Montag, 22. Februar 2010

+ Steel Driver

Mit anderen Worten: Abgerechnet wird zum Schluss

Mal wieder ein Eisenbahnspiel. Mal wieder? Irgendwie bin ja darauf abonniert, mag seit 1835 Eisenbahnspiele ganz besonders. CHICAGO EXPRESS (FP 87) hat sich ja bereits als gnadenloser Kracher erwiesen. Meine Mitspieler sind begeistert. Alle? Nein, eine Mitspielerin nicht, ganz und gar nicht. Wenigstens die anderen? Ihnen bleibt keine Wahl, das Spiel liegt vorbereitet auf dem Tisch, die Regeln sind zügig erklärt. Mit anderen Worten: Die Rezension muss gemacht werden, da muss das Spiel in den unterschiedlichen Zielgruppen auf den Tisch. Auch bei denen, denen Eisenbahnspielen ein Graus sind. Meine Donnerstagsspieler sind dafür ideal. In meiner Altherrenrunde, den Montagsspielern, ist dieser Wallace bereits gut angekommen. Ist ja eigentlich auch kein Wunder, spielt doch ein echter Eisenbahnveteran montags mit. Der Veteran kennt jede Schiene und verlässt sich nur auf sein Bauchgefühl. Das funktioniert … Mit anderen Worten: Kein anderer gewinnt solche Spiele so oft wie er. Ob er sie deshalb so gerne spielt? Oder gewinnt er nur deshalb oft, weil er Eisenbahnspiele so gerne spielt? Aber wir kümmern uns ja auch um all jene, denen der Charme von Eisenbahnspielen verschlossen bleibt. Mit anderen Worten: Die Donnerstagsspieler werden weich geklopft.
Geht ja auch schnell, das Erklären – nicht das Weichklopfen. Und außerdem spielt sich STEEL DRIVER nur über fünf Runden. Kann man aushalten, oder? Fünf Versteigerungsrunden, mehrere Baurunden und eine große Abrechnung am Ende, damit kann jeder leben. Aber wie so oft, die Tücke steckt im Detail. Hier ganz besonders - und in jeder Entscheidung. Versteigerungen sind nicht ohne. Wann wird welche Gesellschaft versteigert? Kommt die früher oder später als die anderen ans Streckenbauen? Und wer hat an welcher Gesellschaft allergrößtes Interesse? Ich versteigere gerne Aktien der Gesellschaften, von deren ich nur eine oder keine Aktie habe oder – tausend Mal besser - um die sich bereits Zwei streiten. Ist mir eine sichere Bank, den anderen Investititionssteine zu entlocken. Mit anderen Worten: Steine, die die anderen ausgeben, können nicht gegen mich verwandt werden. Ist doch logisch, oder? So kann man durchaus auf Schnäppchenjagd gehen und für drei, vier oder weniger Investitionssteine einen Aktienmarker bekommen. Viele Aktien einer Farbe sind hilfreich, um die Mehrheit in einer Gesellschaft zu erreichen. Aber Obacht: Tücke im Detail! Wenn nur wenige Investitionssteine in die Kasse der Gesellschaft fließen, können in dieser Runde nicht viele Strecken gebaut werden, kann meistens nur eine Stadt angeschlossen werden. Da muss man schon strategisch denken. Mit anderen Worten: Ein großes Streckennetz mit vielen angeschlossenen Städten steigert den Wert der Aktie für die Schlusswertung. Also wie verhalten? Was machen?
Unsere Mitspielerin geht den einfachsten, den direkten Weg. Sie versteigert nur gelbe Aktien und kauft auch vordringlich gelbe Aktien. Naja, denken wir anderen, was wird sie schon mit der gelben Gesellschaft zustande bringen? Wo doch ihr neues Handy andauernd SMS empfängt. Mit anderen Worten: Kann ja nix werden. Erst recht nichts, weil jede SMS ja auch beantwortet werden muss. Ist ja auch genügend Zeit zwischen den eigenen Spielzügen, denn frau konzentriert sich nur auf Gelb.
Fünf Gesellschaften sind im Spiel, reihum wird immer eine der fünf Aktien je Gesellschaft versteigert. Obwohl … man könnte ja auch Investitionssteine für die nächste Runde zurück halten. Man bekommt ja immer eine fixe Anzahl dazu. Sparen könnte sich durchaus lohnen, außer man spielt konsequent auf Gelb.
Der erste Streckenbau beginnt an einer sechseckigen Stadt. Jede neue Strecke muss irgendwo an die alte angebaut werden. Kurzfristiger Profit ist möglich. Jede Stadt hat einen Wert. Dieser Dollarbetrag wandert sofort in die Kasse des Bauherrn. Das ist nicht zwingend der Mehrheitsaktionär, sondern immer derjenige, der in der vorangegangen Versteigerungsrunde die Aktie erworben hat. Damit lässt sich schön taktieren. Im positiven wie im negativen Sinne. Allerdings wird es eher positiv laufen. Warum soll man denn Investitionsteine für Gesellschaften ausgeben, deren Wert man nicht erhöhen will. Stopp! Macht durchaus Sinn, wenn man verhindern will, dass eine bestimmte Strecke durch gerade diese Gesellschaft bebaut werden soll. Mit anderen Worten: Man kann Fehlinvestitionen tätigen, besonders wenn man nicht Mehrheitsaktionär ist. In der Regel wird man aber versuchen, die Gesellschaft, bei der man Mehrheitsaktionär