachträgliche positive Rezension unerheblich sei. Das mag vielleicht bei vereinzelten Projekten der Fall sein, aber es gibt genug kleinere Verlage (und ja, Stonemaier Games ist da Vorbild), die für die Zukunft voll auf Crowdfunding setzen und deshalb an einem positiven Ruf interessiert sind. Schließlich lässt sich auch die Zweit- oder Drittauflage und die Erweiterungen prima schwamrfinanzieren. Wäre ja doof, wenn dann die ersten Projekte nicht positiv hervorgehoben werden würden.
    Gruß
    Andreas

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  2. Per Crowdfunding habe ich schon alles mögliche mitfinanziert und bisher auf diesem Weg tolle Dinge gekauft. An Gesellschaftsspiele habe ich mich aber noch nicht recht getraut. Es steht dann doch zuviel ungespielt im Regal, als dass mich die Katze im Sack genug reizt. Dazu vetraue ich dann doch zu sehr auf die erwähnt "zweite, dritte Meinung".

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