Oh ja, wir wollen spielen. In voller Besetzung. Und wer uns nicht kennt: Wir sind Gregor, Rainer und Herbert und treffen uns seit Jahren jeden Montag, fast jeden Montag. Die Montagsspieler hatten mal einen eigenen Blog, der ist aber jetzt vollständig eingemeindet.
Und damit jeder einschätzen kann, wer welche Vorlieben hat, hier ein grober Abriss der Montagsspieler:
Gregor spielt nicht nur, er sammelt auch. Wahrscheinlich hat er die größte Sammlung von uns allen. Gregor spielt am liebsten Spiele ohne Glücksfaktor, Spiele bei denen man denken und rechnen kann und muss. Natürlich findet er alle Spiele gut, die er gewinnt. Falls er mal verliert, dann liegt es an den Spielen – zu viel Glück, zu viel Pech für ihn.
Rainer spielt oft, gerne auch in Ostbevern und in Coesfeld. Natürlich besitzt er auch jede Menge Spiele, er hat sogar ein separates Zimmer unterm Dach – für sich und seine Spiele. Rainer ist unser Mann für Regelfeinheiten, hat die korrekten Regeln parat, zumindest ab der zweiten Partie. In der ersten löchert er uns mit Regelfragen. Rainer spielt alles gerne, ob er nun gewinnt oder verliert.
Herbert hat einen Bauch, den braucht er auch, denn er ist der Bauchspieler. Und immer wenn er aus dem Bauch spielen kann, zeigt er es allen. Er ist der einzige, der keine große Sammlung (mehr) besitzt. Aber nur deshalb, weil die anderen drei ihn längst überholt haben. Er hat die ältesten spielerischen Wurzeln, schreibt seit ewigen Zeiten Kritiken und gehört zum Urgestein der Szene. Schließlich ist er der Chefred … wenn er es gerade mal nicht vergessen hat, deshalb ist jedes Spiel mit einer Prise Gedächtnisleistung so gar nix für Herbert.
Wolfgang, das bin ich: Spieler, Blogger, Sammler (in dieser Reihenfolge) und Rezensent. Ich bin natürlich der Beste, der Schönste, der Ranglistenanführer. Nur an die Sammlung von Gegor komme ich nicht heran. Und wenn es geht, spielen die anderen gegen mich, buhu! Ich trag’s mit Fassung, denn ich gewinne trotzdem. Bei mir zu Hause wird montags in der Küche gespielt.
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Montag, 20. Oktober 2008
+ Race for the Galaxy
RACE FOR THE GALAXY von Abacus:
Die Montagsspieler sind mal wieder spät dran. Eigentlich kennt schon jeder dieses Spiel, nur wir haben es noch nie zusammen gespielt. Gut, dass ich es vorab bereits gespielt habe, das erleichtert den Einstieg ungemein. RACE FOR THE GALAXY ist kompliziert, aber eigentlich nicht schwierig. Es erinnert an SAN JUAN, spielt allerdings im Weltraum. Jeder wuselt für sich, baut sein Imperium aus Planeten und Entwicklungen aus. Da kommt es natürlich darauf an, dass sich ausgespielte Karten gegenseitig ergänzen.
Ersteinschätzung: Dass die Einstiegshürde hoch ist, weiß wohl mittlerweile jeder. Klitzekleine Symbole muss man erlernen, dann läuft es eigentlich wie geschmiert. Dass jeder für sich allein wuselt, ist im Weltraum auch kein Wunder. Die Entfernungen sind einfach zu groß, als dass man groß interagieren könnte. Wenn es erstmal läuft, dann richtig gut und auch rund. Aber wenn die Schrift und die Symbole nur nicht so klein gedruckt wären.
Gewinner: Für Herbert passt es einfach. Er startet mit „Blau“, blauer Planet, blaue Entwicklungen, er schafft sich ein blaues Imperium, das läuft und läuft und läuft. Über Produktion und das unselig beschriebene bzw. geregelte „Verbrauchen“ kommt er auf 58 Punkte und deklassiert uns drei. Ich komme mit Erfahrung aus früheren Partien auf 43 Punkte; ich kann mich nicht zwischen „Grün“ und „Militär“ entscheiden. Rainer macht 39 Punkte und Gregor nur 37 Punkte. Ob ihm RACE FOR THE GALAXY dennoch gefällt?
Die Montagsspieler sind mal wieder spät dran. Eigentlich kennt schon jeder dieses Spiel, nur wir haben es noch nie zusammen gespielt. Gut, dass ich es vorab bereits gespielt habe, das erleichtert den Einstieg ungemein. RACE FOR THE GALAXY ist kompliziert, aber eigentlich nicht schwierig. Es erinnert an SAN JUAN, spielt allerdings im Weltraum. Jeder wuselt für sich, baut sein Imperium aus Planeten und Entwicklungen aus. Da kommt es natürlich darauf an, dass sich ausgespielte Karten gegenseitig ergänzen.
Ersteinschätzung: Dass die Einstiegshürde hoch ist, weiß wohl mittlerweile jeder. Klitzekleine Symbole muss man erlernen, dann läuft es eigentlich wie geschmiert. Dass jeder für sich allein wuselt, ist im Weltraum auch kein Wunder. Die Entfernungen sind einfach zu groß, als dass man groß interagieren könnte. Wenn es erstmal läuft, dann richtig gut und auch rund. Aber wenn die Schrift und die Symbole nur nicht so klein gedruckt wären.
Gewinner: Für Herbert passt es einfach. Er startet mit „Blau“, blauer Planet, blaue Entwicklungen, er schafft sich ein blaues Imperium, das läuft und läuft und läuft. Über Produktion und das unselig beschriebene bzw. geregelte „Verbrauchen“ kommt er auf 58 Punkte und deklassiert uns drei. Ich komme mit Erfahrung aus früheren Partien auf 43 Punkte; ich kann mich nicht zwischen „Grün“ und „Militär“ entscheiden. Rainer macht 39 Punkte und Gregor nur 37 Punkte. Ob ihm RACE FOR THE GALAXY dennoch gefällt?
