Dienstag, 9. Juli 2013

Rezension: Die Paläste von Carrara von Hans im Glück

Wolfgang Kramer und Michael Kiesling: DIE PALÄSTE VON CARRARA für 2 bis 4 Personen mit Illustrationen von Franz Vohwinkel bei Hans im Glück 2012, Vertrieb Schmidt Spiele

Thema: Bauen in Italien. Das geht naturgemäß nur mit Marmor: weißer, gelber, roter, grüner, blauer und schwarzer Mamor. Und der schönste, beste und teuerste ist natürlich weißer Carrara-Mamor. Und der billigste ist der schwarze. Und die Güte des Marmor ist entscheidend, in welcher Stadt gebaut werden darf. In Livorno darf nur weißer Marmor verbaut werden, in Lérici alle, sogar auch der fast wertlose schwarze Mamor.
Optik: Was darf man von Verlag und Illustrator erwarten? Perfektion in jeder Hinsicht? Klar, dass es unter dem nicht mehr geht. Aber wir sind ja Perfektion gewöhnt, also nichts Neues in diesem Spiel. Und meckern will und kann ich nicht über die Optik. Ob der gelbe Sichtschirm mit Absicht fast so aussieht wie das Stammhaus von Dallmayr in München.
Mechanik: Das Spiel ist klar strukturiert. Erst kommt der Einkauf, wobei der angebotene Marmor auf einer Drehscheibe an den Preisen vorbei fährt. Erst wird die Scheibe um ein Preissegment gedreht, auf 11 Steine aufgefüllt, dann erst gekauft. Und je weiter sich das Preiskarussell dreht, desto billiger die Steine bis hin zu völlig kostenlosen Steinen. Aber Achtung: Einen Stein muss man zwingend kaufen, bevor man nur einen umsonst bekommt.
Mit dem Material muss man gut hinterm Sichtschirm haushalten. Geld ist oft knapp, wenn der Marmor preiswert ist. Marmor ist oft knapp, will man nicht zu teuer einkaufen. Aber ohne Steine keine Prestigegebäude und ohne diese Gebäude keine Punkte und kein Geld. Die Gebäude baut jeder für sich in den sechs Städten. Gewertet werden eigene Gebäudetypen oder eine ganze Stadt. Letztere Wertung sorgt für Konkurrenz, denn nur einer kann Pisa, Lucca, Viaregio oder Massa werten. Und bitte rechtzeitig werten, denn nur dann gibt's Punkte und das notorisch knappe Geld für die nächsten Marmoreinkäufe.
Und Schluss ist, wenn entweder alle Gebäude verbaut sind oder einer das Ende ansagt. Dafür müssen aber bestimmte Bedingungen eingehalten werden, die vorgegeben sind. Als Bonus – im verschlossenen Umschlag – gibt’s Karten mit anderen Endbedingungen.
Fazit: DIE PALÄSTE VON CARRARA ist ein geschliffenes Spiel. Vielfältige, aber nicht zu viele Möglichkeiten. Mangelwirtschaft, aber nicht zu viele Zwänge. Und mit dem Material aus dem Umschlag spielt sich das Spiel sogar noch eine Nummer schärfer: Erhöhter Konkurrenzdruck durch größeren Mangel bei möglichen sehr überraschenden Enden. Da sollte man rechtzeitig eigene Gebäude oder ganze Städte werten. Und wo etwas gut geschliffen ist, kann man auch ausrutschen. DIE PALÄSTE VON CARRARA verzeiht keine Fehlinvestition. Wer zu viel Geld ausgibt, also zu teuer Marmor einkauft, kann ganz böse auf die Nase fallen. Solche Fehler macht jede Runde hoffentlich nur ein einziges Mal. Dann weiß man, was man tun muss.
Listenfaktor: Tja, in der Fairplay-ScoutAktion während der Internationalen Spieletage in Essen war das Spiel vorne mit dabei. Auf der grauen Liste der Jury gehört es zu den drei nominierten. Und beim deutschen Spielepreis? Da könnte es knapp scheitern, es nicht auf einen der ersten 10 Plätze schaffen, gerade weil es so geschliffen und kein bisschen extravagant ist. Will sagen: Für Viel- oder Profispieler ist es schlicht nicht komplex genug. Für erfahrene Otto-Normal-Spieler ist es noch gerade nicht zu kompliziert. Sonst stünde es ja auch auf der roten Spiel-des-Jahres-Liste.

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