Montag, 18. Oktober 2010

Rezension: Burg der 1000 Spiegel

Inka und Markus Brand: BURG DER 1000 SPIEGEL für 2 bis 4 Kinder ab 6 Jahren bei Kosmos 2009, zuerst veröffentlicht in Fairplay 91

Physik, Gedächtnis, Konzentration

Die BURG ist schon etwas Besonderes, auch wenn sie etwas Labyrinthisches und Memoryhaftes hat. Und dazu noch in und auf der Schachtel gespielt wird. Das Spiel ist trotz der Spiegel viel zu nah am MAGISCHEN LABYRINTH, wohl deshalb hat es nur für den Titel „Bestes Kinderspiel“ beim deutschen Spielepreis gereicht und nicht zu noch höheren Weihen.
Den Kindern sind diese Erwägungen natürlich herzlich egal, wenn sie durch die Tür ins Innere der Burg schauen. Am besten spielt es sich auf Augenhöhe. Rein physisch, versteht sich. So ein gutes Gedächtnis wie Kinder hat man als Erwachsener längst nicht mehr. Denn für und mit Vampir Viktor muss man sich so einiges merken, denn für ihn muss man Gegenstände im Schloss suchen. Er schreitet oben per Würfelwurf voran. Das Feld, auf dem er stehen bleibt, gibt vor, welchen Gegenstand man eine Etage tiefer suchen soll. Vorher wird noch die Fensterkarte umgesteckt. Durch sie hat man überhaupt erst die Möglichkeit, einen Blick in die Burg zu riskieren. Nur nicht zu drängelig, denn durch den Positionstausch der Fensterkarte sieht man, wo sich ein Gegenstand versteckt. Das hätte man auch schon zu Beginn merken können, als alle Karten offen in den Schlitzen in der Burgmauer verschwinden. Die Kinder haben sich alles gemerkt …
Also, wo ist der Ketchup? Der Hund? Oder der Kronleuchter? Der Blick durchs Fenster bleibt zunächst verboten, macht ja auch keinen Sinn. Die vier Spiegel stehen noch von der letzten Aufgabe in der Burg, der Blick durchs Fenster führt irgendwo hin. Vorher dürfen noch drei der vier Spiegel umgesteckt werden. Jetzt kommt Physik ins Spiel, denn Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel. Wie gelangt der Strahl, der Blick durchs Fenster in die Burg, zum gewünschten Motiv? Können Kinder das? Klar, Sechsjährige schaffen das mit ein bisschen Übung und Unterstützung. Und die Mitspieler dürfen noch wetten, ob man's schafft oder nicht.
Die Stunde der Wahrheit schlägt, und alle bewegen sich um die Burg herum, dorthin wo die Fensteröffnung ist. Man darf die Burg nicht einfach zu sich hindrehen. Verboten, verboten, verboten! Sonst verliert man vollends die Orientierung. Also rum um den Tisch und am besten eine kleine Taschenlampe gezückt. Mit der leuchtet man in die Burg. Zeigt sich das gesuchte Motiv? Nur wenn die Spiegel richtig stehen und das Gedächtnis gut funktioniert. Alles nur eine Frage der Konzentration …
Selbst für Kinder ist die BURG DER 1000 SPIEGEL anstrengend, aber immerhin ist der Aufforderungscharakter recht hoch. Das Material allein ist schon zu interessant. Wenn die Burg auf dem Tisch steht, obsiegt die Neugier, wie das mit dem Blick um die Ecke funktioniert. Aber als Erwachsener ist man irgendwann froh, wenn die Kinder dieses Spiel alleine spielen können, sei es auch im freien Spiel mit den Spiegeln. Auf Augenhöhe wird man wohl nicht mit ihnen konkurrieren können, dafür muss man sich zu weit herunter beugen, wenn man durchs Fenster in die Burg schauen will. Davon kriegt man Rücken.

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