+ Tain
TAIN von Wolf Fang:
TAIN ist ein Spiel aus dem ersten Programm eines ambitionierten polnischen Verlags. Optisch ist es sehr gelungen gestaltet, deshalb können wir uns gleich wie Angehörige eines irischen Clans fühlen. Friedlich geht es nicht zu, wir rauben bei den Nachbarn Vieh und Schmuckstücke. Dazu platziert jeder Clan-Mitglieder bei den Nachbarn oder nutzen sie als Verteidiger in den Eingängen zu unserer Weide oder zu unserem Haus.
Ersteinschätzung: Ganz schnell wird klar, TAIN ist ein aufgebohrtes STEIN, SCHERE, PAPIER. Der Chef schlägt den Krieger, der Krieger nimmt den Burschen gefangen, die Frau (war es die Tochter?) schlägt den Krieger, die Niete ist zum Bluffen. Und nachdem wir die erste Runde gespielt haben und noch meilenweit von den erforderlichen Siegpunkten enfernt waren … was machen dann professionelle Montagsspieler? Sie brechen das Spiel gnadenlos ab. Warum sollen wir uns mit sowas Belanglosem beschäftigen, das nur Beschäftigung aber sonst nix zu bieten hat? Nee, nicht mit uns. KAZAAM vom selben Verlag ist bei uns ebenfalls gefloppt, Beschäftigung um der Beschäftigung ist für uns kein Spiel.
TAIN ist ein Spiel aus dem ersten Programm eines ambitionierten polnischen Verlags. Optisch ist es sehr gelungen gestaltet, deshalb können wir uns gleich wie Angehörige eines irischen Clans fühlen. Friedlich geht es nicht zu, wir rauben bei den Nachbarn Vieh und Schmuckstücke. Dazu platziert jeder Clan-Mitglieder bei den Nachbarn oder nutzen sie als Verteidiger in den Eingängen zu unserer Weide oder zu unserem Haus.
Ersteinschätzung: Ganz schnell wird klar, TAIN ist ein aufgebohrtes STEIN, SCHERE, PAPIER. Der Chef schlägt den Krieger, der Krieger nimmt den Burschen gefangen, die Frau (war es die Tochter?) schlägt den Krieger, die Niete ist zum Bluffen. Und nachdem wir die erste Runde gespielt haben und noch meilenweit von den erforderlichen Siegpunkten enfernt waren … was machen dann professionelle Montagsspieler? Sie brechen das Spiel gnadenlos ab. Warum sollen wir uns mit sowas Belanglosem beschäftigen, das nur Beschäftigung aber sonst nix zu bieten hat? Nee, nicht mit uns. KAZAAM vom selben Verlag ist bei uns ebenfalls gefloppt, Beschäftigung um der Beschäftigung ist für uns kein Spiel.
Sonntag, 19. Oktober 2008
+ Blox
Block, Blöcke, Blocks
Dieses Spiel hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. Warum auch? Der Name ist zwar gut gewählt, deutet aber auch unmissverständlich aufs Thema. Aufs nicht vorhandene! Mir jedenfalls springt keine thematisch passende Assoziation auf „Blöcke“ ins Auge. Vielleicht noch so was wie Kistenschieben à la Sokoban oder etwas Tetrisartiges. Umso besser für BLOX, dass wenigstens die Jury den Blick der Öffentlichkeit auf dieses Spiel lenkt. Und das aus gutem Grund. Nicht umsonst sind in der Jury die wirklichen Profis.
Hier geht es nämlich nicht um den Verlag, nicht um die Autoren und nicht um den Grafiker. Die werden ja schon alle Nasen lang namentlich auf der Schachtel genannt. Neuerdings auch schon mit Bild und eigenen Dankesworten, so wie bei STONE AGE auf der inneren Schachtel. Danke, dass ich für Sie arbeiten darf ... Ist doch herrlich, wenn sich Auftragnehmer beim Auftraggeber öffentlich bedanken. So weit ist es hier zum Glück noch nicht gekommen, und doch wird was wesentliches unterschlagen, etwas, was es so nur bei Ravensburgern gibt. Und genau das würdigt jetzt die Jury.
BLOX ist bis auf die Knochen abstrakt. Man schlägt erst Türme, dann baut man sie wieder auf. Wichtig sind allein passende Karten. Sie passen immer dann, wenn sie entweder zu den Blöcken des abbruchreifen oder des neuen Turmes passen. Oder zum Feld einer gegnerischen Figur. Aber zunächst zum mehr oder minder Konstruktiven, denn ohne Abbruch kein Neubau. Eigene Blocks muss man haben, die holt man sich vom Spielfeld. Da stehen schon ein paar Türme, ein- bis viergeschossig. Wir sind erstmal Nachfahren der alten Römer und nutzen diese Türme als Steinbruch. Aber nur nach festen Regeln, denn zunächst dürfen nur Einer-Türme eingerissen werden. Uns fehlt einfach noch das technologische Wissen, um höhere Türme einzureißen. Wir dürfen aber schon Zweier-Türme bauen.
Abreißen ist im Prinzip ganz einfach, man muss nur in gerader Linie vor dem anvisierten Turm stehen ... und dieselbe Farbe auf der Kartenhand haben, die der Block des Turmes hat. Dann zieht man auf das Feld und räumt den Stein ab. Halt! Das wäre ja zu einfach, die Bewegungsregeln der Figuren auf dem Brett sind zu beachten. Normalerweise zieht man immer in gerader Linie zum nächsten freien Feld in der ausgespielten Farbe. So auch beim Schlagen. Deshalb darf man keinen bordeauxroten Turm schlagen, wenn man unterwegs noch über ein bordeauxrotes Feld ziehen müsste. Ätsch, das ist verboten. Da muss man erst näher heran, ein Zwischenstopp ist notwendig.