ist oder werden will, wertvoller zu machen. Deshalb ist es überaus unklug, nicht weitblickend zu spielen. Ein Mehrheitsaktionär versucht deshalb möglichst viele Städte unterschiedlicher Farbe anzuschließen. Es gibt viele weiße Städte im Norden der USA, viele schwarze (!!!) Städte im Süden, ein paar silberne im Osten, vier orange Städte hinter den Rocky Mountains und nur drei rote Städte in fast maximaler Entfernung zueinander. Mit anderen Worten: Rote, aber auch orange Städte sind wertvoll – und für die Endabrechnung äußerst wichtig. Als kleines Schmankerl lockt die Interkontinentalverbindung quer durch die USA, die mit einem Bonus von $ 50 für den Lückenschluss belohnt wird. Alle aktuellen Bauherren der Gesellschaften, deren Streckennetz Teil dieser Verbindung, werden mit $ 30 belohnt. Allerdings wird nur das kürzeste Streckennetz berücksichtigt. Diese Belohnung ist nett, aber doch nicht viel mehr als Peanuts. Mit anderen Worten: Abgerechnet wird am Schluss!
Und der Schluss naht, wenn auch nicht so schnell wie zunächst angenommen. Dafür sorgen schon die vielen Entscheidungen, die unterwegs zu treffen sind. Wenn es unterwegs für einige schon spannend geworden ist, weil z.B. wieder eine neue SMS eingegangen ist, so kommt doch erst gegen Ende der Höhepunkt, denn dann wird der Wert der ersteigerten Aktien ermittelt. Da kann man nur hoffen, dass das Streckennetz alle wichtigen Städte umfasst. Denn jetzt geht es um Sätze aus möglichst vielen verschiedenen Warenmarkern. Dazu werden Klötzchen in der Farbe der Städte auf dem Plan verteilt. Und der Mehrheitsaktionär darf auswählen, wann er welches Klötzchen vom Brett nimmt. Entweder man macht es selbst oder hofft auf einen klugen Mehrheitsaktionär, der es schon richten wird. Natürlich sind da rote und orange, aber auch silberne Städte begehrt. Es gibt aber ein paar Zwänge: Manche Städte sind von mehr als nur einer Gesellschaft angeschlossen. Wer greift wo zuerst das Klötzchen ab? Wer kommt vor wem an die Reihe?
Ein Fünfer-Satz Warenmarker bringt $ 150 – pro Aktie. Mit anderen Worten: Das bringt soviel, das ist kaum erreichbar, denn das Streckennetz müsste quer durch die USA verlaufen. Kaum möglich. Ein Vierersatz bringt $ 100 – drei $ 60 – zwei $ 30 und ein einziger Warenmarker noch $ 10. Da macht es durchaus Sinn, auch Farben doppelt einzusammeln. Das ist meistens möglich: Zwei weiße und zwei schwarze Klötzchen bringen immer $ 60, drei von beiden Farben sogar $ 90 – das ist nicht von schlechten Eltern. Die gelbe Gesellschaft hat es so gemacht.
Und wer gewinnt jetzt? Natürlich wer am Ende die meisten Dollar für seine Aktien kassiert hat. Der Profit von unterwegs bleibt nur eine Marginalie, kann aber wie die FDP der CDU zum Sieg verhelfen. Ist aber trotzdem falsch! Gelb gewinnt. Mit der simsenden Spielerin hat keiner von uns Herren wirklich gerechnet. Jede ihrer fünf gelben Aktien ist $ 120 wert, macht schon $ 600, dazu noch zwei andere gute Aktien – das reicht für den Sieg. Mit anderen Worten: Die Mitspielerin spielte phänomenal gut. Über andere Gründe will ich gar nicht nachdenken, zumal STEEL DRIVER tadellos funktioniert. Nur wird es aufgrund des Themas eher ein Spiel für Freaks bleiben. Ich werde wohl kaum mehr meine Donnerstagsspieler für STEEL DRIVER begeistern können. Vielleicht aber doch? Es gibt ein Fünkchen Hoffnung: WALLENSTEIN ist bereits so ähnlich gelaufen, außer dass damals unsere Mitspielerin noch kein Handy hatte. Wir Herren machten und taten, überlegten dieses und jenes, nur unsere Mitspielerin spielte schon damals phänomenal – und zockte uns direkt und umittelbar ab. Mit klarer Kante, ohne taktische, strategische Schnörkel zum Sieg. So muss man auch STEEL DRIVER spielen – nur so!
Mit anderen Worten: STEEL DRIVER ist ein gutes Spiel. Nur der „anderen Worte“ sind in der Regel zu viele. Warum nur lese ich wieder lieber die englischen Originalregeln als die deutsche Übersetzung? Alle Treefrog-, davor auch schon die Warfrog-Regeln waren immer schon sprachlich aufgeblasen. Mit anderen Worten: Der Übersetzter nimmt sich zu viele redaktionelle Freiheiten und spielt sich mit seinen Ansichten zum Spiel zu sehr in den Vordergrund. Mit anderen Worten … ach lassen wir das.

Wolfgang Friebe

STEEL DRIVER von Martin Wallace für 3 bis 6 Personen, Treefrog 2008

2 Kommentare:

  1. Das ist ein soo langer Beitrag, den kann ich ja gar nicht während der Arbeitszeit lesen man, schade.

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  2. Und ich dachte immer, du hast sonst nix zu tun ;-)

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