Block, Blöcke, Blocks
Dieses Spiel hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. Warum auch? Der Name ist zwar gut gewählt, deutet aber auch unmissverständlich aufs Thema. Aufs nicht vorhandene! Mir jedenfalls springt keine thematisch passende Assoziation auf „Blöcke“ ins Auge. Vielleicht noch so was wie Kistenschieben à la Sokoban oder etwas Tetrisartiges. Umso besser für BLOX, dass wenigstens die Jury den Blick der Öffentlichkeit auf dieses Spiel lenkt. Und das aus gutem Grund. Nicht umsonst sind in der Jury die wirklichen Profis.
Hier geht es nämlich nicht um den Verlag, nicht um die Autoren und nicht um den Grafiker. Die werden ja schon alle Nasen lang namentlich auf der Schachtel genannt. Neuerdings auch schon mit Bild und eigenen Dankesworten, so wie bei STONE AGE auf der inneren Schachtel. Danke, dass ich für Sie arbeiten darf ... Ist doch herrlich, wenn sich Auftragnehmer beim Auftraggeber öffentlich bedanken. So weit ist es hier zum Glück noch nicht gekommen, und doch wird was wesentliches unterschlagen, etwas, was es so nur bei Ravensburgern gibt. Und genau das würdigt jetzt die Jury.
BLOX ist bis auf die Knochen abstrakt. Man schlägt erst Türme, dann baut man sie wieder auf. Wichtig sind allein passende Karten. Sie passen immer dann, wenn sie entweder zu den Blöcken des abbruchreifen oder des neuen Turmes passen. Oder zum Feld einer gegnerischen Figur. Aber zunächst zum mehr oder minder Konstruktiven, denn ohne Abbruch kein Neubau. Eigene Blocks muss man haben, die holt man sich vom Spielfeld. Da stehen schon ein paar Türme, ein- bis viergeschossig. Wir sind erstmal Nachfahren der alten Römer und nutzen diese Türme als Steinbruch. Aber nur nach festen Regeln, denn zunächst dürfen nur Einer-Türme eingerissen werden. Uns fehlt einfach noch das technologische Wissen, um höhere Türme einzureißen. Wir dürfen aber schon Zweier-Türme bauen.
Abreißen ist im Prinzip ganz einfach, man muss nur in gerader Linie vor dem anvisierten Turm stehen ... und dieselbe Farbe auf der Kartenhand haben, die der Block des Turmes hat. Dann zieht man auf das Feld und räumt den Stein ab. Halt! Das wäre ja zu einfach, die Bewegungsregeln der Figuren auf dem Brett sind zu beachten. Normalerweise zieht man immer in gerader Linie zum nächsten freien Feld in der ausgespielten Farbe. So auch beim Schlagen. Deshalb darf man keinen bordeauxroten Turm schlagen, wenn man unterwegs noch über ein bordeauxrotes Feld ziehen müsste. Ätsch, das ist verboten. Da muss man erst näher heran, ein Zwischenstopp ist notwendig.
Ein neuer Turm in der ersten Phase besteht aus nur zwei BLOX, die sich perfekt stapeln lassen. Das Neubauprojekt kommt auf ein Feld mit eigener Figur, die dafür dann erstmal wieder das Feld verlassen muss. Man spielt zwei Karten in der Farbe der beiden BLOX aus. Passt es zusammen oder nicht? Jetzt ist alles noch relativ einfach, zwei passende Karten von fünf sind kein wirkliches Problem. Aber das Spiel schreitet fort, die Türme werden höher, bis zu fünf Etagen. Für jeden abgerissenen Block erhält man einen Punkt, ebenso wie für jeden neu gebauten. Die Siegpunktchips kommen nach jedem Neubau auf den Turm.
Jedes Mal, wenn nur noch ein Turm der maximalen Höhe der aktuellen Phase steht, geht’s höher weiter. Nach der ersten Phase dürfen dann auch zweigeschossige Türme abgeräumt und Dreier-Türme errichtet werden. In der letzten Phase kommt man so an fünf Punkte. Diese Hochhäuser dürfen allerdings nicht mehr abgerissen werden, denn es gibt nur vier Spielphasen und nicht fünf. Deshalb muss man auf Fünfer-Türme auch keine Chips mehr legen.