Ein neuer Turm in der ersten Phase besteht aus nur zwei BLOX, die sich perfekt stapeln lassen. Das Neubauprojekt kommt auf ein Feld mit eigener Figur, die dafür dann erstmal wieder das Feld verlassen muss. Man spielt zwei Karten in der Farbe der beiden BLOX aus. Passt es zusammen oder nicht? Jetzt ist alles noch relativ einfach, zwei passende Karten von fünf sind kein wirkliches Problem. Aber das Spiel schreitet fort, die Türme werden höher, bis zu fünf Etagen. Für jeden abgerissenen Block erhält man einen Punkt, ebenso wie für jeden neu gebauten. Die Siegpunktchips kommen nach jedem Neubau auf den Turm.
Jedes Mal, wenn nur noch ein Turm der maximalen Höhe der aktuellen Phase steht, geht’s höher weiter. Nach der ersten Phase dürfen dann auch zweigeschossige Türme abgeräumt und Dreier-Türme errichtet werden. In der letzten Phase kommt man so an fünf Punkte. Diese Hochhäuser dürfen allerdings nicht mehr abgerissen werden, denn es gibt nur vier Spielphasen und nicht fünf. Deshalb muss man auf Fünfer-Türme auch keine Chips mehr legen.
So weit, so klar. Weil man immer nur fünf Karten auf der Hand hat, steht man mitunter vor ein paar Problemchen. Zwar darf man auch die ganze Kartenhand tauschen, aber was macht man, wenn man drei passende Karten hat, aber die letzte passende für den anvisierten Vierer-Turm einfach nicht nachgezogen wird? Solange nachziehen bis es passt? Ein zweites Problemchen stellt sich ein, wenn man mehr als sechs BLOX abgeräumt hat. Dann muss man erst bauen, bevor man weiter abreißen darf. Und das potenziert möglicherweise das erste Problem. Die Karten wollen einfach nicht zu den BLOX passen. Gut, dass man auch noch einen Joker hat, der einem aus der Klemme helfen kann.
Statt sich dieser Problemchen zu stellen, wendet man sich hilfsweise lieber dem Destruktiven zu. Ich ärgere dann lieber und schlage andere Figuren. Voraussetzung dafür: Mindestens drei Karten derselben Farbe des Feldes, auf der die Figur gerade steht. Bringt drei Punkte, bei vier Karten sogar vier. Außerdem störe ich damit auch noch die Planungen der anderen. Ist zwar nur zufällig, weil die anderen ja denken, dass sie was gedacht haben, was jetzt nicht mehr funktioniert. Für mich ist das Schlagen dann wenigstens doppelt lukrativ.
Aber eigentlich geht es gar nicht um dieses deutlich ruhige, ja kontemplative Spiel. Natürlich kann man sich diesem Spiel hingegeben, so man denn Rentner ist und nix besseres zu tun hat. Ist es das, was die Jury mit diesem Spiel würdigen will? Das erste Seniorenspiel, was Spiel des Jahres werden kann? Ravensburger ist natürlich so schlau, BLOX nicht als das zu vermarkten, was Selecta so groß propagiert. Man macht es eher subtil, produziert ein Spiel, das optisch und inhaltlich an die vergangenen vierzig Jahre erinnert. Was für Farben, was für ein Spielbrett? Schön schrecklich. Und wer von den Senioren soll das spielen? Nur Männer? Es wird wohl so sein, denn ich bin jedes mal maßlos bei meinen Mitspielerinnen gescheitert. BLOX stößt auf keinerlei Gegenliebe. So etwas Abstraktes wird wohl kaum eine Frau spielen, und die paar Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Also würdigt die Jury nur die Zielgruppe, die sie selbst vertritt? Angehende männliche Pensionäre?
Nein, definitiv nicht. Die Jury würdigt eine Gruppe, die bislang kaum in die Öffentlichkeit gerückt wurde, die bislang immer im Verborgenen ihren Dienst taten. Bei einigen Verlagen jedenfalls und bei Ravensburger immer ganz professionell. BLOX ist das Paradebeispiel dafür. Das Design der Innenschachtel ist an der Spitze. Für alles ist Platz, alles ist untergebracht. Gut, das ist der Mindeststandard. Der namenlose Plastikinlettdesigner setzt noch eins oben drauf. Die Teile sind nicht typisch deutsch rechtwinklig ausgerichtet, der Phasenanzeiger ist diagonal und passgenau unter die Spielplanteile eingebaut. Das Sahnehäubchen ist aber das größte Spielplanteil als Abschluss. Es deckt die Innereien ab, ohne Wesentliches zu verdecken. Jeder gedankenlose Schachtelinnenraumgestalter hätte dieses Teil rechtwinklig eingebaut. Die Frau oder der Mann aus Ravensburg macht es besser. Toll! Und genau das würdigt die Jury. Auch toll!
Wolfgang Friebe
BLOX vom KRAG Team (Wolfgang Kramer, Hans Raggan, Jürgen P.K. Grunau) für 2 bis 4 Personen, Ravensburger 2008
Dieses Spiel hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. Warum auch? Der Name ist zwar gut gewählt, deutet aber auch unmissverständlich aufs Thema. Aufs nicht vorhandene! Mir jedenfalls springt keine thematisch passende Assoziation auf „Blöcke“ ins Auge. Vielleicht noch so was wie Kistenschieben à la Sokoban oder etwas Tetrisartiges. Umso besser für BLOX, dass wenigstens die Jury den Blick der Öffentlichkeit auf dieses Spiel lenkt. Und das aus gutem Grund. Nicht umsonst sind in der Jury die wirklichen Profis.
Hier geht es nämlich nicht um den Verlag, nicht um die Autoren und nicht um den Grafiker. Die werden ja schon alle Nasen lang namentlich auf der Schachtel genannt. Neuerdings auch schon mit Bild und eigenen Dankesworten, so wie bei STONE AGE auf der inneren Schachtel. Danke, dass ich für Sie arbeiten darf ... Ist doch herrlich, wenn sich Auftragnehmer beim Auftraggeber öffentlich bedanken. So weit ist es hier zum Glück noch nicht gekommen, und doch wird was wesentliches unterschlagen, etwas, was es so nur bei Ravensburgern gibt. Und genau das würdigt jetzt die Jury.
