Donnerstag, 3. Mai 2012

Spiele-Archäologie Teil 3: RES PUBLICA von Reiner Knizia

Wen interessieren heute noch 3M-, Pelikan-, Bütehorn-Buchkassetten oder die Ravensburger Casino-Serie? Renommee, Sammler- und Spielwert sind futsch. Wir Spieler können bis auf ein paar wenige Ausnahmen die Finger davon lassen. Bei ein paar kleinen schwarzen Schachteln ist das noch anders. Unter den Kartenspielen von Hexagames sind zwar auch Graupen, aber doch mehr Perlen. Und die dickste ist Knizias RES PUBLICA. Der Meister stand damals noch ganz am Anfang seines Schaffens, musste bei Verlagen der zweiten Reihe veröffentlichen. Hexagames ist als Verlag schon lange weg vom Fenster, Knizias gibt’s dafür heute mehr denn je. Um nicht zu sagen: Wie Sand am Meer.
Wer jetzt ein gutes Knizia-Spiel ins Verlagsprogramm nehmen will, muss schon Einiges zu bieten haben. Wer neu im Geschäft oder nicht so stark am Markt präsent ist, muss eines seiner B-Klasse-Spiele nehmen, darf ganz sicher kein Meisterwerk erwarten. Ich bin bei neuen oder unbekannten Verlagen mit Knizia-Spielen tendenziell vorsichtig. Und bei Lego-Spielen sowieso.
Reiner Knizia will schließlich von seinen Spielen leben. Der Doktor ist mit sehr breiter Schaffenskraft und wegen seiner großer Beliebtheit gerade im anglo-amerikanischen Raum bestens im Geschäft. Umso erstaunlicher, dass die Neuauflage von RES PUBLICA ausgerechnet bei Queen Games erscheint. Queen Games beschreitet jetzt einen etwas anderen Vertriebsweg, nutzt sogar für einige Neuheiten Vorfinanzierung durch „Crowdfunding“ auf Kickstarter.

RES PUBLICA hat seit der seeligen Hexagames-Ausgabe schon ein paar Wiederauferstehungen hinter sich – auf Deutsch alle bei Queen Games. Queens RES PUBLICA sind allesamt optisch besser gelungen. Die alte Hexagames-Ausabe sorgte allerdings vor Jahren für Aufregung … ausgerechnet unter Römern. Ein guter Freund hatte das Spiel während seines Studiums mit nach Rom genommen und unter viel Mühen seinen italienischen Kommilitonen erklärt. Die echten Römer echauffierten sich damals mächtig darüber, dass mit Völkern Handel getrieben wird. Wer tauscht schon zwei Römer gegen nur einen Perser … oder drei Römer gegen einen Germanen und eine beliebige Kulturkarte? Nee, das ging gar nicht … Uns Spielern sind solche sachfremden Erwägungen sehr fern. Deshalb konnte RES PUBLICA problemlos 1991 den à-la-carte-Kartenspielpreis der Fairplay einstreichen.

Reiner Knizia: RES PUBLICA für 2 bis 5 Spieler ab 8 Jahren bei Hexagames 1991

Thema: Römer, Hunnen, Perser, Griechen und Germanen handeln, die zur Kultur zu bekehren.
Optik: Die Karten sind trist: Schwarz-weiß-grau. Die Rückseiten einiger Karten sind immerhin rot.
Mechanik: Fünf ist die magische Zahl: Fünf gleiche Völkerkarten auslegen, dafür eine Kulturkarte bekommen. Mit nur vier Völkerkarten beginnt jeder, jede Runde folgt ein neues Volk vom Stapel. Und wie tauscht man, kommt an fünf gleiche Karten? Zwei Möglichkeiten: Anbieten oder nachfragen. „Tausche dies gegen das ...“ ist strikt verboten. Es geht nur „Biete dieses ...“ oder „Suche jenes ...“ Jede Mischform ist unter Androhung von Peitschenhieben verboten. Und die Mitspieler dürfen nur sagen, was sie dafür geben oder haben wollen. Wenn sich zwei einig sind, tauschen sie. Und für einen 5er-Satz gleicher Kulturkarten gibt’s eine Siegpunktekarte. Wer zuerst komplett ist, bekommt mehr Punkte. Also zielgerichtet tauschen ...
Fazit: RES PUBLICA ist ein glattes Spiel. Die Vorgaben des Autors sind klar, aber längst nicht jeder kommt sofort damit klar. Anbieten ODER nachfragen bitte, nichts anderes! Und bitte gut zuhören … Wer sucht was, wer bietet was? Habe ich die dazu passende(n) Karte(n)? Dieser Tauschmechanismus trägt das ganze Spiel … und zwar perfekt.
Ranking: Reiner Knizia hat hier einen Meilenstein in Sachen Kartenspiel geschaffen. RES PUBLICA ist auch heute noch topp. Nur das Thema ist immer noch nicht korrekt, aber wen außer Römern wird’s stören?
Mittelmäßigkeit: Nicht vorhanden, allerdings ist die Hexagames-Grafik jetzt nicht mal mehr Mittelmaß. Das geht bei gleicher Funktionalität deutlich hübscher. Queen hat's schon bewiesen.

5 Kommentare:

  1. Schöne Rubrik! Mehr davon! Danke!

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  2. Vielen Dank für die Blumen :-) In meiner Sammlung gibt's noch jede Menge Spiele, nur manchmal weiß ich gar nicht, was ich als nächstes ausgraben soll. Vorschläge?

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  3. Hier kommen mal Wünsche: alte Schätzchen von Sid Sackson, Alex Randolph, Rudi Hoffmann oder Reinhold Wittig (Die 1. Million, Kohle, Kies und Knete, Doctor Faust, Hotu Matua, Halali, Sisimizi, Twixt...?) Vielleicht wär da ja was dabei. Alles Spiele, die ich immer wieder mal gerne raus krame, und manchmal denke ich, dass sie besser sind, als das Allermeiste was heute so auf den Markt kommt. LG Andreas

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  4. Alex Randolph! Danke für den Tipp, dafür krame ich gerne mal ganz tief in meiner Sammlung, zu einem Spiel mit Beuteltier. Voher gibt's aber noch einen Abstecher zu einem anderen total bekannten Autor.

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  5. Das hört sich ja richtig toll an. Wir sind gespannt. Und bei dem Beuteltier ahne ich was... Vielen Dank und Gruß - Andreas

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