So weit, so klar. Weil man immer nur fünf Karten auf der Hand hat, steht man mitunter vor ein paar Problemchen. Zwar darf man auch die ganze Kartenhand tauschen, aber was macht man, wenn man drei passende Karten hat, aber die letzte passende für den anvisierten Vierer-Turm einfach nicht nachgezogen wird? Solange nachziehen bis es passt? Ein zweites Problemchen stellt sich ein, wenn man mehr als sechs BLOX abgeräumt hat. Dann muss man erst bauen, bevor man weiter abreißen darf. Und das potenziert möglicherweise das erste Problem. Die Karten wollen einfach nicht zu den BLOX passen. Gut, dass man auch noch einen Joker hat, der einem aus der Klemme helfen kann.
Statt sich dieser Problemchen zu stellen, wendet man sich hilfsweise lieber dem Destruktiven zu. Ich ärgere dann lieber und schlage andere Figuren. Voraussetzung dafür: Mindestens drei Karten derselben Farbe des Feldes, auf der die Figur gerade steht. Bringt drei Punkte, bei vier Karten sogar vier. Außerdem störe ich damit auch noch die Planungen der anderen. Ist zwar nur zufällig, weil die anderen ja denken, dass sie was gedacht haben, was jetzt nicht mehr funktioniert. Für mich ist das Schlagen dann wenigstens doppelt lukrativ.
Aber eigentlich geht es gar nicht um dieses deutlich ruhige, ja kontemplative Spiel. Natürlich kann man sich diesem Spiel hingegeben, so man denn Rentner ist und nix besseres zu tun hat. Ist es das, was die Jury mit diesem Spiel würdigen will? Das erste Seniorenspiel, was Spiel des Jahres werden kann? Ravensburger ist natürlich so schlau, BLOX nicht als das zu vermarkten, was Selecta so groß propagiert. Man macht es eher subtil, produziert ein Spiel, das optisch und inhaltlich an die vergangenen vierzig Jahre erinnert. Was für Farben, was für ein Spielbrett? Schön schrecklich. Und wer von den Senioren soll das spielen? Nur Männer? Es wird wohl so sein, denn ich bin jedes mal maßlos bei meinen Mitspielerinnen gescheitert. BLOX stößt auf keinerlei Gegenliebe. So etwas Abstraktes wird wohl kaum eine Frau spielen, und die paar Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Also würdigt die Jury nur die Zielgruppe, die sie selbst vertritt? Angehende männliche Pensionäre?
Nein, definitiv nicht. Die Jury würdigt eine Gruppe, die bislang kaum in die Öffentlichkeit gerückt wurde, die bislang immer im Verborgenen ihren Dienst taten. Bei einigen Verlagen jedenfalls und bei Ravensburger immer ganz professionell. BLOX ist das Paradebeispiel dafür. Das Design der Innenschachtel ist an der Spitze. Für alles ist Platz, alles ist untergebracht. Gut, das ist der Mindeststandard. Der namenlose Plastikinlettdesigner setzt noch eins oben drauf. Die Teile sind nicht typisch deutsch rechtwinklig ausgerichtet, der Phasenanzeiger ist diagonal und passgenau unter die Spielplanteile eingebaut. Das Sahnehäubchen ist aber das größte Spielplanteil als Abschluss. Es deckt die Innereien ab, ohne Wesentliches zu verdecken. Jeder gedankenlose Schachtelinnenraumgestalter hätte dieses Teil rechtwinklig eingebaut. Die Frau oder der Mann aus Ravensburg macht es besser. Toll! Und genau das würdigt die Jury. Auch toll!
Wolfgang Friebe
BLOX vom KRAG Team (Wolfgang Kramer, Hans Raggan, Jürgen P.K. Grunau) für 2 bis 4 Personen, Ravensburger 2008
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