BLOX ist bis auf die Knochen abstrakt. Man schlägt erst Türme, dann baut man sie wieder auf. Wichtig sind allein passende Karten. Sie passen immer dann, wenn sie entweder zu den Blöcken des abbruchreifen oder des neuen Turmes passen. Oder zum Feld einer gegnerischen Figur. Aber zunächst zum mehr oder minder Konstruktiven, denn ohne Abbruch kein Neubau. Eigene Blocks muss man haben, die holt man sich vom Spielfeld. Da stehen schon ein paar Türme, ein- bis viergeschossig. Wir sind erstmal Nachfahren der alten Römer und nutzen diese Türme als Steinbruch. Aber nur nach festen Regeln, denn zunächst dürfen nur Einer-Türme eingerissen werden. Uns fehlt einfach noch das technologische Wissen, um höhere Türme einzureißen. Wir dürfen aber schon Zweier-Türme bauen.
Abreißen ist im Prinzip ganz einfach, man muss nur in gerader Linie vor dem anvisierten Turm stehen ... und dieselbe Farbe auf der Kartenhand haben, die der Block des Turmes hat. Dann zieht man auf das Feld und räumt den Stein ab. Halt! Das wäre ja zu einfach, die Bewegungsregeln der Figuren auf dem Brett sind zu beachten. Normalerweise zieht man immer in gerader Linie zum nächsten freien Feld in der ausgespielten Farbe. So auch beim Schlagen. Deshalb darf man keinen bordeauxroten Turm schlagen, wenn man unterwegs noch über ein bordeauxrotes Feld ziehen müsste. Ätsch, das ist verboten. Da muss man erst näher heran, ein Zwischenstopp ist notwendig.
Ein neuer Turm in der ersten Phase besteht aus nur zwei BLOX, die sich perfekt stapeln lassen. Das Neubauprojekt kommt auf ein Feld mit eigener Figur, die dafür dann erstmal wieder das Feld verlassen muss. Man spielt zwei Karten in der Farbe der beiden BLOX aus. Passt es zusammen oder nicht? Jetzt ist alles noch relativ einfach, zwei passende Karten von fünf sind kein wirkliches Problem. Aber das Spiel schreitet fort, die Türme werden höher, bis zu fünf Etagen. Für jeden abgerissenen Block erhält man einen Punkt, ebenso wie für jeden neu gebauten. Die Siegpunktchips kommen nach jedem Neubau auf den Turm.
Jedes Mal, wenn nur noch ein Turm der maximalen Höhe der aktuellen Phase steht, geht’s höher weiter. Nach der ersten Phase dürfen dann auch zweigeschossige Türme abgeräumt und Dreier-Türme errichtet werden. In der letzten Phase kommt man so an fünf Punkte. Diese Hochhäuser dürfen allerdings nicht mehr abgerissen werden, denn es gibt nur vier Spielphasen und nicht fünf. Deshalb muss man auf Fünfer-Türme auch keine Chips mehr legen.
So weit, so klar. Weil man immer nur fünf Karten auf der Hand hat, steht man mitunter vor ein paar Problemchen. Zwar darf man auch die ganze Kartenhand tauschen, aber was macht man, wenn man drei passende Karten hat, aber die letzte passende für den anvisierten Vierer-Turm einfach nicht nachgezogen wird? Solange nachziehen bis es passt? Ein zweites Problemchen stellt sich ein, wenn man mehr als sechs BLOX abgeräumt hat. Dann muss man erst bauen, bevor man weiter abreißen darf. Und das potenziert möglicherweise das erste Problem. Die Karten wollen einfach nicht zu den BLOX passen. Gut, dass man auch noch einen Joker hat, der einem aus der Klemme helfen kann.
Statt sich dieser Problemchen zu stellen, wendet man sich hilfsweise lieber dem Destruktiven zu. Ich ärgere dann lieber und schlage andere Figuren. Voraussetzung dafür: Mindestens drei Karten derselben Farbe des Feldes, auf der die Figur gerade steht. Bringt drei Punkte, bei vier Karten sogar vier. Außerdem störe ich damit auch noch die Planungen der anderen. Ist zwar nur zufällig, weil die anderen ja denken, dass sie was gedacht haben, was jetzt nicht mehr funktioniert. Für mich ist das Schlagen dann wenigstens doppelt lukrativ.
Aber eigentlich geht es gar nicht um dieses deutlich ruhige, ja kontemplative Spiel. Natürlich kann man sich diesem Spiel hingegeben, so man denn Rentner ist und nix besseres zu tun hat. Ist es das, was die Jury mit diesem Spiel würdigen will? Das erste Seniorenspiel, was Spiel des Jahres werden kann? Ravensburger ist natürlich so schlau, BLOX nicht als das zu vermarkten, was Selecta so groß propagiert. Man macht es eher subtil, produziert ein Spiel, das optisch und inhaltlich an die vergangenen vierzig Jahre erinnert. Was für Farben, was für ein Spielbrett? Schön schrecklich. Und wer von den Senioren soll das spielen? Nur Männer? Es wird wohl so sein, denn ich bin jedes mal maßlos bei meinen Mitspielerinnen gescheitert. BLOX stößt auf keinerlei Gegenliebe. So etwas Abstraktes wird wohl kaum eine Frau spielen, und die paar Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Also würdigt die Jury nur die Zielgruppe, die sie selbst vertritt? Angehende männliche Pensionäre?
Nein, definitiv nicht. Die Jury würdigt eine Gruppe, die bislang kaum in die Öffentlichkeit gerückt wurde, die bislang immer im Verborgenen ihren Dienst taten. Bei einigen Verlagen jedenfalls und bei Ravensburger immer ganz professionell. BLOX ist das Paradebeispiel dafür. Das Design der Innenschachtel ist an der Spitze. Für alles ist Platz, alles ist untergebracht. Gut, das ist der Mindeststandard. Der namenlose Plastikinlettdesigner setzt noch eins oben drauf. Die Teile sind nicht typisch deutsch rechtwinklig ausgerichtet, der Phasenanzeiger ist diagonal und passgenau unter die Spielplanteile eingebaut. Das Sahnehäubchen ist aber das größte Spielplanteil als Abschluss. Es deckt die Innereien ab, ohne Wesentliches zu verdecken. Jeder gedankenlose Schachtelinnenraumgestalter hätte dieses Teil rechtwinklig eingebaut. Die Frau oder der Mann aus Ravensburg macht es besser. Toll! Und genau das würdigt die Jury. Auch toll!
Wolfgang Friebe
BLOX vom KRAG Team (Wolfgang Kramer, Hans Raggan, Jürgen P.K. Grunau) für 2 bis 4 Personen, Ravensburger 2008
Freitag, 17. Oktober 2008
+ Metropolys
Heute schon abstrakt gepunktet?
Ist ja klar, dass sich wieder ein Ypsilon im Namen findet. Alles andere wäre auch total unerwartet. So wie die Grafik. Die ist in gewisser Hinsicht yßergewöhnlich. Nicht dass sie schlecht ist, sie ist nur so ynders. Sind wir schon so festgelegt, so an den hiesigen Stil der Vohwinkels, Lieskes und Menzels gewöhnt, dass wir jede Abweichung als hässlich empfinden? Müssen wir uns deshalb über diese Grafik mokieren? Oder sind wir doch die toleranten, verständigen Spieler, die den Wert eines Spieles nicht anhand seiner Grafik beurteilen? Sind Sie und ich die beiden einzigen? Ich kann Sie beruhigen, sind wir ganz gewiss nicht, denn die Jury ist derselben Meinung. Wenn sich diese Experten schon trauen, das yßergewöhnliche METROPLYS auf ihre Empfehlungsliste zu setzen, dann können wir auch zu unserer Meinung stehen. METROPOLYS ist gut, auch wenn man Anfangs gar nicht so weiß, was man machen soll.Einige meiner Mitspieler wissen es doch, noch vor ihrem ersten Zug, bevor überhaupt eine Entscheidung fällt. Sie müssen stöhnen, können gar nicht anders. Laut, vernehmlich, aus dem tiefstem Inneren. Denn wie soll ein blutiger Anfänger abschätzen, wie sich die Partie entwickelt, wo welche Gebäude errichtet werden und wer wo welche Interessen verfolgt. Null Informationen am Anfang führt geradewegs zu geräuschvollem Stöhnen über die gefühlte Unplanbarkeit. Es ist zwar noch gar nichts auf dem Brett passiert, aber das Stöhnen ist uns gewiss. Die Partie muss sich erst entwickeln, dann lässt sich auch was planen. Ob sich dann auch alles umsetzen lässt, steht auf einem anderen Blatt. Deshalb lässt es sich übrigens auch prächtig stöhnen.
Schon auf den zweiten Blick wird es sonnenklar, METROPOLYS ist ein abstraktes Spiel – auch wenn es vordergründig um Gebäude geht. Wir sind Architekten und mit uns lebt Fritz Langs Metropolis wieder auf. Fünf Stadtteile mit jeweils ganz vielen Vierteln, fein säuberlich durch Kanäle getrennt, mit Brücken verbunden und mit Statuen und Seen geschmückt. 13 Gebäude kann jeder errichten, bestenfalls und natürlich möglichst punkteträchtig. Die Steine sollen auf die lukrativsten Viertel. Jeder weiß, was Punkte bringt. Die beiden eigenen Auftragskarten, eine für ein Viertel, eine für bestimmte Gebäudekombinationen, bleiben geheim. Der eine will auf grünen Feldern und/oder rund um die Statuen bauen, der andere auf roten Feldern und/oder rund um die Seen. Aber das weiß erstmal kein anderer. Für jeden ersichtlich ist die Verteilung von Bonus- und Malus-Chips auf dem Brett ... da wird man wo es geht sicher einen Bonus-Chip abgreifen. Seine eigenen Ziele muss man konsequent verfolgen, jeder wertvolle Stein auf einem unbrauchbaren Feld, ist vergeudet.
Und gerade die hohen Steine sind besonders wertvoll, denn die wird man viel einfacher in einem Viertel unterbringen. Mit den niedrigen hat man mehr Mühe. Und nicht nur die Werte sind niedriger, den kleinen Steinen fehlt es faktisch an Höhe. Drei Gruppen – mit unterschiedlichen Höhen – hat jeder von uns. Und einer fängt irgendwo an, platziert einen seiner Steine – Höhe egal. Das kann tatsächlich irgendwo sein – jedenfalls zu Beginn, denn wo wirklich gebaut wird bzw. werden kann, ist noch gar nicht sicher. Die nachfolgenden Spieler können nämlich überbieten, mit einem höherwertigen Stein, der auf ein angrenzendes freies Viertel kommt. Nur der höchste Stein bleibt stehen, alle anderen kommen wieder zu ihren Eigentümern zurück. Wenn ich gleich zur Dreizehn greife, haben die anderen keine Chance mehr. Einen höheren Stein haben sie nicht, ich sichere mir ein Grundstück, und muss für den Rest des Spiels auf die wertvolle Dreizehn verzichten. Groß und schön steht mein Stein in METROPOLYS. Hauptsache, das Feld auf dem er steht, ist wichtig genug.
Ich beginne wieder irgendwo und die anderen überbieten oder eben nicht. Plötzlich fällt es wie Schuppen von den Haaren, METROPOLYS ist doch kniffliger als man bei dem banalen Anfang gedacht hat. Das Spiel hat seine Stärke eindeutig im Mittelspiel. Gerade dann erfordert es sorgfältiges Nachdenken, sonst hagelt es Steilvorlagen für den nächsten Spieler. Schludriges Spielen duldet METROPOLYS keinesfalls, verleidet einem sogar das Spiel ... falls man nicht gerade davon profitiert. Mitpieler mit sehr unterschiedlicher Spielstärke stören die Balance - es gibt keine Würfel, kein Glück schafft Ausgleich für Patzer. Es gibt wirklich was zu überlegen. Man kann sich selbst gut Vorlagen schaffen, besonders wenn man noch hohe Steine hat und die anderen ihre schon verbraten haben. Wer sich also anfangs zurück hält, hat später gute Chancen. Wer von den anderen immer überboten wird, schaut längere Zeit zu. Möglicherweise geht METROPOLYS zu Ende, ohne dass man selbst noch aktiv werden darf. Wer seine Mitspieler so unter der Knute hält, sie längere Zeit gar nicht ins Spiel kommen lässt, kann punkten. In erster Linie natürlich wegen der Mitspieler, die es dazu überhaupt erst kommen ließen.
Ein Situation ist mehr als typisch und betrifft die Halbinseln, also jene Viertel, die in die Seen hineinragen. Wer immer auf dem Feld davor bauen kann, darf quasi kostenlos auch noch die Halbinsel bebauen, denn die hat keine Nachbarviertel. Das einzige Nachbarfeld ist ja gerade bebaut worden. So eine Vorlage wird gerne mit einer Eins bebaut, besonders wenn die Farbe der Halbinsel mit der Auftragskarte identisch ist. Und die Eins muss man los werden, sonst kann man das Spiel nicht beenden. Sackgassen funktionieren so ähnlich und sind dementsprechend beliebt, jedenfalls bei fortgeschrittenen Mitspielern.
Man kann schon steuern, wohin die Reise bzw. das Bauvorhaben geht. Wenn rundherum gar kein Feld mehr frei ist oder nur noch Malus-Chips liegen, dann ist vorausberechenbar, was passieren wird. Meistens jedenfalls, wenn man die Spielweise der Mitspieler einschätzen und sich auch darauf verlassen kann. Wird A einen Malus-Chip nehmen, hat B überhaupt ein Interesse an dem Feld, spart C seine hohen Figuren noch für später. Oder spielt C eher aus dem Bauch und macht das Spiel damit unkalkulierbar?
Neben der situationsbedingten Taktik haben allerdings auch die Auftragskarten deutliche Auswirkungen. Es gibt eine Auftragskarte, die ist sehr schwierig zu erfüllen. Auf den drei Vierteln rund um eine Statue Häuser zu bauen, bringt sieben Punkte. Das ist aber kaum, höchstens ein Mal zu schaffen. Da ist die Karte, die jeweils drei Gebäude in einem Stadtteil fordert, geradezu läppisch einfach zu erfüllen. Jede Dreiergruppe dort bringt zwar nur vier Punkte, aber zwei Mal, manchmal sogar drei Mal kann man das schaffen – bringt sagenhafte 12 Extrapunkte.
Überhaupt die Wertung: Bonus-Chips vom Brett zu sammeln ist immer gut, besonders wenn so ein Chip zufällig noch auf dem Viertel liegt, für das man die Auftragskarte hat. Aber man darf auch die fünf Punkte nicht verachten, die man für das höchste Gebäude in einem Stadtteil erhält. Da kann man absahnen, besonders wenn man mit Anfängern spielt, die dieses Sahnehäubchen gar nicht beachten. Die Chancen liegen im Detail. Man darf sich auf keinen Fall verzetteln und Figuren irgendwo aufs Brett bringen, es muss mit jeder etwas heraus springen. Und sei es, dass man mit seiner letzten Figur wirklich Schluss machen kann.
All dies betrifft nur das Expertenspiel. Es gibt auch noch ein Familienspiel. Da bekommt jeder Mitspieler nur eine und auch deutlich einfachere Auftragskarte. Punkte für das höchste Gebäude pro Stadtteil entfallen. Damit kann man, muss man sich aber nicht beschäftigen. Als Fairplay-Leser im besten Alter kann man das aber gut mit seinem Nachwuchs spielen, so der Nachwuchs denn tolerant gegenüber abstrakten und etwas „anders“ aussehenden Spielen ist. Aber es wird wohl nur eine Zwischenetapppe bleiben. Irgendwann wird jeder zum Experten.
Wenn ich Redakteur bei Ystari wäre, hätte ich dem Spiel ein Brett aus mehreren Teilen spendiert. Je nach Spieleranzahl werden alle oder weniger Stadtteile benötigt, da hätte man gut METROPOLYS aus mehreren Teilen zusammenbauen können. Als Redakteur wäre ich sogar überaus glücklich mit diesem Spiel. Die Regeln sind kurz und eingängig, man muss nix aufbauen oder vorbereiten und es entwickelt sich doch ein spannendes Spiel. Als Redakteur würde ich alles daran setzen, es gegenüber den skeptischen Verkaufsprofis und mainstreamigen Marketingleuten durchzusetzen. Das müsste ich wohl, denn wer kauft heute noch abstrakte Spiele, die so ynders aussehen?
Wolfgang Friebe
METROPOLYS von Sebastien Pauchon für 2 bis 4 Personen, Ystari bzw. Huch and Friends 2008
Schon auf den zweiten Blick wird es sonnenklar, METROPOLYS ist ein abstraktes Spiel – auch wenn es vordergründig um Gebäude geht. Wir sind Architekten und mit uns lebt Fritz Langs Metropolis wieder auf. Fünf Stadtteile mit jeweils ganz vielen Vierteln, fein säuberlich durch Kanäle getrennt, mit Brücken verbunden und mit Statuen und Seen geschmückt. 13 Gebäude kann jeder errichten, bestenfalls und natürlich möglichst punkteträchtig. Die Steine sollen auf die lukrativsten Viertel. Jeder weiß, was Punkte bringt. Die beiden eigenen Auftragskarten, eine für ein Viertel, eine für bestimmte Gebäudekombinationen, bleiben geheim. Der eine will auf grünen Feldern und/oder rund um die Statuen bauen, der andere auf roten Feldern und/oder rund um die Seen. Aber das weiß erstmal kein anderer. Für jeden ersichtlich ist die Verteilung von Bonus- und Malus-Chips auf dem Brett ... da wird man wo es geht sicher einen Bonus-Chip abgreifen. Seine eigenen Ziele muss man konsequent verfolgen, jeder wertvolle Stein auf einem unbrauchbaren Feld, ist vergeudet.
Und gerade die hohen Steine sind besonders wertvoll, denn die wird man viel einfacher in einem Viertel unterbringen. Mit den niedrigen hat man mehr Mühe. Und nicht nur die Werte sind niedriger, den kleinen Steinen fehlt es faktisch an Höhe. Drei Gruppen – mit unterschiedlichen Höhen – hat jeder von uns. Und einer fängt irgendwo an, platziert einen seiner Steine – Höhe egal. Das kann tatsächlich irgendwo sein – jedenfalls zu Beginn, denn wo wirklich gebaut wird bzw. werden kann, ist noch gar nicht sicher. Die nachfolgenden Spieler können nämlich überbieten, mit einem höherwertigen Stein, der auf ein angrenzendes freies Viertel kommt. Nur der höchste Stein bleibt stehen, alle anderen kommen wieder zu ihren Eigentümern zurück. Wenn ich gleich zur Dreizehn greife, haben die anderen keine Chance mehr. Einen höheren Stein haben sie nicht, ich sichere mir ein Grundstück, und muss für den Rest des Spiels auf die wertvolle Dreizehn verzichten. Groß und schön steht mein Stein in METROPOLYS. Hauptsache, das Feld auf dem er steht, ist wichtig genug.
Ich beginne wieder irgendwo und die anderen überbieten oder eben nicht. Plötzlich fällt es wie Schuppen von den Haaren, METROPOLYS ist doch kniffliger als man bei dem banalen Anfang gedacht hat. Das Spiel hat seine Stärke eindeutig im Mittelspiel. Gerade dann erfordert es sorgfältiges Nachdenken, sonst hagelt es Steilvorlagen für den nächsten Spieler. Schludriges Spielen duldet METROPOLYS keinesfalls, verleidet einem sogar das Spiel ... falls man nicht gerade davon profitiert. Mitpieler mit sehr unterschiedlicher Spielstärke stören die Balance - es gibt keine Würfel, kein Glück schafft Ausgleich für Patzer. Es gibt wirklich was zu überlegen. Man kann sich selbst gut Vorlagen schaffen, besonders wenn man noch hohe Steine hat und die anderen ihre schon verbraten haben. Wer sich also anfangs zurück hält, hat später gute Chancen. Wer von den anderen immer überboten wird, schaut längere Zeit zu. Möglicherweise geht METROPOLYS zu Ende, ohne dass man selbst noch aktiv werden darf. Wer seine Mitspieler so unter der Knute hält, sie längere Zeit gar nicht ins Spiel kommen lässt, kann punkten. In erster Linie natürlich wegen der Mitspieler, die es dazu überhaupt erst kommen ließen.
Ein Situation ist mehr als typisch und betrifft die Halbinseln, also jene Viertel, die in die Seen hineinragen. Wer immer auf dem Feld davor bauen kann, darf quasi kostenlos auch noch die Halbinsel bebauen, denn die hat keine Nachbarviertel. Das einzige Nachbarfeld ist ja gerade bebaut worden. So eine Vorlage wird gerne mit einer Eins bebaut, besonders wenn die Farbe der Halbinsel mit der Auftragskarte identisch ist. Und die Eins muss man los werden, sonst kann man das Spiel nicht beenden. Sackgassen funktionieren so ähnlich und sind dementsprechend beliebt, jedenfalls bei fortgeschrittenen Mitspielern.
Man kann schon steuern, wohin die Reise bzw. das Bauvorhaben geht. Wenn rundherum gar kein Feld mehr frei ist oder nur noch Malus-Chips liegen, dann ist vorausberechenbar, was passieren wird. Meistens jedenfalls, wenn man die Spielweise der Mitspieler einschätzen und sich auch darauf verlassen kann. Wird A einen Malus-Chip nehmen, hat B überhaupt ein Interesse an dem Feld, spart C seine hohen Figuren noch für später. Oder spielt C eher aus dem Bauch und macht das Spiel damit unkalkulierbar?
Neben der situationsbedingten Taktik haben allerdings auch die Auftragskarten deutliche Auswirkungen. Es gibt eine Auftragskarte, die ist sehr schwierig zu erfüllen. Auf den drei Vierteln rund um eine Statue Häuser zu bauen, bringt sieben Punkte. Das ist aber kaum, höchstens ein Mal zu schaffen. Da ist die Karte, die jeweils drei Gebäude in einem Stadtteil fordert, geradezu läppisch einfach zu erfüllen. Jede Dreiergruppe dort bringt zwar nur vier Punkte, aber zwei Mal, manchmal sogar drei Mal kann man das schaffen – bringt sagenhafte 12 Extrapunkte.
Überhaupt die Wertung: Bonus-Chips vom Brett zu sammeln ist immer gut, besonders wenn so ein Chip zufällig noch auf dem Viertel liegt, für das man die Auftragskarte hat. Aber man darf auch die fünf Punkte nicht verachten, die man für das höchste Gebäude in einem Stadtteil erhält. Da kann man absahnen, besonders wenn man mit Anfängern spielt, die dieses Sahnehäubchen gar nicht beachten. Die Chancen liegen im Detail. Man darf sich auf keinen Fall verzetteln und Figuren irgendwo aufs Brett bringen, es muss mit jeder etwas heraus springen. Und sei es, dass man mit seiner letzten Figur wirklich Schluss machen kann.
All dies betrifft nur das Expertenspiel. Es gibt auch noch ein Familienspiel. Da bekommt jeder Mitspieler nur eine und auch deutlich einfachere Auftragskarte. Punkte für das höchste Gebäude pro Stadtteil entfallen. Damit kann man, muss man sich aber nicht beschäftigen. Als Fairplay-Leser im besten Alter kann man das aber gut mit seinem Nachwuchs spielen, so der Nachwuchs denn tolerant gegenüber abstrakten und etwas „anders“ aussehenden Spielen ist. Aber es wird wohl nur eine Zwischenetapppe bleiben. Irgendwann wird jeder zum Experten.
Wenn ich Redakteur bei Ystari wäre, hätte ich dem Spiel ein Brett aus mehreren Teilen spendiert. Je nach Spieleranzahl werden alle oder weniger Stadtteile benötigt, da hätte man gut METROPOLYS aus mehreren Teilen zusammenbauen können. Als Redakteur wäre ich sogar überaus glücklich mit diesem Spiel. Die Regeln sind kurz und eingängig, man muss nix aufbauen oder vorbereiten und es entwickelt sich doch ein spannendes Spiel. Als Redakteur würde ich alles daran setzen, es gegenüber den skeptischen Verkaufsprofis und mainstreamigen Marketingleuten durchzusetzen. Das müsste ich wohl, denn wer kauft heute noch abstrakte Spiele, die so ynders aussehen?
Wolfgang Friebe
METROPOLYS von Sebastien Pauchon für 2 bis 4 Personen, Ystari bzw. Huch and Friends 2008
Montag, 13. Oktober 2008
Auripolis - Exoten Teil 4
Oft genug kreuzen sie meinen Weg ... Spiele, die keiner kennt, die alle schon vergessen haben. Damit das nicht so bleibt, stelle ich in loser Folge allerlei Exoten vor, die in meinem Regal verstauben.
Der vierte Kandidat auf der Exotenliste ist AURIPOLIS, ein ziemlich dreister Siedler-Klon. Wahrscheinlich in allerbester Absicht beim Donaukurier in Ingolstadt entstanden, aber eben doch ein Plagiat. Auripolis ist heute ein Sammlerstück mit dem Geruch des Verbotenen.
Lesen Sie die Kritik und die Hintergründe zu Auripolis.
Der vierte Kandidat auf der Exotenliste ist AURIPOLIS, ein ziemlich dreister Siedler-Klon. Wahrscheinlich in allerbester Absicht beim Donaukurier in Ingolstadt entstanden, aber eben doch ein Plagiat. Auripolis ist heute ein Sammlerstück mit dem Geruch des Verbotenen.
Lesen Sie die Kritik und die Hintergründe zu Auripolis.
Donnerstag, 2. Oktober 2008
+ Kakerlakensalat
Lügen üben
Manchmal muss man bei der Wahrheit bleiben. Das ist eher selten, dafür dann umso einfacher. Eine Tomate bleibt eine Tomate, allerdings ... zu lügen ist viel komplizierter. Lässt das Spiel da nicht tief blicken? Nichts ist einfacher als die Wahrheit, aber leider sind die Anweisungen klipp und klar, die Strafe fürs falsche Lügen oder die falsche Wahrheit mitunter dramatisch.
Ein Blumenkohl bleibt ein Blumenkohl, wenn man ihn vom eigenen Stapel zieht. Aufgedeckt auf dem Ablagestapel muss er aber zur Paprika, zur Tomate oder zum Salat mutieren, wenn schon ein Blumenkohl ausliegt oder jemand vorher Blumenkohl angesagt hat. Wie bitte? Sie können mir nicht folgen? Macht nix, dieses Spiel erschließt sich sofort, allerdings nicht immer! Habe ich da nicht gerade noch etwas anderes von Ihnen gehört? Blaprika! Na gut, wird akzeptiert, aber beim nächsten Versprecher oder falschen Lügen geht der Ablagestapel an Sie. Und schadenfrohes Gelächter noch oben drauf.
Und neben den vier Sorten Gemüse gibt es noch die Tabukarten. Wird eine dieser Karten mit einem Kakerlaken aufgedeckt, ist ab sofort dieses Gemüse tabu und darf nicht mehr genannt werden. Auch nicht beim Lügen. Wie, Sie sind verwirrt?! Umso besser, denn dann wird es erst recht richtig lustig. Zwar auf Ihre Kosten, aber ich kann versichern, richtig zu lügen übt ungemein. Jedenfalls bei KAKERLAKENSALAT. Und irgendwann lachen Sie auf Kosten Ihrer Mitspieler. So haben alle ihren Spaß an diesem flotten Kartenspiel ... und natürlich an jedem Anfänger.
Wolfgang Friebe
KAKERLAKENSALAT von Jacques Zeimet für 2 bis 6 Personen ab 6 Jahren, Drei Magier Spiele 2008
Manchmal muss man bei der Wahrheit bleiben. Das ist eher selten, dafür dann umso einfacher. Eine Tomate bleibt eine Tomate, allerdings ... zu lügen ist viel komplizierter. Lässt das Spiel da nicht tief blicken? Nichts ist einfacher als die Wahrheit, aber leider sind die Anweisungen klipp und klar, die Strafe fürs falsche Lügen oder die falsche Wahrheit mitunter dramatisch.
Ein Blumenkohl bleibt ein Blumenkohl, wenn man ihn vom eigenen Stapel zieht. Aufgedeckt auf dem Ablagestapel muss er aber zur Paprika, zur Tomate oder zum Salat mutieren, wenn schon ein Blumenkohl ausliegt oder jemand vorher Blumenkohl angesagt hat. Wie bitte? Sie können mir nicht folgen? Macht nix, dieses Spiel erschließt sich sofort, allerdings nicht immer! Habe ich da nicht gerade noch etwas anderes von Ihnen gehört? Blaprika! Na gut, wird akzeptiert, aber beim nächsten Versprecher oder falschen Lügen geht der Ablagestapel an Sie. Und schadenfrohes Gelächter noch oben drauf.
Und neben den vier Sorten Gemüse gibt es noch die Tabukarten. Wird eine dieser Karten mit einem Kakerlaken aufgedeckt, ist ab sofort dieses Gemüse tabu und darf nicht mehr genannt werden. Auch nicht beim Lügen. Wie, Sie sind verwirrt?! Umso besser, denn dann wird es erst recht richtig lustig. Zwar auf Ihre Kosten, aber ich kann versichern, richtig zu lügen übt ungemein. Jedenfalls bei KAKERLAKENSALAT. Und irgendwann lachen Sie auf Kosten Ihrer Mitspieler. So haben alle ihren Spaß an diesem flotten Kartenspiel ... und natürlich an jedem Anfänger.
Wolfgang Friebe
KAKERLAKENSALAT von Jacques Zeimet für 2 bis 6 Personen ab 6 Jahren, Drei Magier Spiele 2008